Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen
Seite. Den unerfreulichen Ausgang konnte man ihr jedenfalls nicht vorhalten.
Mr. Pettigrew-Robinson war einfach deshalb verärgert, weil dieser Kriminalbeamte von Scotland Yard seine Hilfe bei der Spurensuche im Haus und Garten nicht angenommen hatte. Als älterer Herr mit einiger Erfahrung in diesen Dingen (Mr. Pettigrew-Robinson war Friedensrichter) hatte er sich wahrhaftig tief herabgelassen, als er sich dem jungen Mann zur Verfügung stellte. Der aber war ihm nicht nur über den Mund gefahren, er hatte ihn sogar barsch aus dem Wintergarten gewiesen, wo er (Mr. Pettigrew-Robinson) den Vorfall aus Lady Marys Sichtwinkel hatte rekonstruieren wollen.
Alle diese Peinlichkeiten und Ärgernisse hätten nun der Jagdgesellschaft weniger Kummer bereitet, wären sie nicht noch verschlimmert worden durch die ständige Anwesenheit dieses Kriminalbeamten, eines stillen jungen Mannes im Tweedanzug, der am einen Ende des Tisches neben Mr. Murbles, dem Rechtsbeistand der Familie, saß und Curry aß. Der Mann war am Freitag aus London gekommen, hatte der hiesigen Polizei dreingeredet und sich entschieden von Inspektor Craikes' Ansichten distanziert. Vor Gericht hatte er Informationen zurückgehalten, die, wenn er sie preisgegeben hätte, vielleicht die Verhaftung des Herzogs hätten verhindern können. Dann hatte er die unglückliche Jagdgesellschaft amtlich mit der Begründung hier festgehalten, er wolle sich jeden noch einmal einzeln vornehmen, wodurch sie gezwungen waren, einen ganzen gräßlichen Sonntag in drangvoller Enge miteinander zu verbringen; und all diesen Missetaten hatte er dann noch die Krone aufgesetzt, indem er sich als enger Freund Lord Peter Wimseys entpuppte, dem man infolgedessen auch noch ein Bett im Haus des Wildhüters und Frühstück im Jagdhaus anbieten mußte.
Mr. Murbles, ein älterer Herr mit empfindlichem Magen, war am Donnerstagabend eilends hergekommen. Er fand die gerichtliche Voruntersuchung unzulänglich geleitet und seinen Mandanten ganz und gar unmöglich. Die ganze Zeit hatte er verzweifelt versucht, Sir Impey Biggs zu erreichen, aber der Kronanwalt war übers Wochenende verreist und hatte keine Adresse hinterlassen. Mr. Murbles knabberte ein wenig trockenen Toast und war nicht abgeneigt, den Kriminalbeamten, der ihn respektvoll mit »Sir« anredete und ihm die Butter reichte, sympathisch zu finden.
»Möchte jemand in die Kirche gehen?« fragte die Herzogin.
»Theodore und ich würden gern hinfahren«, sagte Mrs. Pettigrew-Robinson, »wenn es nicht zu viele Umstände macht; wir könnten aber auch zu Fuß gehen. So sehr weit ist es ja auch nicht.«
»Gute zweieinhalb Meilen«, warf Oberst Marchbanks ein.
Mr. Pettigrew-Robinson schenkte ihm einen dankbaren Blick.
»Natürlich fahren Sie im Wagen mit«, sagte die Herzogin. »Ich gehe ja selbst.«
»Was, das wollen Sie wirklich?« fragte der Ehrenwerte Freddy. »Ich meine, wird man Sie da nicht ein bißchen anstarren und so?«
»Bitte, Freddy«, antwortete die Herzogin, »spielt das denn eine Rolle?«
»Nun«, sagte der Ehrenwerte Freddy, »ich meine ja nur, das sind hier doch lauter Sozialisten und Methodisten ...«
»Wenn sie Methodisten sind«, erklärte Mrs. Pettigrew-Robinson, »werden sie nicht in der Kirche sein.«
»Wirklich nicht?« entgegnete der Ehrenwerte Freddy. »Verlassen Sie sich darauf, daß sie da sind, wenn es was zu sehen gibt. Das ist für die doch schöner als ein Begräbnis.«
»Auf jeden Fall«, stellte Mrs. Pettigrew-Robinson fest, »hat man in diesen Dingen eine Pflicht und darf auf seine persönlichen Gefühle keine Rücksicht nehmen – besonders heutzutage, wo die Leute so furchtbar lasch sind.«
Dabei sah sie den Ehrenwerten Freddy an.
»Oh, kümmern Sie sich nicht um mich«, entgegnete dieser junge Mann liebenswürdig. »Ich will ja nur sagen, wenn diese Tölpel Ihnen dumm kommen, machen Sie mir keine Vorwürfe.«
»Wer spricht denn davon, Ihnen Vorwürfe zu machen, Freddy?« meinte die Herzogin.
»Nur so eine Redensart«, sagte der Ehrenwerte Freddy.
»Was meinen Sie dazu, Mr. Murbles?« erkundigte sich die Herzogin.
»Ich meine«, sagte der Anwalt, indem er bedächtig seinen Kaffee umrührte, »daß Ihre Absicht durchaus bewundernswert ist und Ihnen sehr zur Ehre gereicht, liebe gnädige Frau, aber Mr. Arbuthnot hat auch recht, wenn er sagt, daß Sie sich der Gefahr eines – äh – unerfreulichen Aufsehens aussetzen. Ich – äh – bin immer ein aufrichtiger Christ gewesen, aber ich kann
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