Sautanz (German Edition)
überquoll.
»Raussuchen müssen Sie’s selber«, bemerkte sie schnippisch, bevor sie die Tür ins Schloss warf.
» Fix Teufel , was für ein Mief überall im Haus!« Dorli stürzte zum Fenster, zog die Rollos nach oben und riss die Flügel auf.
Heller Sonnenschein knallte in den kleinen Raum. Abgesehen vom Postberg auf dem Schreibtisch sah er gemütlich aus. An den Wänden rundum Regale. Einige wenige gefüllt mit Aktenordnern und Zeitschriften, doch die meisten enthielten Bücher. Viele übers Segeln, aber auch Krimis und Thriller, Zeitgeschichte und Bildbände von Yann Arthus-Bertrand. Vor dem Schreibtisch stand ein gemütlicher Drehsessel, vor dem Fenster ein Schaukelstuhl und daneben ein Beistelltischchen, auf dem ein Buch lag, in dessen Mitte ein Lesezeichen steckte.
Dorli nahm es zur Hand. »Ein Erfahrungsbericht eines österreichischen Emigranten, der sich in Neuseeland niedergelassen hat.«
»Vielleicht wollte er auswandern. Wär gesünder gewesen für ihn. Aber jetzt sollten wir uns durch den Berg da wühlen.« Lupo deutete auf den Posthaufen.
Dorli nickte, trat zum Tisch, teilte den Haufen in zwei Hälften und schob einen Lupo zu. Dann begann sie zu sortieren.
»Wieso machst du drei Stapel?« Lupo blickte irritiert auf ihre Schreibtischhälfte.
»Es geht mich zwar nicht wirklich was an, aber ein paar von den Briefen sollte Frau Smekal im ureigensten Interesse öffnen. Drum hab ich drei Stapel. Für die Kontoauszüge, für Anja und für den Rest.«
Typisch Dorli! Selbst jetzt dachte sie auch an die Witwe.
»Sie sollte sich überhaupt ein bisserl am Riemen reißen. Ihr Mann wird nicht wieder lebendig, wenn sie hier alles vor die Hunde gehen lässt.«
»Willst du ihr das sagen?« Dorli sah ihn mit schräg gelegtem Kopf von unten an.
»Oh Gott, nein. Aber ich werd sie fragen, ob sie nicht eine Freundin hat, die ihr zur Seite stehen kann.«
Dorli nickte. »Das klingt gut. Bevor alles den Bach runtergeht.«
Kurz darauf war die Post sortiert. Lupo fand einen Brieföffner und schlitzte Kuverts auf. Dorli zog die Belege raus und schlichtete sie nach Datum.
»Das war alles vor dem 18. September, dem Tag, als Smekal starb.« Dorli zeigte auf einen Stapel Bankbelege. »Und das hier kam danach. Diesen Haufen werden wir jetzt mal genauer unter die Lupe nehmen.«
Gemeinsam beugten sie sich über die letzten Kontoauszüge.
»Da!« Lupo zeigte auf einen Beleg.
»Du mit deinen Geieraugen! Das ist so klein geschrieben, dass ich das ohne Brille gar nicht entziffern kann.«
»Du brauchst a Brille?«
»Schaut so aus.«
»Altersweitsichtigkeit. Fangt aber zeitig an bei dir!«
Dorli boxte ihn auf den Arm. »Jetzt sei net frech. Sag lieber, was da steht.«
»Der gute Mann hat in mehreren Boutiquen ein kleines Vermögen ausgegeben. Warum?«
»Auf nach Parndorf. Wir werden es herausfinden.«
Doch bei den Geschäften, in denen Erich Smekal und Natascha Bergmann eingekauft hatten, konnte sich niemand an die beiden erinnern. Was kein Wunder war, wenn man sah, was sich dort an einem ganz normalen Wochentag schon um zehn Uhr früh abspielte.
Lupo fragte sich durch, wo er den Sicherheitsdienst finden konnte. Interessanterweise war auch hier die Firma Secur für die Überwachung zuständig. Der zuständige Securitymann war zwar höflich und machte auf hilfsbereit, behauptete aber, die Bänder würden nur eine Woche aufbewahrt und dann überschrieben. Im selben Raum saß auch noch eine ältere Dame. Elegantes dunkelblaues Businesskostüm, hellblaue Bluse und hochgesteckte Haare. Sie hatte sich bisher nicht geäußert.
Lupo wies sich als Detektiv aus, und Dorli wandte sich an die Frau.
»Wir versuchen die letzten Stunden eines Mordopfers zu rekonstruieren. Wir wissen anhand seiner Kreditkartenabrechnungen, dass er hier eingekauft hat. Es wäre wichtig, zu sehen, ob er alleine war oder in Begleitung.«
Die Frau rollte mit ihrem Stuhl ein wenig zur Seite, sodass sie mit Dorli Blickkontakt aufnehmen konnte.
»Wann war denn das genau?«
»Am 17. September.«
»Ronny, sieh mal nach, ob wir den nicht noch haben.«
Ronny, der sich vorher nicht sonderlich kooperationswillig gezeigt hatte, murrte und ging zu einem Wandschrank. Dort wühlte er in einer Schachtel mit DVD s.
So viel zu den angeblich überschriebenen Bändern.
»Nicht diese Box, die im Regal darunter.« Die Frau klang sauer.
Ronny zog eine Schnute, verdrehte die Augen und wechselte zur anderen Schachtel. Im Zeitlupentempo blätterte er sie
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