Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen
Hier, wo schon so manches Rätsel entwirrt worden war, knisterte ein schönes Feuer im Kamin. Cathcart hatte vorm Feuer gesessen. Natürlich hatte er über ein Problem nachgegrübelt. Wenn Katzen vorm Feuer saßen und in die Flammen starrten, grübelten sie über Probleme nach. Wie eigenartig, daß er darauf nicht schon früher gekommen war. Wenn die grünäugige Katze vorm Feuer saß, versank man geradewegs in einen tiefen schwarzen, samtenen Beziehungsreichtum, der ungemein bedeutungsvoll war. Es war ein Genuß, so klar denken zu können, denn sonst wäre es schlimm gewesen, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten – und die schwarzen Sümpfe drehten sich so schnell Aber jetzt, da er die Formel wirklich gefunden hatte, würde er sie nie wieder vergessen. Der Zusammenhang war da – nah, voll und folgerichtig. »Des Glasbläsers Katze ist bomstabel«, sagte Mr. Parker laut und deutlich. »Ich bin entzückt, das zu hören«, antwortete Lord Peter mit freundlichem Grinsen. »Gut geschlafen, altes Haus?«
»Ich – wie?« sagte Mr. Parker. »He – was heißt hier geschlafen? Ich folge gerade einem äußerst wichtigen Gedanken, und jetzt hast du mich rausgebracht. Was war es noch? Katze – Katze – Katze –«
Er dachte angestrengt nach.
»Du hast gesagt: ›Des Glasbläsers Katze ist bomstabel‹«, erwiderte Peter. »Ein hinreißendes Wort; ich weiß nur nicht, was es heißt.«
»Bomstabel?« meinte Mr. Parker leicht errötend. »Bom – na schön, du magst recht haben – vielleicht war ich wirklich eingenickt. Aber weißt du, mir war, als ob ich eben den Schlüssel zu dem ganzen Problem gefunden hätte. Dieser Satz erschien mir außerordentlich wichtig. Sogar jetzt – nein, wenn ich es mir richtig überlege, scheint mir der Gedankengang doch nicht mehr ganz folgerichtig zu sein. Schade drum. Ich war mir gerade so erleuchtet vorgekommen.«
»Macht ja nichts«, sagte Lord Peter. »Eben erst zurück?«»Heute nacht übergesetzt. Gibt's was Neues?«»Jede Menge.«»Was Gutes dabei?«
»Nein.«
Parkers Blick kehrte zu den Fotos zurück.
»Ich glaub's nicht«, sagte er eigensinnig. »Ich will verflucht sein, wenn ich auch nur ein Wort davon glaube.«
»Ein Wort wovon?«
»Egal wovon.«
»Du wirst es glauben müssen, Charles – bis hierher«, sagte sein Freund sanft, indem er mit energischen kleinen Stopfbewegungen der Finger seine Pfeife mit Tabak füllte. »Ich sag ja nicht« – stopf – »daß Mary« – stopf – »Cathcart erschossen hat« – stopf, stopf – »aber sie hat gelogen« – stopf – »immer und immer wieder« – stopf, stopf – »Sie weiß, wer es war« – stopf – »sie hat damit gerechnet« – stopf – »und jetzt spielt sie krank und lügt, um den Kerl zu decken« – stopf – »und wir müssen sie zum Reden bringen.« Damit riß er ein Streichholz an und setzte mit einer Serie zorniger Paffer die Pfeife in Brand.
»Wenn du glauben kannst«, sagte Mr. Parker, nicht ohne Hitze, »daß diese Frau « – er zeigte auf die Fotos – »etwas mit dem Mord an Cathcart zu tun hat, dann können mir deine Beweise gestohlen bleiben, du – ach, zum Kuckuck. Wimsey, sie ist doch deine eigene Schwester.«
»Und Gerald ist mein Bruder«, sagte Wimsey ruhig. »Du glaubst hoffentlich nicht, daß mir die Geschichte Spaß macht. Aber ich finde, wir kommen sehr viel weiter, wenn wir uns zu beherrschen versuchen.«
»Tut mir furchtbar leid«, sagte Parker. »Ich weiß gar nicht, wieso ich mich so – danebenbenommen habe – nichts für ungut, altes Haus.«
»Das Beste, was wir tun können«, sagte Wimsey, »ist, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, und wenn sie noch so häßlich ist. Ich gebe gern zu, daß sie mir zeitweise wie ein richtiges Scheusal vorkommt.
Meine Mutter ist am Freitag nach Riddlesdale gekommen. Sie ist schnurstracks nach oben gegangen und hat sich Mary vorgenommen, während ich mich in der Diele herumgedrückt und die Katze geärgert habe und allen auf die Nerven gefallen bin. Du kennst das ja. Kurz darauf kommt der alte Dr. Thorpe. Ich hab mich oben über der Treppe auf die Truhe gesetzt. Wenig später läutet es, und Ellen kommt herauf. Mutter und Thorpe kommen heraus und fangen sie vor Marys Zimmer ab. Sie diskutieren eine ganze Weile herum, und schon kommt meine Mutter mit stampfenden Absätzen und zornig tanzenden Ohrringen den Flur entlanggebraust, Richtung Bad. Ich schleiche hinterher, kann aber nichts sehen, weil sie alle in der Tür stehen, doch dann
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