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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wieder aus und schleuderten sie mit starken Klauen zurück in die Welt; und ein abgerissener Veteran mit blaugefrorener Nase, der einst geholfen hatte, den verschütteten Major Wimsey bei Caudry aus einem Granattrichter zu graben, murmelte leise vor sich hin: »Gott steh ihm bei, er ist wirklich 'n anständiger kleiner Bengel.« Und damit steckte er seine Zeitungen in den Drahtständer an einem Baum in Kingsway und stellte sein Plakat im günstigsten Winkel auf.
    Nach der kurzen Feststellung, daß er nicht nur die Unschuld seines edlen Mandanten zu beweisen beabsichtige, sondern (als Zugabe gewissermaßen) auch die Tragödie in allen Einzelheiten aufklären wolle, rief Sir Impey Biggs ohne weiteren Verzug seine Zeugen auf.
    Unter den ersten war Mr. Goyles, der bestätigte, daß er Cathcart um drei Uhr morgens bereits tot vorgefunden habe, mit dem Kopf neben dem Wassertrog, der sich beim Brunnen befinde. Ellen, das Stubenmädchen, bestätigte als nächstes James Flemings Aussage hinsichtlich des Postsacks und erklärte, daß sie täglich das Löschpapier auf der Schreibunterlage im Arbeitszimmer wechsle.
    Die Aussage Kriminalinspektor Parkers rief mehr Interesse und einige Verwirrung hervor. Sein Bericht über den Fund der Brillantkatze fand interessierte Zuhörer. Er sprach ausführlich über die Fuß-und Schleifspuren, besonders über den Handabdruck auf dem Blumenbeet. Dann wurde das bewußte Löschblatt vorgelegt und ein Satz Fotografien davon unter den Peers herumgereicht. An beiden Punkten entspann sich jeweils eine lange Diskussion, wobei Sir Impey Biggs sich zu zeigen bemühte, daß der Abdruck auf dem Blumenbeet von den Bemühungen des verwundeten Mannes herrühren müsse, sich aus der Bauchlage aufzurichten, während Sir Wigmore Wrinching es darauf anlegte, das Zugeständnis zu erzwingen, daß der Verwundete den Abdruck ebensogut bei dem Versuch hinterlassen haben könne, sich dem Wegschleppen zu widersetzen.
    »Steht nicht die Stellung der Finger, die zum Haus zeigen, der Annahme entgegen, daß der Mann geschleift wurde?« fragte Sir Impey.
    Sir Wigmore hielt dagegen, daß der Verwundete ebensogut mit dem Kopf voran fortgeschleift worden sein konnte.
    »Wenn ich Sie«, sagte Sir Wigmore, »beim Kragen packen und fortschleifen müßte – Eure Lordschaften werden verstehen, was ich meine –«
    »Mir scheint«, bemerkte der Großhofmeister, »daß dies ein Fall von solvitur ambulando ist.« (Gelächter.) »Ich schlage vor, daß einige von uns, wenn das hohe Haus in die Mittagspause geht, die Frage experimentell zu klären versuchen, indem sie unter sich jemanden von etwa gleicher Größe und gleichem Gewicht aussuchen.« (Die edlen Lords sahen einer den andern an und suchten nach einem geeigneten Opfer für diese Rolle.)
    Dann erwähnte Inspektor Parker die Kratzspuren am Arbeitszimmerfenster,
    »Könnte Ihrer Meinung nach die Verriegelung mit dem Messer geöffnet worden sein, das bei dem Toten gefunden wurde?«
    »Ich weiß, daß es möglich ist, denn ich habe das Experiment mit einem genau gleichen Messer selbst durchgeführt.«
    Danach wurde die Botschaft auf dem Löschblatt vorwärts und rückwärts gelesen und auf jede nur denkbare Weise interpretiert, wobei die Verteidigung darauf beharrte, daß die Worte französisch seien und »Je suis fou de douleur« bedeuteten, während die Anklage dies als weit hergeholt bezeichnete und einfachere Deutungen anbot. Dann wurde ein Handschriftenexperte aufgerufen, der die Schrift mit einem authentischen Brief Cathcarts verglich und daraufhin von der Anklagevertretung unsanft angefaßt wurde.
    Nachdem diese kniffligen Punkte den Lords zur Beurteilung anheimgegeben worden waren, rief die Verteidigung noch eine ermüdend lange Reihe von Zeugen auf: den Direktor der Cox-Bank und Monsieur Turgeot vom Crédit Lyonnais, der sich detailliert mit Cathcarts Geldangelegenheiten auseindersetzte; den Concierge und Madame Leblanc aus der Rue St. Honoré; und die edlen Lords begannen zu gähnen, mit Ausnahme einiger Industrie-Lords, die auf ihren Notizblöcken herumzurechnen begannen und einander wissende Blicke von Finanzmann zu Finanzmann zuwarfen.
    Dann kam Monsieur Briquet, der Juwelier aus der Rue de la Paix, und nach ihm seine Verkäuferin, die ihre Geschichte von der großen, blonden, ausländischen Dame und dem Kauf der grünäugigen Katze erzählte – woraufhin plötzlich alle wieder aufwachten. Sir Impey erinnerte die Versammelten daran, daß dieser Vorfall sich im

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