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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ihrer Sache so sicher, daß wir es bisher nicht für nötig erachtet haben, ein Alibi –« als an der Tür ein kleiner Tumult entstand und ein Gerichtsdiener angerannt kam, um ihm aufgeregt einen Zettel in die Hand zu drücken. Sir Impey las ihn, errötete, schaute sich um, legte seine Akte hin, faltete die Hände darüber und sagte mit plötzlich lauter Stimme, die sogar in die tauben Ohren des Herzogs von Wiltshire drang:
    »Meine Lords, ich freue mich, Ihnen sagen zu dürfen, daß unser bisher fehlender Zeuge eingetroffen ist. Ich rufe auf – Lord Peter Wimsey!«
    Alle Hälse verdrehten sich auf einmal, und aller Augenrichteten sich auf die von Schmutz und Öl starrende Gestalt, die mit liebenswürdigem Lächeln durch den langgestreckten Saal nach vorn schritt. Sir Impey Biggs schob den Zettel weiter zu Mr. Murbles, wandte sich an den Zeugen, der fürchterlich gähnte, wenn er nicht gerade einen seiner vielen Bekannten angrinste, und verlangte seine Vereidigung.
    Der Zeuge sagte wie folgt aus:
    »Ich bin Peter Death Bredon Wimsey, der Bruder des Angeklagten. Ich wohne 110 A Piccadilly. Auf Grund dessen, was ich auf diesem Löschblatt gelesen habe, das ich hiermit identifiziere, bin ich nach Paris geflogen, um eine bestimmte Dame ausfindig zu machen. Ihr Name ist Mademoiselle Simone Vonderaa. Wie ich feststellen mußte, hatte sie Paris in Begleitung eines Herrn namens van Humperdinck verlassen. Ich bin ihr gefolgt und habe sie schließlich in New York gefunden. Ich bat sie, mir den Brief zu geben, den Cathcart ihr am Abend seines Todes geschrieben hatte. (Aufsehen.) Ich lege diesen Brief hier vor, von Mademoiselle Vonderaa in einer Ecke signiert, damit er identifiziert werden kann, falls Wiggy uns damit aufs Kreuz zu legen versucht. (Allgemeine Heiterkeit, in der die erzürnten Proteste des Anklägers untergingen.) Es tut mir ja leid, daß ich so kurzfristig damit ankomme, altes Haus, aber ich hab ihn selbst erst vorgestern bekommen. Wir sind so schnell hergekommen, wie es ging, aber wir mußten bei Whitehaven mit einem Motorschaden notlanden, und wenn das eine halbe Meile früher passiert wäre, stände ich jetzt nicht hier.« (Applaus, der vom Großhofmeister eilig unterdrückt wurde.)
    »Meine Lords«, sagte Sir Impey, »Sie alle sind Zeugen, daß ich diesen Brief nie zuvor gesehen habe. Sein Inhalt ist mir völlig unbekannt; und doch glaube ich so fest an seine entlastende Wirkung für meinen Mandanten, daß ich bereit bin – nein, daß ich sogar großen Wert darauf lege, dieses Dokument unverzüglich, und ohne es auch nur flüchtig gelesen zu haben, so wie es ist, als Beweisstück vorzulegen und mit seinem Inhalt zu stehen oder zu fallen.«
    »Zuerst muß die Handschrift als die des Verstorbenen identifiziert werden«, wandte der Großhofmeister ein.
    Die gierigen Bleistifte der Reporter rasten übers Papier. Der schmächtige junge Mann, der für die Daily Trumpet arbeitete, witterte einen Skandal bei den Oberen Zehntausend und leckte sich die Lippen, ohne zu ahnen, ein wieviel saftigerer Skandal ihm wegen einer knappen Minute entgangen war.
    Miss Lydia Cathcart wurde erneut aufgerufen, um die Handschrift zu identifizieren, und der Brief wurde dem Großhofmeister überreicht, der erklärte:
    »Der Brief ist französisch geschrieben. Wir müssen einen Dolmetscher vereidigen.«
    »Sie werden sehen«, sagte der Zeuge plötzlich, »daß die beiden Wortfragmente auf dem Löschblatt sich im Brief wiederfinden. Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten.«
    »Steht dieser Zeuge als Sachverständiger hier?« fragte Sir Wigmore grämlich.
    »Ganz recht«, sagte Lord Peter. »Nur sehen Sie, es kam doch für den guten Biggy sozusagen alles etwas plötzlich.
    Biggy und Wiggy,
zwei schöne Männer,
gingen zum Kadi
mitten im –«
    »Sir Impey, ich muß Sie wirklich bitten, Ihren Zeugen zur Ordnung zu rufen!«
    Lord Peter grinste, und es trat eine Pause ein, in der ein Dolmetscher herbeigeholt und vereidigt wurde. Dann endlich wurde inmitten atemloser Stille der Brief verlesen:
     
    »Riddlesdale Lodge
    Stapley, N. E. Yorks.
    le 13 Octobre, 1923
    Simone – Je viens de recevoir ta lettre. Que dire? Inutiles, les prières ou les reproches. Tu ne comprendras – tu ne liras même pas.
    N'ai-je pas toujours su, d'ailleurs, que tu devais infailliblement me trahir? Depuis dix ans déjà je souffre tous les tourments que puisse infliger la Jalousie. Je comprends bien que tu n'as jamais voulu me faire de la peine. C'est tout

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