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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gemacht, den Fleck mit Wasser und Seife selbst zu entfernen. Daraus können wir, glaube ich, schließen, daß Mary um die Existenz des Flecks wußte und seine Entdeckung verhindern wollte. Sie hat Ellen erzählt, das Blut stamme von einem Waldhuhn – was eine bewußte Unwahrheit gewesen sein muß.«
    »Vielleicht«, sagte Parker in dem hoffnungslosen Bemühen, doch noch etwas für Lady Mary zu retten, »hat sie auch nur gesagt: ›Ach', da muß so ein Vogel geblutet haben!‹ oder etwas in der Art.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Peter, »daß man einen so großen Flecken Menschenblut an seine Kleider bekommen kann, ohne zu wissen, was es ist. Sie muß sich ja richtig hineingekniet haben. Der Fleck war acht bis zehn Zentimeter im Durchmesser.«
    Parker schüttelte verzweifelt den Kopf und tröstete sich, indem er sich eine Notiz machte.
    »Gut, also«, fuhr Peter fort, »am Mittwochabend kommen alle nach Hause, essen und gehen zu Bett, außer Cathcart, der aus dem Haus rennt und draußen bleibt. Um zehn vor zwölf hört Hardraw, der Wildhüter, einen Schuß, der durchaus auf der Lichtung gefallen sein könnte, auf der sich – nun gut, sagen wir das Unglück ereignet hat. Diese Zeit stimmt auch mit der Aussage des Arztes überein, wonach Cathcart schon drei bis vier Stunden tot war, als er ihn um halb fünf untersuchte. Schön. Nun kommt also um drei Uhr morgens Jerry von irgendwoher nach Hause und findet die Leiche. Während er sich darüberbeugt, kommt wie gerufen Mary aus dem Haus, angetan mit Mantel, Mütze und Straßenschuhen. Was erzählt sie nun? Sie sagt, sie sei um drei Uhr von einem Schuß geweckt worden. Nun hat aber außer ihr niemand diesen Schuß gehört, und wir haben die Aussage von Mrs. Pettigrew-Robinson, die im Zimmer nebenan schlief, nach uralter Gewohnheit bei offenem Fenster, und sie will ab zwei Uhr bis kurz nach drei, als Alarm geschlagen wurde, wachgelegen und keinen Schuß gehört haben. Laut Mary war der Schuß so laut, daß er sie auf der anderen Seite des Hauses aufgeweckt hat. Es ist doch merkwürdig, nicht wahr, daß jemand, der bereits wach war, mit solcher Bestimmtheit angibt, kein Geräusch vernommen zu haben, das laut genug gewesen wäre, um einen gesunden jungen Schläfer im Zimmer nebenan aufzuwecken. Jedenfalls, selbst wenn das der Schuß gewesen wäre, der Cathcart getötet hat, hätte er kaum schon tot sein können, als mein Bruder ihn fand – und in diesem Falle würde sich auch wieder die Frage stellen, wie dann noch Zeit geblieben wäre, ihn vom Gebüsch zum Wintergarten zu schleifen.«
    »Das haben wir doch alles schon durchgekaut«, sagte Parker mit allen Anzeichen des Widerwillens. »Und wir haben uns geeinigt, daß wir der Geschichte von dem Schuß keine Bedeutung beimessen können.«
    »Ich fürchte aber, wir müssen ihr sehr viel Bedeutung beimessen«, sagte Lord Peter ernst. »Also, und was tut nun Mary? Entweder hat sie den Schuß gehört –«
    »Es ist kein Schuß gefallen.«
    »Das weiß ich. Aber ich will den Unstimmigkeiten in ihrer Aussage auf den Grund gehen. Sie sagt, sie habe keinen Alarm geschlagen, weil sie geglaubt habe, es handle sich wahrscheinlich nur um Wilderer. Wenn es aber Wilderer gewesen wären, hätte es absolut keinen Sinn gehabt, hinunterzugehen und nachzusehen. Also sagt sie, sie habe geglaubt, es hätten auch Einbrecher sein können. Aber was zieht sie nun an, um hinunterzugehen und nach Einbrechern zu sehen? Was hättest du oder ich angezogen? Ich nehme an, wir hätten uns einen Morgenmantel übergeworfen und ein Paar leise Pantoffel über die Füße gestreift und vielleicht einen Feuerhaken oder einen Spazierstock in die Hand genommen – aber keine Straßenschuhe und Mantel und ausgerechnet auch noch eine Mütze!«
    »Es hat in der Nacht geregnet«, brummte Parker.
    »Mein lieber Freund, wenn du nach Einbrechern sehen willst, rechnest du im allgemeinen nicht damit, hinausgehen und sie im Garten herumscheuchen zu müssen. Dein erster Gedanke ist doch, daß sie ins Haus dringen, und du gehst hinunter, um sie von der Treppe aus oder hinter der Eßzimmertür hervor zu beobachten. Außerdem, versuch dir doch mal ein Mädchen von heute vorzustellen, das bei Wind und Wetter barhäuptig herumrennt, sich aber wohl die Zeit nimmt, zur Einbrecherjagd erst eine Mütze aufzusetzen – hol's der Kuckuck, Charles, das reimt sich einfach nicht! Und dann geht sie geradewegs zur Wintergartentür und stößt auf die Leiche, als ob sie von vornherein

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