Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
Impey übernahm den Zeugen mit mephistophelischer Höflichkeit.
    »Sie sind ein Mann mit ausgezeichneten Beobachtungs-und Kombinationsgaben, Mr. Pettigrew-Robinson«, begann er, »und zweifellos machen Sie bei der Beurteilung der Charaktereigenschaften und Motive anderer Menschen gern von Ihrer einfühlsamen Vorstellungskraft Gebrauch?«
    »Ich glaube, ich kann mich als Kenner der menschlichen Natur bezeichnen«, antwortete Mr. Pettigrew-Robinson sehr besänftigt.
    »Man zieht Sie sicherlich gern ins Vertrauen?«
    »Gewiß. Ich darf mich als einen Mann bezeichnen, dem sehr viel Menschliches zu Ohren kommt.«
    »In der Nacht, als Hauptmann Cathcart starb, war Ihre große Welterfahrung für die Familie sicher Trost und Hilfe?«
    »Sie hat sich meine Erfahrungen leider nicht zunutze gemacht, Sir«, sagte Mr. Pettigrew-Robinson, und plötzlich brach es aus ihm heraus: »Man hat mich völlig ignoriert! Wenn man doch damals nur auf meinen Rat gehört hätte –«
    »Danke, vielen Dank«, sagte Sir Impey, um einem erregten Zwischenruf des Anklägers zuvorzukommen, der daraufhin aufstand und fragte:
    »Wenn Hauptmann Cathcart irgendein Geheimnis oder irgendwelche Sorgen im Leben gehabt hätte, würden Sie von ihm erwartet haben, daß er sie Ihnen anvertraute?«
    »Das würde ich von jedem rechtschaffenen jungen Mann ganz gewiß erwarten«, sagte Mr. Pettigrew-Robinson großmäulig, »aber Hauptmann Cathcart war ein unangenehm verschlossener Mensch. Das einzige Mal, als ich ein freundliches Interesse an seinen Angelegenheiten zeigte, war er sehr ungezogen. Er nannte mich –«
    »Das genügt«, unterbrach Sir Wigmore ihn hastig, als er sah, daß die Beantwortung seiner Frage nicht so ausfiel wie erwartet. »Wie der Verstorbene Sie genannt hat, ist unerheblich.«
    Mr. Pettigrew-Robinson trat ab und hinterließ den Eindruck eines schwer Gekränkten – ein Eindruck, der die Herren Glibbery und Brownrigg-Fortescue so zu freuen schien, daß sie während des Verhörs der nächsten beiden Zeugen unablässig still in sich hineinlachten.
    Mrs. Pettigrew-Robinson hatte ihrer Aussage bei der Untersuchungsverhandlung wenig hinzuzufügen. Miss Cathcart wurde von Sir Impey nach Cathcarts Elternhaus gefragt und erklärte mit hörbarer Mißbilligung in der Stimme, daß ihr Bruder, obwohl schon in den besten Jahren und ein sehr erfahrener Mann von Welt, sich von einer neunzehnjährigen italienischen Sängerin habe »einwickeln« lassen, sie zu heiraten. Achtzehn Jahre später seien beide Eltern gestorben. »Kein Wunder«, sagte Miss Cathcart, »bei dem Lebenswandel, den sie führten«, und der Junge sei in ihre Obhut gegeben worden. Sie erklärte, wie Denis sich ihrem Einfluß immer entzogen und mit Männern Umgang gepflogen habe, von denen sie nichts gehalten habe, und schließlich sei er nach Paris gegangen, um auf eigene Faust eine diplomatische Laufbahn zu beginnen. Seitdem habe sie kaum etwas von ihm gesehen.
    Ein interessanter Punkt kam beim Kreuzverhör Inspektor Craikes' zur Sprache. Ein Taschenmesser wurde ihm gezeigt, und er identifizierte es als dasjenige, das er bei Cathcart gefunden hatte.
    Frage von Mr. Glibbery: »Fällt Ihnen an der Klinge irgend etwas auf?«
    »Ja, in der Nähe des Griffs ist eine kleine Kerbe.«
    »Könnte die Kerbe daher stammen, daß versucht wurde, mit diesem Taschenmesser eine Fensterverriegelung gewaltsam zu öffnen?«
    Inspektor Craikes räumte ein, daß dies der Fall sein könne, zweifelte aber, ob ein so kleines Messer für diesen Zweck geeignet sei.
    Dann wurde der Revolver vorgelegt und die Frage nach dem Eigentümer gestellt.
    »Meine Lords«, sagte Sir Impey, »wir bestreiten nicht, daß der Revolver dem Herzog gehört.«
    Die Richter machten erstaunte Gesichter, und nachdem Hardraw, der Wildhüter, zu dem Schuß gehört worden war, den er um zehn vor zwölf gehört hatte, kam das ärztliche Gutachten an die Reihe.
    Sir Impey Biggs: »Könnte der Verstorbene sich die Wunde selbst beigebracht haben?«
    »Das wäre gewiß möglich.«
    »Wäre die Wunde sofort tödlich gewesen?«
    »Nein. Aus der Menge Blut zu schließen, die auf dem Pfad gefunden wurde, war sie offensichtlich nicht sofort tödlich.«
    »Lassen sich die gefundenen Spuren Ihrer Ansicht nach mit der Möglichkeit in Einklang bringen, daß der Verstorbene sich noch zum Haus geschleppt hat?«
    »Ja. Dazu hätte er durchaus noch die Kraft haben können.«
    »Könnte eine solche Wunde Fieber hervorrufen?«
    »Das ist ohne weiteres

Weitere Kostenlose Bücher