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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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sollen?«
    »Rent a car«, murmelte Sprudel.
    Fanni lachte. »Viel zu aufwendig und viel zu kompliziert. Wo hätte
er es verstecken sollen? Er musste doch in meiner Nähe bleiben, um zu sehen,
wann ich losfahre.«
    Sprudel nickte trübsinnig. Plötzlich fuhr er hoch. »Wie sieht denn
Meisers Nichte aus? Kurz, stämmig, Hakennase?«
    »So ungefähr«, meinte Fanni.
    »Sie fährt einen grünen Opel Corsa«, rief Sprudel. »Ich hab sie vor
einer knappen Stunde an der Schelltankstelle in der Hengersbergerstraße
getroffen. Ihr Wagen stand vor mir an der Zapfsäule und ist mir aufgefallen,
weil auf der Ablage unter der Heckscheibe zwei mit buntem Garn umhäkelte
Klopapierrollen hockten. Da hab ich mir genau angesehen, wer einstieg.«
    »Frau Meisers Spezialität«, sagte Fanni.
    »Was?«
    »Klopapierrollen umhäkeln. Mir hat sie auch mal eine geschenkt.«
    Sprudel prustete los, wurde aber gleich wieder ernst.
    »Meiser muss der Attentäter sein. Er hat sich für das Drängelmanöver
den Wagen dieser Nichte ausgeliehen.«
    »Sieht sehr danach aus«, stimmte ihm Fanni zu. »Er hätte nur über
die Wiese laufen müssen, um an ihr Auto zu kommen. Und er wusste, dass er mich
auf der Hauptstraße gleich einholen würde. Ich fahr nie besonders schnell.«
    Sprudel schwieg einen Moment nachdenklich, und dann sagte er: »Aber
wie konnte Meiser die Werkzeughalterung in deiner Garage so präparieren, dass
sie genau in dem Augenblick herunterkrachte, in dem du darunter gestanden
bist?«
    »Er hat gepokert«, antwortete Fanni, »aber nicht sehr hoch. Meiser
hatte bestimmt längst registriert, dass ich montags den Papiermüll in die
Garage bringe. Und es wird ihm nicht entgangen sein, dass der Deckel mit
Schwung an die Wand knallt, wenn ich die Tonne öffne.«
    »Kein schlechter Schachzug«, nickte Sprudel. »Meiser lockert am
Montagvormittag das Gitter. In die Garage kann er rein, weil sie bei Rots
meistens offen steht. Meiser rechnet damit, dass das Gitter in Bewegung gerät,
wenn Frau Fanni den Deckel der Papiertonne an die Wand knallen lässt. Ein
Werkzeug fällt herunter, dann das zweite, und schon ist die Lawine ausgelöst.«
    »Alles zeigt auf Meiser«, murmelte Fanni.
    »Wie kriegen wir ihn bloß dran?«, seufzte Sprudel.
    »Geduld«, sagte Fanni darauf, »Geduld heißt das Zauberwort.«
    »Zauberwort«, lachte Sprudel, »du, Fanni, du bist zauberhaft .«
    Das hing ihr nach. Den ganzen Weg vom Bänkchen bis nach Hause hing
es ihr nach.

4.
    »Was ist denn das für eine Schweinerei?«, schrie Fannis
Mann. Er zog einen kleinen roten Eimer unter der Spüle hervor und knallte ihn
auf die Arbeitsplatte in der Küche. Aus dem Eimerchen ragte eine Kuppel aus
matschigen Tomatenresten, über die sich weich und flaumig graugrüner Schimmel
breitete.
    »Du hast doch selber gesagt, ich soll nicht wegen jeder Kleinigkeit
zum Kompost rennen«, verteidigte sich Fanni.
    »Aber du sollst das Zeug erst recht nicht wochenlang hier
herumstehen lassen«, schnauzte ihr Mann. »Kannst du nicht ein einziges Mal
etwas so machen wie normale Leute?«
    »Kann ich nicht«, murmelte Fanni, »ich bin nämlich nicht normal, ich
bin zauberhaft!«
    Hans Rot hörte sowieso nicht hin. Er nahm den Eimer und stellte ihn
vor die Haustür.
    Es wurde schon dämmrig, als Fanni hinausging, um die
verschimmelten Gemüsereste auf den Kompost zu kippen. Sie sah versonnen zu, wie
samtig eingesponnene Tomatenmatsche an den Flanken des Biomüllkegels
hinunterrutschte. Zwei Gurkenschalen kugelten hinterher und verkeilten sich am
Fuß des Müllbergs zu einer kleinen Plattform. Etwas später löste sich noch eine
ausgedrückte Zitronenscheibe vom Gipfel, glitt ein paar Zentimeter hinunter und
blieb dann stecken, als wäre sie ein Felsüberhang.
    Fanni starrte eine Zeit lang auf die alpine Formation, bis ihr
aufging, dass der Kegel neu war. Letzte Woche, oder war es vorletzte gewesen,
hatte der Komposthaufen keine Spitze gehabt. Die Kompostlandschaft hatte mehr
einem Hochplateau geglichen.
    Sie ging in die Garage, holte ihr Handschäufelchen und begann vorsichtig,
Schicht um Schicht abzutragen. Kartoffelschalen, Gurkenschalen, Salatblätter,
Margeritenköpfe, wieder Salatblätter, dann war der Berg verschwunden. Fanni
beugte sich hinunter und fing an, einen Krater zu graben. Sie schürfte zehn
Zentimeter tief. Plötzlich spürte sie festen Widerstand. Fanni arbeitete im
weichen Gelände einen Ringgraben heraus, fuhr von da aus mit der Schaufel unter
das Harte und hob es

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