Sautanz (German Edition)
Boot getroffen haben?«
»Nein! Ich sag Ihnen doch, ich war gar nicht beim Boot.«
»Ich denke, da werden wir eine etwas andere Geschichte zu hören bekommen, wenn Natascha Bergmann ihre Aussage macht. Ich bin ziemlich sicher, das wird sich so oder ähnlich anhören:
Natascha hat Sie angerufen und gesagt: »Es ist was passiert. Kannst mir helfen?«
Und als Sie fragten, wo sie ist, sagte sie: »Auf dem Boot.«
Also sind Sie hingefahren. Sie hatten ja keine Ahnung, was Sie erwartet.
Sie kamen in die Marina, und alles war finster. Erst dachten Sie, sie hat sich einen schlechten Scherz ausgedacht. Dann ließ sie eine Taschenlampe aufblitzen und sagte: »Steig nicht ins Blut!«
Dann sahen Sie es. Die ganze Plicht war rot gesprenkelt. Und mittendrin lag Ihr Vater. Mit einem Loch im Bauch. Er stöhnte, als er Sie sah, und krächzte vielleicht: »Hilf mir!«
Sie zogen sich vermutlich Schuhe, Socken und Hose aus und gingen an Bord. Setzten Segel und sahen zu, dass Sie aus der Marina kamen.
Draußen nahmen Sie einen Kübel und schöpften Wasser ins Boot, damit das Blut fortgespült wurde. Ihr Vater lebte immer noch. Und während der Fahrt erzählte Ihnen Natascha, was passiert war.
Mittlerweile war der starke Wind, der schon geblasen hatte, als Sie in Rust ankamen, zu einem richtigen Sturm geworden. Sie mussten umkehren, wenn Sie nicht auch da draußen sterben wollten. Sie waren nie so ein guter Segler wie Ihr Vater.
Gemeinsam haben Sie Ihren immer noch lebenden Vater über die Reling ins Wasser geworfen. Sie haben das Boot gewendet, und Natascha hat vielleicht eimerweise Wasser ins Boot gegossen und alles gewaschen, was noch blutig hätte sein können. Damit es nicht aussah wie nach einem Sautanz . Sie schmiss sicher auch noch den Bootshaken in den See.
Dann kämpften Sie sich durch den Sturm zur Marina. Das muss schwer gewesen sein, denn der Wind drehte und kam Ihnen vermutlich zeitweise direkt entgegen. Sie mussten aufkreuzen. Scheißschwer in dem Sturm.
Wenn es wie ein Unfall aussehen sollte, dann mussten Sie das Boot draußen lassen. Also hat Natascha die Neoprenanzüge gesucht, die Sie immer an Bord hatten für den Fall, dass Sie draußen surfen wollten. Und außerdem einen großen Nylonsack, in den Sie Ihre Kleider gesteckt haben, damit Sie nachher etwas Trockenes zum Anziehen haben.
In der Einfahrt zum Hafen haben Sie das Boot gewendet und das Ruder belegt. Dann sind Sie ins Wasser und zu Fuß zur Hütte marschiert. Dort haben Sie sich umgezogen. Natascha hat dann irgendwo angerufen und dafür gesorgt, dass sie abgeholt wird. Sie sind zurück zur Party, wegen des Alibis.
»Sie sind ja verrückt! Ich war nicht einmal in der Nähe des Bootes. Ich könnte nicht einmal sagen, ob es sich in der Marina befand.«
Lukas’ Gesicht war während der Schilderung durch Leo Bergler immer stärker eingefallen und noch bleicher geworden.
»Und wie wollen Sie das beweisen?«, fragte Bergler.
Der Junge schüttelte den Kopf. »Gar nicht. Sie müssen mir das Gegenteil beweisen.«
»Nun, ich kann Ihnen sagen, wie es jetzt weitergeht. Sie werden wegen Mordes angeklagt. Sie sind großjährig und werden lange Zeit im Gefängnis schmoren. Ihre Freundin sitzt in der relativ sicheren Schweiz und hat Ihren Vater außerdem nur verletzt. In einem begreiflichen Zustand der Erregung. Zudem ist sie nicht einmal großjährig. Sie wird vernommen werden und möglicherweise eine bedingte Strafe ausfassen . Sie wird Ihnen jede Schuld zuschieben. Vielleicht noch mit Eifersucht begründen. Und dabei wird Aussage gegen Aussage stehen. Und was glauben Sie, wem man da eher glauben wird?«
Dorli verfolgte die Vernehmung mit Interesse und Staunen. Das waren also die Methoden, mit denen die Polizei arbeitete! Und ich hab ein schlechtes Gewissen, wenn ich Leute befrag und so tu, als wäre ich eine echte Detektivin.
»Aber ich war’s nicht! Ich war nicht einmal in seiner Nähe!«
»Sie waren in der Zeit, als genau das passiert ist, was ich Ihnen jetzt erzählt habe, vor Ort. Ob auf dem Boot oder in der Hütte, wird schwer nachzuweisen sein.«
Lukas Smekal rannen die Tränen über das Gesicht. Sein Körper wurde von krampfhaftem Schluchzen geschüttelt. »Wie kann ich Sie davon überzeugen, dass ich es nicht war?«
»Mich brauchen Sie nicht zu überzeugen«, antwortete Bergler. »Denken Sie lieber darüber nach, wie Sie die Geschworenen überzeugen wollen, dass vielleicht Männer von Nataschas Vater die Geschichte mit dem Boot erledigt
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