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Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)

Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)

Titel: Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
Autoren: Joss Stirling
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würde mir das wenigstens ein bisschen Zeit verschaffen.
    Seine Hand glitt nach unten und ergriff meine, stieß an den Verband.
    »Bin ich das gewesen?«
    Ich antwortete nicht.
    »Tut mir echt leid. Ich konnte dich nicht so einfach meine Sachen nehmen lassen – sie haben mir gar nicht gehört. Aber ich hab zugegebenermaßen die Beherrschung verloren. Ich muss mein Temperament echt in den Griff kriegen oder meine Begabung läuft total aus dem Ruder. Du hast mich gestern stinksauer gemacht.«
    Ach, er hatte also keine Freude daran gehabt, mich in Brand zu stecken? Ich hatte sein Mentalmuster gesehen; ich wusste, dass er es genossen hatte, den hinterhältigen Dieb auszutricksen.
    Er fasste mich am Ellenbogen und half mir auf die Füße in dem Moment, als die Tür aufflog.
    »Was ist hier los?« Dr. Sharma stand in der Tür und war außer sich.
    Yves stellte sich schützend vor mich. »Bitte entschuldigen Sie vielmals, Dr. Sharma. Wendy und ich sind alte Freunde und wir haben diesen Running Gag, dass sie mir immer die Tasche klaut.« Er zuckte mit den Schultern. »Fing mal mit Schokoriegeln an, die sie mir in der Grundschule gemopst hat, und mittlerweile sind’s ganze Rucksäcke. Total kindisch, ich weiß.«
    »Ich bin sehr enttäuscht von euch beiden. Das ist keine Konferenz für Kinder, sondern für Erwachsene. Benehmt euch eurem Alter entsprechend!«
    Yves spürte, dass ich leicht taumelte, und schlang mir seinen Arm um die Taille. »Natürlich. Entschuldigen Sie bitte vielmals.«
    »Dann können wir jetzt ja zurück in den Seminarraum und uns endlich an die Arbeit machen.« Sie rauschte davon und ihre weit geschnittene türkisfarbene Jacke wehte hinter ihr her wie ein Umhang.
    »Ich kann da nicht wieder rein«, zischte ich Yves zu.
    »Doch, das kannst du. Um zwölf gibt’s eine Pause; dann reden wir.«
    »Ich habe keine Ahnung von dem Zeug, über das ihr da quatscht.«
    Er feixte. Für ihn war die ganze Situation offenbar ein Riesenspaß, während ich gerade den übelsten Albtraum erlebte. »Ja, das hab ich mir schon gedacht. Miss Geowissenschaften.«
    Mir wurde kurz schwarz vor den Augen. Ich schüttelte den Kopf.
    »Geht’s dir gut?«
    Nein, ging es nicht. Dieb. Seelenspiegel. Wirrkopf. Ich war so durstig, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Ich leckte mir die ausgetrockneten Lippen.
    Yves schleppte mich zurück in den Seminarraum, lachte die Bemerkungen zu unserem plötzlichen Abgang einfach weg. Er warf mit Entschuldigungen um sich wie ein wohlwollender Lord, der Goldmünzen ans gemeine Volk verteilte – großzügig und mit vollen Händen. Er zog mich auf den Sitz neben sich, hielt mich weiterhin am Arm fest.
    »Hast du zufällig Handschellen dabei?«, flüsterte er mir leise zu. Sehr witzig.
    Ich legte meinen Kopf auf die Tischplatte und Dr. Sharma fuhr mit ihrem Vortrag fort. Zum Glück hatte sie nach dem befremdlichen Heiterkeitsausbruch zweier ihrer Studenten die Idee einer Vorstellungsrunde abgehakt.
    Eine Flasche tauchte vor meiner Nase auf. Trink.
    Ich kann nicht.
    Warum nicht? Ich habe sie noch nicht mal aufgemacht.
    Bitte, ich muss etwas von dir stehlen!
    Ohne den Blick von mir zu nehmen, steckte Yves die Wasserflasche zurück in seine Tasche und nickte mir zu. Das ist mein Wasser. Egal, was du tust, nimm es mir ja nicht weg.
    Ich langte nach unten und schnappte mir die Wasserflasche. Ich drehte den Verschluss auf und nahm einengroßen Schluck. Das fühlte sich herrlich an, dermaßen gut, dass ich die Flasche in einem Zug leerte.
    Yves schüttelte stumm den Kopf. Du bist echt seltsam.
    Ich zerknüllte die Plastikflasche. Und du etwa nicht?



Kapitel 5
    Yves stand nicht auf, als alle anderen am Ende des Seminars den Raum verließen, und so blieb ich auch an meinem Platz sitzen. Dr. Sharma ging als Erste, mit dem Hinweis, dass die Panini in der Kantine gar nicht so übel wären, man müsse nur rechtzeitig da sein. Wir saßen schweigend da, beobachteten, wie sich die anderen durch die Tür nach draußen schoben, in Gedanken schon beim Mittagessen.
    Auch ich dachte daran. Neben allem anderen war ich in erster Linie hungrig. Und müde, so furchtbar müde. Ich hatte soeben erfahren, dass das Märchen wahr war. Seelenspiegel existierten – und dieser Junge hier war meiner. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass mich diese Entdeckung in einen Glückstaumel versetzen würde, so als hätte ich das Gewinnlos in der Lotterie gezogen, doch stattdessen fühlte mich einfach nur leer und traurig. Ich wusste,
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