Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen
Meinung darüber bilden, ob die Person, die den Leichnam zur Tür des Wintergartens geschleift habe, dies in der Absicht getan habe zu helfen oder etwa, um die Leiche in den Gartenbrunnen zu werfen, der sich, wie sie von Inspektor Craikes gehört hätten, unmittelbar bei der Fundstelle der Leiche befinde. Wenn die Geschworenen überzeugt seien, daß Cathcart ermordet worden sei, sich aber nicht imstande sähen, diesen Mord auf Grund der Beweislage einer bestimmten Person zur Last zu legen, könnten sie auf Mord durch Unbekannt erkennen; wenn sie sich hingegen in der Lage sähen, eine bestimmte Person dieses Verbrechens zu bezichtigen, so dürften sie sich durch ihren Respekt vor dieser Person oder diesen Personen nicht davon abhalten lassen, ihre Pflicht zu tun.
Angeleitet von diesen unübersehbaren Winken erhoben die Geschworenen, ohne besonders lange zu beraten, Anklage wegen vorsätzlichen Mordes gegen Gerald Herzog von Denver.
Die grünäugige Katze
»Und ein Schluck für den Hund mit der Nase am Grund –«
Drink, Puppy, drink
Es gibt Leute, für die das Frühstück die beste Mahlzeit des Tages ist. Andere, weniger robuste, halten es für die schlechteste, und das schlechteste von allen Frühstücken der Woche ist für sie das Sonntagmorgenfrühstück.
Von denen, die um den Frühstückstisch des Jagdhauses versammelt saßen, fand, nach ihren Gesichtern zu urteilen, keiner Gefallen an diesem Tag, der fälschlicherweise Tag der süßen Erquickung und heiligen Liebe genannt wurde. Der einzige am Tisch, der weder verärgert noch verlegen wirkte, war der Ehrenwerte Freddy Arbuthnot, der sich schweigend bemühte, dem Bückling auf seinem Teller die ganze Gräte auf einmal herauszunehmen. Allein das Vorhandensein eines so gewöhnlichen Fisches auf dem Frühstückstisch der Herzogin ließ auf einen leicht aus den Fugen geratenen Haushalt schließen.
Die Herzogin von Denver schenkte Kaffee ein. Das war eine ihrer ungemütlichen Angewohnheiten. Wer zu spät zum Frühstück erschien, bekam auf diese Weise seine Faulheit schmerzlich unter die Nase gerieben. Die Herzogin war eine Frau mit langem Hals und langem Rücken und hielt ihre Haare ebenso streng in Zucht wie ihre Kinder. Sie geriet nie in Verlegenheit, und das machte ihre Verärgerung, auch wenn sie nie sichtbar wurde, um so fühlbarer.
Oberst Marchbanks und seine Frau saßen nebeneinander. Das einzige Schöne an ihnen war ihre unerschütterliche Zuneigung füreinander. Mrs. Marchbanks war nicht verärgert, aber die Anwesenheit der Herzogin machte sie verlegen, weil sie kein Mitleid mit ihr haben konnte. Wenn ein Mensch einem leid tat, sagte man »armes Ding« oder »armer Kerl« zu ihm. Da man nun aber zur Herzogin nicht gut »armes Ding« sagen konnte, bemitleidete man sie eben auch nicht so, wie es sich gehörte. Das bekümmerte Mrs. Marchbanks. Der Oberst war sowohl verärgert als verlegen – verlegen, weil man, meiner Seel, in einem Haus, wo der Gastgeber wegen Mordes verhaftet worden war, wirklich nicht wußte, was man reden sollte; verärgert war er ohne bestimmten Grund, mehr wie ein gereiztes Tier, weil solche Dinge nun einmal nicht mitten in der Jagdsaison zu passieren hatten.
Mrs. Pettigrew-Robinson war nicht nur verärgert, sie war empört. Als junges Mädchen hatte sie sich bereits das Motto auf dem Schreibpapier ihrer Schule zu eigen gemacht: Quaecunque honesta . Sie hatte es schon immer als unschicklich empfunden, sich an Dingen aufzuhalten , die nicht wirklich schön waren. Und nun, in der Lebensmitte, ignorierte sie immer noch geflissentlich solche Zeitungsmeldungen, die Überschriften wie ANGRIFF AUF LEHRER IN CRICKLEWOOD, TOD IM BIERGLAS, 75 £ FÜR EINEN KUSS oder SIE NANNTE IHN KNUBBELCHEN trugen. Sie sagte, sie sehe nicht, wozu es gut sei, so etwas zu wissen. Jetzt bedauerte sie, daß sie dem Besuch in Riddlesdale Lodge in Abwesenheit der Herzogin zugestimmt hatte. Lady Mary hatte sie noch nie leiden können; sie war in ihren Augen ein höchst unerfreuliches Exemplar der modernen, unabhängigen jungen Frau; außerdem hatte es doch da so eine unwürdige Geschichte mit einem Bolschewisten gegeben, als Lady Mary sich während des Krieges in London als Krankenschwester betätigt hatte. Auch für Hauptmann Cathcart hatte Mrs. Pettigrew-Robinson nie viel übriggehabt. Sie mochte so auffallend gut aussehende Männer nicht. Aber Mr. Pettigrew-Robinson hatte unbedingt nach Riddlesdale kommen wollen, und da war ihr Platz natürlich an seiner
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