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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gewußt hätte, wo sie danach suchen müßte.«
    Parker schüttelte wieder den Kopf.
    »Nun, und dann sieht sie Gerald, der über Cathcart gebeugt steht. Und was sagt sie? Fragt sie erst, was los ist? Fragt sie, wer das ist? Nein, sie ruft: ›Mein Gott, Gerald, du hast ihn umgebracht‹, und dann erst sagt sie, wie im Nachhinein: ›Ach, das ist ja Denis! Was ist denn passiert? Ein Unfall?‹ Nun sag mal, ob dir das normal vorkommt.«
    »Nein. Aber mir kommt es so vor, als ob sie eben nur nicht damit gerechnet hätte, Cathcart dort zu finden, sondern jemand anders.«
    »So? Mir kommt es eher vor, als ob sie nur so getan hätte, als wüßte sie nicht, wer es war. Zuerst sagt sie: ›Du hast ihn umgebracht!‹ Und dann fällt ihr ein, daß sie ja eigentlich nicht wissen dürfte, wer ›er‹ ist, und sagt: ›Ach, das ist ja Denis!‹«
    »Auf jeden Fall hat sie aber, falls ihr erster Ausruf echt war, nicht damit gerechnet, ihn tot anzutreffen.«
    »Nein – nicht – das müssen wir uns merken. Der Tod war eine Überraschung. Sehr schön. Dann schickt Gerald sie Hilfe holen. Hier kommt nun ein Indiz ins Spiel, das du aufgeschnappt und mir mitgeteilt hast. Weißt du noch, was Mrs. Pettigrew-Robinson dir im Zug erzählt hat?«
    »Meinst du das mit der zuschlagenden Tür auf dem Korridor?«
    »Ja. Und nun will ich dir etwas erzählen, was mir neulich morgens passiert ist. Ich kam aus dem Bad gerauscht, wie ein Wirbelwind, du kennst mich ja, und knallte mit dem Schienbein gegen diese alte Truhe oben am Treppenaufgang – und klapp , ging der Deckel hoch und wieder zu. Das hat mich auf eine Idee gebracht, und ich hab mir gedacht, da sollte ich mal einen Blick hineinwerfen. Ich hatte gerade den Deckel hochgeklappt und besah mir die Laken und so weiter, die unten auf dem Boden der Truhe lagen, als ich plötzlich so etwas wieein Ächzen hörte, und da stand Mary neben mir und starrte mich an, weiß wie ein Gespenst. Mein Gott, sie hat mir einen schönen Schrecken eingejagt, aber das war gar nichts gegen den Schrecken, den ich ihr eingejagt haben muß. Na ja, sie hat jedenfalls kein Wort mit mir reden wollen und prompt einen hysterischen Anfall bekommen, und ich hab sie wieder in ihr Zimmer bugsiert. Aber ich hatte auf diesen Laken etwas gesehen.«
    »Was denn?«
    »Silbersand.«
    »Silber-?«
    »Erinnerst du dich noch an die Kakteen im Gewächshaus und die Stelle, wo jemand einen Koffer oder etwas dergleichen abgestellt hatte?«
    »Ja.«
    »Also, und da lag das Zeug massenhaft herum – du weißt ja, die Leute streuen das um bestimmte Zwiebeln herum und so.«
    »Und dieser Sand war auch in der Truhe?«
    »Ja. Aber warte mal ab. Nach dem Geräusch, das Mrs. Pettigrew-Robinson hörte, hat Mary zuerst Freddy und dann die Pettigrew-Robinsons aufgeweckt – und dann, was?«
    »Dann hat sie sich in ihr Zimmer eingeschlossen.«
    »Eben. Und kurz darauf ist sie zu den anderen hinuntergegangen in den Wintergarten, und von da an erinnern sich alle, gesehen zu haben, daß sie eine Mütze anhatte, einen Mantel über dem Pyjama und Straßenschuhe an den nackten Füßen.«
    »Willst du etwa sagen«, meinte Parker, »Lady Mary sei um drei Uhr schon wach und angezogen gewesen und mit ihrem Koffer zur Wintergartentür gegangen, um sich mit dem – dem Mörder ihres – zum Kuckuck, Wimsey!«
    »Soweit brauchen wir gar nicht zu gehen«, sagte Peter. »Wir haben uns ja schon geeinigt, daß sie nicht damit gerechnet hatte, Cathcart tot vorzufinden.«
    »Richtig. Also, sie ist hinuntergegangen, vermutlich um jemanden zu treffen.«
    »Sagen wir vorläufig, daß sie sich mit Schuhgröße 45 treffen wollte?« schlug Wimsey mit sanfter Stimme vor.
    »Warum nicht? Und als sie die Taschenlampe anknipste und den Herzog über Cathcart gebeugt stehen sah, hat sie gedacht – mein Gott, Wimsey, ich hatte also doch recht! Als sie sagte: ›Du hast ihn umgebracht!‹, da hat sie Schuhgröße 45 gemeint – sie hat geglaubt, der Tote sei Schuhgröße 45!«
    »Natürlich!« rief Wimsey. »Ich Trottel! Ja doch. Dann sagte sie: ›Das ist ja Denis – was ist denn passiert?‹ Vollkommen klar. Und was hat sie inzwischen mit dem Koffer gemacht?«
    »Jetzt sehe ich alles vor mir«, rief Parker. »Als sie sah, daß der Tote nicht Schuhgröße 45 war, ist ihr aufgegangen, daß Schuhgröße 45 der Mörder sein mußte. Es kam ihr also jetzt darauf an, niemanden merken zu lassen, daß Schuhgröße 45 dagewesen war. Darum hat sie den Koffer hinter die Kakteen

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