Savinama - Der Wächter: Fantasy-Roman (German Edition)
sich auf die Gravur, begannen langsam wie kleine Schneeflocken zu tanzen. Ein neuer Wind stob über die Anhöhe und mit ihm eine Energie, die keinen Unterschied zwischen Gut und Böse kannte. Und in diesem Wind lag ein neuer Geruch. Jeras schloss für Sekunden die Augen, sog den Duft tief ein.
„Könnt ihr das fühlen?“, fragte er leise und voller Ehrfurcht. Arthol sah zur Seite.
„Was meinst du?“ Jeras betrachtete den Wächter und fühlte die Energien, die sich mehr und mehr aufbauten. Der nächste Donner und der folgende Blitz waren nun direkt über ihnen. Und dann spürte es Arthol auch. Ungläubig hob er die Hand.
„Wie kann das … ?“ Er zog langsam die Kapuze zurück und legte den Kopf in den Nacken. Weitere Tropfen berührten sein Gesicht, begannen kleine Spuren auf die staubige Haut zu zeichnen. Der Regen setzte ein. Es war keine Sturmflut, es war eine Decke aus weichem warmem Regen, der über die alte Welt kam, um seine heilende Hand über sie auszubreiten. Das Licht wurde heller, die Magie bewegte sich wie in Ringen von ihnen weg, lautlos und doch kraftvoll. Arthol und Jeras spürten wie das Leben selbst zurückkehrte. Das Licht stob über den Hügel um dann zu seinem Ursprung zurück zu kehren. Dem Stab. Es schoss in die Höhe. Schien zu explodieren und jagte über den Himmel, wo es sich in einem Funkenregen über den Horizont ausbreitete. Der Platz, an dem Savinama gestanden hatte, war nun leer. Von weitem erklang das Brüllen eines Drachen. Jeras breitete die Arme aus.
„Meine Schwester hat den Wächter das Weinen gelehrt“, flüsterte der Junge und genoss das Wasser auf der Haut. Wenn es Wunder gab, war heute Nacht eines geschehen.
10.
Die alte Welt begann wieder zu atmen. Die Flüsse und Seen füllten sich mit kristallfarbenem Wasser. Über die Anhöhen wuchs dichtes, grünes Gras und das Unterholz der Wälder füllte sich mit Leben.
Es brauchte nur wenige Wochen, bis sich das Land soweit erholte, dass von den Monaten der Trockenheit und Dürre fast nichts mehr zu sehen war. Die Länder kehrten Stück für Stück zu ihrem alten Leben zurück.
Der Kreisführer Natriells machte sich, sobald alles wieder einigermaßen normal verlief, auf den Weg nach Liyiell. Er verstand nicht ganz, was geschehen war, doch ahnte er, dass es etwas mit dem Wächter zu tun hatte.
Auf den Vermerk Arthols hin, dass sie den Wächter länger nicht gesehen hatten, zog Shorbo eine Augenbraue hoch und ließ nicht locker, bis Arthol beschloss, dass es am besten war, wenn Ineana Shorbo die Wahrheit selber erzählte. So machten sie sich zusammen auf den Weg in die Hügel.
Ineana war all ihrer Pflichten bis auf Weiteres entbunden worden. Mineshka war ein anspruchsvolles Kind, das sie ständig in Atem hielt. Seit der Geburt ihrer Tochter, war die Verbundenheit mit dem Wächter nicht mehr vorhanden.
Als sie Shorbo erkannte, lächelte sie ihn freundlich entgegen. „Ein so hoher Besuch an einem so einfachen Ort. Ich Grüße euch Shorbo.“ Der alte Mann umarmte sie freundschaftlich.
„Ihr seht gut aus.“ Sie lachte. „Ich denke nicht, dass mein Aussehen euch zu mir geführt hat.“ Er nickte. „Es ist wohl mehr das Wohlbefinden des Landes und die Frage, wie es dazu kam.“ Ineana ließ den Blick über die grünen Hügel schweifen. „Vielleicht schenkte man uns nur etwas Zeit.“
„Ich bitte euch Ineana, es gibt nichts, was dies mal eben so bewirkt haben könnte. Was habt ihr getan?“ Überrascht registrierte sie einen Vorwurf in seiner Stimme. „Eure Worte klingen nicht, als würdet ihr euch freuen.“ Shorbo stützte sich auf dem schwarzen Stab ab, den er fast immer bei sich trug.
„Wollen wir offen sprechen?“
„Ich bitte darum“, antwortete sie forsch. Der Kreisführer ließ nun die Höflichkeiten fallen und sprach sie ganz offen an.
„Die Waage ist empfindlich gestört. Und diese Waage ist der Wächter selbst. Du wirst mir also verzeihen, wenn ich meine Sorge so direkt ausspreche.“
In diesem Moment kam Bevorash mit dem Kind auf dem Arm aus der Hütte. Arthol eilte sofort zu ihm, um nach der Kleinen zu sehen.
„Lasst uns ein Stück zusammen gehen, Kreisführer.“ Shorbo stimmte zu, wohlwissend, dass Ineana das Geschehene nicht vor ihrem Mann besprechen wollte. Zusammen schritten sie den groben Pfad entlang, der auf eine weitere Anhöhe führte.
„Wie geht es ihm?“, fragte Shorbo nach einiger Zeit. Ineana blieb stehen und blickte ihn direkt an.
„Ich weiß es nicht, Shorbo, ich habe
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