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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Ipecacuanha schreibt. Jedenfalls, wie du sagst, man sieht gleich, von welcher Seite der Familie der kriminalistische Instinkt kommt.«
    »Das hab ich gar nicht gesagt –«
    »Weiß ich. Und warum nicht? Ich finde, die Talente meiner Mutter verdienen ab und zu ein bißchen Anerkennung. Ich hab's jedenfalls zu ihr gesagt, und sie hat mit den bemerkenswerten Worten geantwortet: ›Mein lieber Junge, du kannst der Sache einen ellenlangen Namen geben, wenn du willst, aber als altmodische Frau, die ich bin, nenne ich es einfach Mutterwitz, und den hat ein Mann so selten, daß man, wenn er ihn hat, gleich Bücher über ihn schreibt und ihn Sherlock Holmes nennt.‹ Aber abgesehen davon hab ich zu meiner Mutter (unter vier Augen, versteht sich) auch noch gesagt: ›Das ist ja alles gut und schön, nur kann ich nicht glauben, daß Mary sich solche Mühe gibt, scheußlich krank zu werden und uns allen einen Schrecken einzujagen, nur um sich wichtig zu machen. So eine ist sie doch nun wirklich nicht.‹ Meine Mutter fixierte mich wie eine Eule und zählte mir eine ganze Reihe Beispiele von Hysterie auf, endend mit einem Dienstmädchen, das einmal irgend jemandes Haus mit Paraffin vollgespritzt haben soll, damit alle glaubten, es spuke – und zum Schluß meinte sie, wenn schon diese ganzen neumodischen Ärzte alles daransetzten, solche Sachen wie Unterbewußtsein und Kleptomanie und Komplexe und alle möglichen anderen Phantasienamen zu erfinden, um zu erklären, warum Menschen sich schlecht benähmen, könne man sich das ja auch zunutze machen.«
    »Wimsey«, sagte Parker sehr erregt, »soll das heißen, daß sie einen Verdacht hatte?«
    »Mein Lieber«, antwortete Lord Peter, »was es über Mary zu wissen gibt, indem man zwei und zwei zusammenzählt, das weiß meine Mutter, da kannst du sicher sein. Ich habe ihr alles erzählt, was wir bis dahin wußten, und sie hat alles auf ihre ulkige Art aufgenommen, die du ja kennst – ohne auf irgend etwas direkt zu antworten, und zum Schluß hat sie den Kopf schief gelegt und gemeint: ›Wenn Mary auf mich gehört und etwas Nützlicheres getan hätte als in dieses Freiwilligenhilfskorps zu gehen, wobei nie viel herausgekommen ist, wenn du mich fragst – nicht daß ich etwas Grundsätzliches gegen das Freiwilligenhilfskorps hätte, aber diese dumme Frau, unter der sie arbeiten mußte, war doch die fürchterlichste Pute unter Gottes Himmel –, und dabei gab es so viele weitaus vernünftigere Dinge, die Mary richtig gut hätten tun können, aber sie war ja so versessen darauf, nach London zu kommen – und ich bleibe dabei, daß an allem nur dieser alberne Club schuld war – was kann man schon von so einem Loch erwarten, wo man so schreckliches Zeug zu essen bekommt und zusammengepfercht in einem Keller mit rot angestrichenen Wänden sitzt und wo alles aus Leibeskräften durcheinanderschreit, und nie ein Abendanzug – nur sowjetische Jumper und Koteletten. Jedenfalls habe ich diesem dummen alten Kerl schon klargemacht, was er zu sagen hat, und auf eine bessere Erklärung wären die von sich aus nie gekommen.‹ Und weißt du«, sagte Peter, »ich glaube, wenn da einer anfangen sollte, neugierig zu werden, hätte er meine Mutter auf dem Hals wie eine Tonne Backsteine.«
    »Was glaubst du selbst denn nun wirklich?« fragte Parker.
    »Das Unerfreulichste habe ich dir ja noch gar nicht erzählt«, sagte Peter. »Ich hab's eben erst gehört und muß sagen, daß es mir einen häßlichen Schrecken versetzt hat. Gestern kriegte ich einen Brief von Lubbock, daß er mich sprechen wolle, und da bin ich hergekommen und heute morgen zu ihm gegangen. Du erinnerst dich, daß ich ihm einen Blutfleck geschickt hatte, den Bunter für mich von einem von Marys Röcken abgeschnitten hat? Ich hatte selbst schon einen Blick darauf geworfen, und weil mir die Sache nicht gefiel, habe ich ihn zu Lubbock geschickt, ex abundantia cautelae; und leider muß ich sagen, daß er meine Meinung bestätigt. Es ist Menschenblut, Charles, und ich fürchte, es stammt von Cathcart.«
    »Aber – jetzt habe ich ein bißchen den Faden verloren.«
    »Also, der Rock muß den Blutfleck an dem Tag abbekommen haben, als Cathcart – starb, denn das war der letzte Tag, an dem die Jagdgesellschaft im Moor war, und wenn der Fleck schon früher dagewesen wäre, hätte Ellen ihn weggemacht. Hinterher hat Mary sich mit allen Mitteln gegen Ellens Versuche gewehrt, den Rock zum Reinigen abzuholen, und sogar den stümperhaften Versuch

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