Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
höre ich meine Mutter sagen: ›Na, bitte, was hab ich gesagt?‹ Darauf Ellen: ›Himmel, Euer Gnaden, wer hätte denn das gedacht?‹ Darauf wieder meine Mutter: ›Ich kann nur sagen, wenn ich auf Leute wie euch angewiesen wäre, die aufpassen sollten, daß ich nicht mit Arsen vergiftet werde oder mit diesem anderen Zeug, das so ähnlich heißt wie Anemonen* – Sie wissen sicher, was ich meine –, womit dieser sehr gutaussehende Mann mit dem lächerlichen Bart seine Frau und seine Schwiegermutter beseitigt hat (die übrigens bei weitem die hübschere von beiden war, armes Ding), dann wäre ich jetzt wohl schon längst von Dr. Spilsbury aufgeschnitten und analysiert – eine schrecklich unangenehme Arbeit muß das sein für den armen Mann, und dann erst die armen Kaninchen.‹« Wimsey machte eine Atempause, und Parker mußte trotz seiner Sorgen lachen.
    »Die genauen Worte kann ich nicht beschwören«, sagte Wimsey, »aber so was Ähnliches war's – du kennst ja den Redestil meiner Mutter. Der alte Thorpe versuchte würdevoll dreinzublicken, aber Mutter plusterte sich auf wie eine kleine Henne und meinte, indem sie ihn empört beäugte: ›Zu meiner Zeit haben wir so etwas Hysterie und Ungezogenheit genannt. Wir haben uns von jungen Mädchen nicht derart hinters Licht führen lassen. Ich vermute, Sie nennen das jetzt Neurose oder unterdrückte Triebe oder einen Reflex und möchten es am liebsten hegen und pflegen. Sie hätten zugesehen, wie das dumme Kind sich noch wirklich krank gemacht hätte. Ihr seid allesamt einfach zum Lachen und könnt nicht besser auf euch aufpassen als kleine Kinder – wobei es ja genug solch arme kleine Dinger in den Slums gibt, die für die ganze Familie sorgen müssen und dabei mehr Verstand zeigen als ihr alle miteinander. Ich bin sehr böse auf Mary, weil sie sich so aufspielt, und man braucht gar kein Mitleid mit ihr zu haben.‹ Weißt du«, sagte Wimsey, »ich glaube, oft ist an dem, was eine Mutter sagt, sehr viel Wahres.«
    *Antimon? Die Herzoginwitwe muß an den Fall Dr. Pritchard gedacht haben.
    »Ich glaub's dir«, sagte Parker.
    »Na ja, ich habe meine Mutter dann beiseite genommen und sie gefragt, was eigentlich los war. Sie sagt, Mary habe ihr nichts über sich oder ihre Krankheit sagen wollen und nur gebeten, in Ruhe gelassen zu werden. Dann kam Thorpe und sprach von einem Nervenschock – sagte, er könne diese Übelkeitsanfälle nicht erklären und verstehe nicht, warum Marys Temperatur immer so auf und ab gehe. Mutter hat sich das angehört und gesagt, er solle doch gleich noch einmal die Temperatur kontrollieren. Was er auch tat, und währenddessen rief sie ihn zu sich zur Kommode. Aber schlau, wie sie ist, beobachtete sie Mary dabei im Spiegel und drehte sich genau in dem Moment um, als Mary dem Thermometer mit der Wärmflasche auf die Sprünge half.«
    »Ich werd verrückt!« sagte Parker.
    »Das hat Thorpe auch gesagt. Und Mutter hat geantwortet, wer so naiv sei und auf so einen plumpen Trick noch hereinfalle, der solle sich nicht als alter, erfahrener Hausarzt aufspielen. Dann hat sie das Mädchen nach den Übelkeitsanfällen ausgefragt – wann sie aufträten und wie oft, und ob das vor oder nach den Mahlzeiten sei und so weiter, und schließlich kriegte sie heraus, daß es meist kurz nach dem Frühstück sei, gelegentlich auch zu anderen Zeiten. Mutter sagt, sie habe zuerst auch nichts damit anfangen können, denn sie habe schon das ganze Zimmer nach Flaschen und dergleichen durchsucht, aber schließlich habe sie gefragt, wer denn immer das Bett mache; sie dachte nämlich, Mary könne vielleicht etwas unter der Matratze versteckt haben. Ellen sagte, meist mache sie es, während Mary ihr Bad nehme. ›Und wann ist das?‹ fragt meine Mutter. ›Kurz vorm Frühstück‹, plärrt das Mädchen. ›Gott steh euch bei, ihr Einfaltspinsel‹, sagt meine Mutter. ›Warum habt ihr mir das nicht gleich gesagt?‹ Darauf gingen sie dann alle ins Bad, und da stand friedlich auf dem Regal, zwischen Badesalz, Elliman's Öl, Puder, Zahnbürsten und so weiter die Familienflasche mit Brechwurzelsaft, Ipecacuanha – dreiviertel leer! Mutter sagt –stimmt, das hab ich dir schon erzählt. Übrigens, wie schreibst du Ipecacuanha?«
    Mr. Parker buchstabierte.
    »Hol dich doch –!« sagte Lord Peter. »Dabei hatte ich wirklich gedacht, diesmal hätte ich dich erwischt. Aber du hast sicher nachgesehen, bevor du hierherkamst. Kein anständiger Mensch weiß auswendig, wie man

Weitere Kostenlose Bücher