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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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unsere Tiere durch eine breite Mulde voller Bodenrisse, scharfkantiger Feldsteine und kleiner Tümpel.
    „Keine Kleinigkeit“, sagte ich, „die Weser zu überqueren und dann diesen Weg zurückzulegen. Bozo hat es gleich zweimal geschafft, hin und zurück und dazu nachts.“
    „Er musste seine Genossen warnen“, sagte Odo, dessen Stimmung sich wieder verschlechtert hatte. „Jetzt wissen sie, dass wir im Anmarsch sind und richten sich ein.“
    „Aber auch wir wissen etwas. Sie besitzen eine Reliquie. Die sterblichen Reste eines heiligen Mannes, der Theofried hieß.“
    „Ich habe immer vermutet, dass die Sachsen deinen Theofried umgebracht haben“, sagte Odo ächzend, während er einen Huf seines Grauschimmels Impetus aus einem Geröllhaufen zerrte, in den er eingesunken war. „Was hätten sie auch sonst mit ihm anfangen sollen? Sie waren ja damals Heiden. Auf die Idee, ein Geschäft mit den Knochen zu machen, sind sie natürlich erst jetzt als Christen gekommen. Wobei die Franken vermutlich die Anreger waren.“
    „Offenbar war es Graf Volz, ein Sachse, von dem die Gaukler …“
    „Und warum nicht? Die Sachsen, vor allem die Edelinge, haben sehr schnell gelernt, worauf es ankommt. Einmal untergetaucht im Taufbecken … schon sind sie die geschicktesten Gauner. Was tun mit einem heiligen Mann, einem Märtyrer, den gute Christen, als sie noch Heiden waren, getötet hatten? Wozu kann er noch nützlich sein? Zur Zierde der Kirche. Als Reliquie! Natürlich verpflichtet ihn das, er muss Wunder tun. Am besten Krankheiten heilen, denn das bringt Geld. Die Pilger strömen herbei und spenden und schleppen alles an, was sie an Kostbarkeiten besitzen. Teufel, das kann eine fromme Ernte werden! Aber der Heilige grollt, er tut es nicht. Er hat vielleicht etwas übel genommen, vermutlich seinen Märtyrertod. Also muss man ein bisschen nachhelfen, so ein trockenes Feld braucht Regen. Zufällig treiben sich ein paar Gaukler herum und … na, den Rest der Geschichte kennen wir. Eine Massenheilung, damit das Geschäft in Gang kommt! Danach müssen die Gaukler natürlich verschwinden. Man gibt ihnen Gold, man bedroht sie sogar. Denn eigentlich sind sie ja gerade erst angekommen, sie haben noch gar keine Lust, wieder umzukehren. Aber es nützt nichts, sie müssen fort. Immerhin hatten sie einmal Erfolg und sicher viel Publikum. War nicht gestern ein Feiertag?“
    „Der zweite Sonntag nach Trinitatis“, sagte ich seufzend.
    Odo lachte nur spöttisch und schwang sich in den Sattel.
    Nachdenklich blieb ich auf meinem Esel zurück. Odo hatte dieselbe böse Geschichte erzählt, die mir eingefallen war, als ich in der Nacht am Flussufer durch das Schlammwasser watete. Meine Geschichte war allerdings nicht ganz zu Ende gedacht. Odo fügte die Fäden, die ich gesponnen hatte, zusammen.
    „Angenommen, es war so wie du gesagt hast“, knüpfte ich an unser Gespräch an, als ich Grisel mit heftigen Schenkelbewegungen wieder an Impetus herangetrieben hatte, „wäre das alles zwar schlimm und blasphemisch, aber in keinem Punkt zu beweisen. Der Mord liegt sicher lange zurück, niemand wird sich daran erinnern wollen. Man wird vielleicht Tote beschuldigen, es gibt viele tote Heiden. Und was den Betrug mit der Reliquie betrifft, so kann das, was wir von den Gauklern gesehen haben, nicht mal als Zeugnis gelten. Solche Leute sind ja nicht zeugnisfähig, was immer sie reden oder tun.“
    „Da hast du leider vollkommen Recht“, sagte Odo. „Eher ersaufen wir in der Jauche, als dass wir einen von diesen Mistkäfern kriegen.“
    Wir passierten eine Straßenwache, die uns anzeigte, dass wir uns den bewohnten Plätzen des Gaus und dem gräflichen Salhof näherten. Von Zeit zu Zeit lichtete sich der Wald und machte Wiesen Platz, auf denen kleine, magere Kühe und Schafe weideten. Es gab auch winzige, unregelmäßig bebaute Felder mit Hafer, Gerste und Saubohnen. Am Wegrand lagen die einst nützlichen, doch nun unbrauchbaren Gegenstände, die Reisende jeden Standes verloren oder weggeworfen hatten: zerrissene Schuhe, abgebrochene Pfeilspitzen, zersplitterte Lanzen, Stoffreste, Tonscherben. In der Ferne sah man die ersten Ansammlungen von Strohdächern. Hinter einem Zaun stieg dünner Rauch auf.
    Es war ein unangenehmes Gefühl, das mich in diesem Augenblick beschlich. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich mich ausgerechnet auf diesen ersten Gau im Mandatsgebiet unzureichend vorbereitet hatte. Da der Graf am Hofe des Königs beträchtliches

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