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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wenn es einmal einem Peer an den Kragen geht, weil er dabei so lächerlich wirkt, und das ganze Oberhaus ist schließlich lächerlich, oder? Aber eigentlich wär's mir schon lieber, wenn es der Bruder von jemand anderm wäre. Mary und ich waren immer gute Freunde, und Sie tun schließlich auch etwas, wenn Sie Verbrechen aufklären statt von Ihren Gütern zu leben und Vögel totzuschießen. Das ist ja doch ein kleiner Unterschied.«
    »Sehr nett von Ihnen«, sagte Peter, »und wenn Sie es jetzt noch über sich bringen könnten, das Mißgeschick meiner Geburt und meine übrigen Fehler zu übersehen, geben Sie mir vielleicht die Ehre, mit mir irgendwo einen Happen essen zu gehen, ja?«
    »Oh, das täte ich schrecklich gern«, rief Miss Tarrant voll Überschwang, »aber ich habe versprochen, heute abend im Club zu sein. Da ist um neun eine Versammlung. Mr. Coke – der Labour-Führer, wissen Sie – will über die Bekehrung von Heer und Marine zum Kommunismus sprechen. Wir rechnen mit einer Razzia, und bevor wir anfangen, gibt es eine große Jagd nach Spionen. Aber wissen Sie was, kommen Sie doch mit und essen Sie dort mit mir, und wenn Sie Lust haben, versuche ich Sie auch in die Versammlung zu schmuggeln, und dann werden Sie geschnappt und rausgeschmissen. Ich glaube ja, ich hätte Ihnen gar nichts davon erzählen dürfen, denn eigentlich sind Sie doch ein Erzfeind, aber ich kann Sie nicht wirklich für gefährlich halten.«
    »Ich denke, ich bin nur ein gewöhnlicher Kapitalist«, meinte Peter. »Höchst anstößig.«
    »Na ja, aber kommen Sie wenigstens zum Essen mit. Ich möchte so gern alle Neuigkeiten von Ihnen hören.«
    Peter überlegte, daß das Essen im Sowjet-Club wohl mehr als ungenießbar sein würde, und wollte schon eine Ausrede finden, als ihm einfiel, daß Miss Tarrant ihm vielleicht einiges über seine Schwester erzählen konnte, was er selbst nicht wußte, aber eigentlich wissen sollte. Also machte er aus der höflichen Ablehnung eine höfliche Annahme und wurde von Miss Tarrant, die ihm voraneilte, in stürmischem Tempo durch eine Reihe schmuddeliger Gassen auf kürzestem Weg in die Gerrard Street geführt, wo eine orangefarbene Tür, flankiert von zwei Fenstern mit knallroten Vorhängen, unmißverständlich den Sowjet-Club ankündigte.
    Der Sowjet-Club, mehr fürs freie Denken als fürs süße Leben eingerichtet, hatte jene merkwürdig amateurhafte Atmosphäre, die allen weltlichen Einrichtungen anhaftet, die von weltfremden Menschen erdacht werden. Peter konnte nicht genau sagen, warum ihn das Ganze an einen Missionstee erinnerte – es sei denn, daß alle Clubmitglieder so aussahen, als ob sie ein Ziel im Leben verfolgten, und daß die Bedienung ziemlich dürftig ausgebildet zu sein schien, dafür aber um so deutlicher in Erscheinung trat. Wimsey sagte sich, daß er in so einer demokratischen Institution kaum vom Personal jenen Ausdruck der Überlegenheit erwarten durfte, der die Bediensteten in einem Westend-Club auszuzeichnen pflegte. Zumindest waren sie bestimmt nicht solche Kapitalisten. Unten im Speisesaal wurde der Eindruck eines Missionstees noch verstärkt durch die überheizte Atmosphäre, das Stimmengewirr und die merkwürdige Unzweckmäßigkeit der Bestecke. Miss Tarrant ergatterte zwei Plätze an einem reichlich krümelbedeckten Tisch in der Nähe der Essensdurchreiche, und Peter zwängte sich mit einigen Schwierigkeiten neben einen sehr großen, kraushaarigen Mann in einer Samtjacke, der sich ernst mit einer mageren, lebhaften jungen Frau unterhielt, die zu einer russischen Bluse venezianische Perlen, einen ungarischen Schal und einen spanischen Kamm trug und aussah wie die personifizierte Einheitsfront der Internationale.
    Lord Peter wollte seine Gastgeberin mit einer Frage nach dem großen Mr. Coke erfreuen, wurde aber mit einem erregten »Pssst!« zur Ordnung gerufen.
    »Bitte nicht so laut«, sagte Miss Tarrant und beugte sich so weit zu ihm herüber, daß ihr roter Haarschopf ihn an den Augenbrauen kitzelte. »Das ist doch streng geheim.«
    »Tut mir furchtbar leid«, entschuldigte sich Wimsey. »Passen Sie auf, Sie tunken ihre hübschen kleinen Perlen in die Suppe.«
    »Nein, wirklich?« rief Miss Tarrant, indem sie sich eilig zurückzog. »Danke, danke vielmals. Dabei sind sie nicht einmal farbecht. Hoffentlich ist kein Arsen oder so etwas drin.« Dann beugte sie sich wieder vor und flüsterte heiser: »Die Frau neben mir ist Erica Heath-Warburton – die Schriftstellerin, Sie

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