Sautanz (German Edition)
des Opfers beauftragt, war etwas anderes.
»Also wisst ihr jemanden, der uns helfen kann?«
»Der Pavel vielleicht.« Der Rotgesichtige drehte sich zu seinen Kollegen am Nebentisch. »Wo is denn der Pavel heut?«
»In Prag.«
»Hm. Dann bleibt noch der Joe Müller.« Ein Kerl mit Rauschebart.
»Der ist irgendwo unterwegs, und es gibt keine Aufzeichnungen, wo er ist«, antwortete Lupo. Die Männer am Tisch sahen einander an und grinsten verhalten.
Jetzt meldete sich ein hagerer Grufti zu Wort, der bisher geschwiegen hatte. »Ivan.«
»Geh, der Ivan ist doch schon zwei Wochen im Stand . Der hat an Hexenschuss. Unsere Berufskrankheit. Vom vielen Sitzen und Schleppen.« Wieder Rauschebart.
Nach einer Pause: »Und der Karli?«
»Der Kraus Karli is da. Der is z’erscht da drüben g’sessen.« Das war Rotgesicht.
»Und wo finden wir den Karli?«, fragte Dorli, die sich damit zum ersten Mal ins Gespräch mischte.
»Wahrscheinlich in da Werkstatt. Sein Wagen is hin.«
Kurz darauf standen die drei Männer auf und gingen.
»Das is no so ein altes Beisl , wo du anschreiben kannst, und am Letzten kommst zahlen.« Dorli lächelte wehmütig. »Hat es bei uns früher auch gegeben. Heute gibt’s alles nur mehr gegen Cash.«
Die aufgebrezelte Empfangsdame blickt Lupo erwartungsvoll entgegen. Dorli war lieber nicht mit aufs Firmengelände gekommen. Sie wollte nicht dem Nachtwächter in die Arme laufen, falls das Wachpersonal Wechseldienst hatte. Der hätte sie bestimmt wiedererkannt.
»Zu Herrn Langbauer?«, fragte sie.
Lupo versuchte, in ihrer Gegenwart die Luft anzuhalten. Ihre Parfümwolke war atemberaubend.
»Nein, zu Karl Kraus.«
Sie verzog den Mund, verkniff sich aber jede Äußerung dazu. Sie griff zum Telefon und sprach sehr leise hinein. Dann wies sie mit dem Arm zu einer Sitzgruppe.
»Der Meister wird ihn reinschicken, sobald er ihn gefunden hat. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Nach zehn Minuten Fahrstuhlmusikberieselung war Lupo leicht porös und fragte sich, wo denn nun der Karli blieb. Er erhob sich steifbeinig und schritt wieder zum Empfangstresen.
Miss Duftwolke krauste die Nase. Sie schien ihn völlig vergessen zu haben.
»Wo bleibt der Herr Kraus?«
Sie griff zum Telefon und flüsterte wieder hinein. Sie zuckte mit den Schultern, legte auf und wandte sich Lupo zu.
»Der Herr Kraus ist nicht im Haus.«
»Aber grad vorhin hab ich ihn doch noch drüben beim Wirten gesehen.«
»Tut mir leid. Mehr weiß ich nicht. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.« Sie wandte sich einem neuen Besucher zu.
Kurz darauf war Lupo wieder beim Wagen. Dorli war weit und breit nicht zu sehen. Wo war sie hingekommen?
Ein paar Minuten später sauste sie um die Ecke und riss die Tür auf der Beifahrerseite auf.
»Ha, das war jetzt sehr aufschlussreich!«
»Wo warst du denn?«
»Der Grufti, der große Schweiger, kam gerade vorbei, hat das Fenster runtergekurbelt und gesagt, ich soll einsteigen.«
»Und dann?«
»Ist er mit mir ums Eck auf den großen Parkplatz vom Supermarkt gefahren. Dort hat er mir erzählt, warum keiner mit uns reden will.«
»Aha. Was ist denn der Grund?«
»Sie müssen alle so eine Art Verschwiegenheitsklausel in ihrem Arbeitsvertrag unterschreiben.«
»Na, bei der Arbeit verständlich«, murmelte Lupo.
»Und die Männer haben echt Angst. Wär nicht das erste Mal, dass einer rausgeschmissen wird, weil er ein Wort zu viel mit jemandem gewechselt hat. Und wenn einer gekündigt wird, warten schon zwanzig Fahrer aus dem Ostblock auf den Job. Denen ist egal, wenn die Ruhezeiten nicht eingehalten werden oder der Lastwagen fast auseinanderfällt. Die fahren, ohne viel zu fragen, um den halben Lohn. Sie brauchen das Geld. Damit ihre Familien überleben.«
»Traurig. Dann müssen wir uns nicht wundern, dass der Mann grad noch da war, und kaum frag ich nach ihm, ist er plötzlich verschwunden.«
»Ich sag dir, die tun alles, um die Leute unter Druck zu setzen. Nicht nur, damit wir nur ja mit keinem über den Smekal reden können, sie sind überhaupt nicht daran interessiert, dass von hier etwas nach draußen dringt.«
»Hast du gesehen, was sich die drei Männer für Blicke zugeworfen haben, als wir erwähnt haben, dass Joe Müller unterwegs ist, aber keiner weiß, wo?«
»Mhm. Ich hoffe nur, Lupo, dass die nicht alle über die Klinge springen müssen, nur damit keiner mit uns redet.«
»Geh bitte, mal den Teufel nicht an die Wand.«
19
Lupos Handy klingelte. Er hob ab, und sein
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