saved by an Angel
sie oft besuchen.«
»Das wusste ich nicht«, meinte Ivy.
»Machst du ihn auf?«, wollte Christine wissen und betrachtete neugierig den Umschlag.
Ivy riss eine Ecke ab und öffnete den Umschlag mit einem Finger. »Wenn es eine persönliche Nachricht ist«, warnte sie Christine vor, »zeig ich sie dir wahrscheinlich nicht.«
Christine nickte.
Doch der Umschlag enthielt keine Nachricht, nur ein Papiertaschentuch, in das etwas Hartes eingeschlagen war. Ivy wickelte es auf und zog einen Schlüssel heraus. Er war ungefähr fünf Zentimeter lang. Ein Ende war oval, in das Metall war ein spitzenähnliches Muster gestanzt. Das andere Ende, das ins Schloss gehörte, war ein einfacher Hohlzylinder mit zwei kleinen Schlüsselzähnen.
»Weißt du, wofür der ist?«, fragte Christine.
»Nein«, erwiderte Ivy. »Und es ist auch kein Zettel dabei.«
Christine biss sich auf die Lippe, schließlich meinte sie: »Na ja, vielleicht war es ja doch ein Unfall.« Ivy konnte die Hoffnung in ihrer Stimme hören. »Wenn Eric vorgehabt hätte, sich umzubringen, dann hätte er einen Zettel zur Erklärung dazugelegt - oder nicht?«
Es sei denn, er wurde umgebracht, bevor er Gelegenheit dazu hatte, dachte Ivy, dann nickte sie zustimmend.
»Eric hat nicht Selbstmord begangen«, sagte Ivy mit Nachdruck. Sie sah die Dankbarkeit in Christines Augen und wurde rot. Wenn Christine wüsste, dass ich vielleicht der Grund für den Tod ihres Bruders war!, dachte Ivy.
Ivy ließ den Schlüssel in den Umschlag fallen, steckte die Lasche hinein und faltete ihn zusammen. Als sie ihn in die Tasche ihres Regenmantels schob, versprach sie Christine, ihr Bescheid zu geben, wenn sie die Bestimmung des Schlüssels herausgefunden hatte.
Christine bedankte sich bei Ivy, dass sie Eric eine gute Freundin gewesen war, was Ivy noch mehr erröten ließ.
Ihr Gesicht glühte noch immer, als sie zu Will und Beth ging, die sie, unter einem Regenschirm zusammengedrängt, aus einigen Metern Entfernung beobachtet hatten.
»Was wollte sie von dir?«, fragte Will und zog Ivy mit unter den Regenschirm.
»Sie - ähm - hat sich bei mir bedankt, dass ich eine gute Freundin für Eric gewesen bin.«
»Oh Mann«, sagte Beth leise.
»Das war alles?«, wollte Will wissen.
Es klang bohrend, Ivy kannte solche Fragen eigentlich nur von Gregory.
»Ihr habt ganz schön lange geredet«, bemerkte Will. »Mehr hat sie nicht gesagt?«
»Nein«, log Ivy.
Wills Blick fiel auf die Manteltasche, in die sie den Umschlag geschoben hatte. Er hatte den Austausch sicher gesehen, und ganz sicher sah er jetzt die Ecke herausragen, er fragte sie jedoch nicht weiter aus.
Da sie an diesem Tag vom Unterricht freigestellt worden waren, fuhren sie schweigend für ein spätes Mittagessen zu Celentano’s. Während sie die Speisekarte studierten, überlegte Ivy, was wohl in Wills Kopf vor sich ging und ob er Gregory in Verdacht hatte. Am Montag auf der Wache hatte Will sie reden lassen und anschließend ihre Geschichte bestätigt, keiner von ihnen hatte Erics Wunsch nach einem geheimen Treffen erwähnt. Nun hätte Ivy Will gern alles erzählt. Wenn sie ihm zu lange in die Augen sah, machte sie es bestimmt auch.
»Wie geht es euch so?«, begrüßte sie Pat Celentano, die an ihren Tisch kam, um die Bestellung aufzunehmen. Die meisten Mittagsgäste hatten die Pizzeria verlassen und die Besitzerin redete etwas leiser als sonst. »Ziemlich harter Morgen für euch.«
Sie nahm die Bestellung auf, dann stellte sie ein zusätzliches Körbchen mit Stiften und Wachsmalkreiden auf die Papiertischdecke.
Will, von dem bereits eine ganze Reihe Tischdeckenbilder an den Wänden des Gelentano’s hingen, fing sofort zu zeichnen an. Ivy malte Männchen. Beth bildete lange Reihen mit Reimwörtern und murmelte vor sich hin, während die Reihen immer länger wurden. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich, als ihre Wortreihen Wills Zeichnung in die Quere kamen.
Er illustrierte Witze, die er zuvor aufgeschrieben hatte. Ivy und Beth beugten sich über die Tischdecke, um sie sich anzusehen und kicherten. Dann zeichnete Will die Mädchen in den Old-West-Kostümen, die sie damals auf dem Kunstfestival anprobiert hatten. »Die Schönen aus Virginia City« betitelte er das Bild.
Beth deutete auf die Zeichnung. »Ich glaube, du hast da ein paar Rundungen vergessen«, meinte sie. »Ivys Kleid war damals wesentlich enger als hier auf dem Bild. Natürlich nicht so eng wie die Lederhosen, die du getragen hast...«
Ivy
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