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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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hat.«
    »Es ist also dasselbe, wenn ich es Ihnen sage?«
    »Vollkommen dasselbe. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mir die Ehre Ihres Vertrauens zu schenken –«
    »Einen Augenblick noch, Mr. Parker. Ich bin in einer schwierigen Lage. Ich weiß nicht so recht, was ich – könnten Sie mir zuerst sagen, wie weit Sie sind – was Sie bisher schon herausbekommen haben?«
    Mr. Parker war ein wenig bestürzt. Obwohl Lady Marys Gesicht seit der Untersuchungsverhandlung seine Phantasie beschäftigte, und obwohl der Aufruhr seiner Gefühle im Laufe dieses romantischen Zwiegesprächs auf den Siedepunkt gestiegen war, hatte sein Berufsinstinkt, der ihn zur Vorsicht mahnte, ihn doch noch nicht ganz verlassen. Immerhin hatte er Beweise für Lady Marys Mittäterschaft bei dem Verbrechen, wie auch immer diese aussah, und so weit vergaß er sich denn doch nicht, daß er gleich seine sämtlichen Karten aufgedeckt hätte.
    »Ich fürchte«, sagte er, »das kann ich Ihnen nicht alles sagen. Sehen Sie, vieles von dem, was wir in Händen haben, ist bisher nur ein Verdacht. Womöglich täte ich, ohne es zu wollen, einem Unschuldigen großes Unrecht.«
    »Sie haben also gegen jemanden einen ganz bestimmten Verdacht?«
    »Wir haben ganz bestimmt jemanden im Verdacht«, antwortete Parker lächelnd. »Aber wenn Sie uns etwas sagen können, was Licht in die Sache bringt, bitte ich Sie, zu sprechen. Wir verdächtigen vielleicht einen ganz Falschen.«
    »Das würde mich nicht wundern«, meinte Lady Mary mit einem kurzen, nervösen Lachen. Ihre Hände gingen zum Tisch und begannen die orangefarbene Decke in Falten zu legen. »Was wollen Sie wissen?« fragte sie plötzlich in ganz anderem Ton.
    Parker bemerkte deutlich eine Verhärtung in ihrem Wesen – eine gewisse Starre und Wachsamkeit.
    Er klappte sein Notizbuch auf, und während er mit der Vernehmung begann, ließ auch seine Nervosität nach; die Amtshandlung gab ihm Rückhalt.
    »Sie waren vorigen Februar in Paris?«
    Lady Mary bejahte.
    »Erinnern Sie sich, daß Sie mit Hauptmann Cathcart – ach, übrigens, ich nehme an, Sie sprechen Französisch?«
    »Ja. Fließend.«
    »So gut wie Ihr Bruder? Praktisch ohne Akzent?«
    »So gut wie er. Wir hatten als Kinder immer französische Gouvernanten, und Mutter legte großen Wert darauf.«
    »Aha. Nun, erinnern Sie sich also, am 6. Februar mit Hauptmann Cathcart in ein Juweliergeschäft in der Rue de la Paix gegangen zu sein und dort einen brillantbesetzten Schildpattkamm und eine Platinkatze mit Brillanten und Smaragdaugen gekauft zu haben – beziehungsweise von ihm kaufen zu lassen?«
    Er bemerkte ein Lauern im Blick der jungen Frau.
    »Ist das die Katze, nach der Sie sich in Riddlesdale erkundigt haben?« fragte sie.
    Da es sich ohnehin nie auszahlte, Offenkundiges zu leugnen, antwortete Parker: »Ja.«
    »Sie wurde im Gebüsch gefunden, nicht?«
    »Haben Sie sie da verloren? Oder gehörte sie Cathcart?«
    »Wenn ich nun sagte, es sei die seine gewesen –«
    »Wäre ich bereit, Ihnen zu glauben. War es seine?«
    »Nein –« ein tiefer Seufzer – »sie gehörte mir.«
    »Wann ist sie Ihnen abhanden gekommen?«
    »In der bewußten Nacht.«
    »Wo?«
    »Ich nehme an, im Gebüsch. Dort, wo Sie sie gefunden haben. Ich habe sie erst später vermißt.«
    »Ist es dieselbe, die Sie in Paris gekauft haben?«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie zuerst gesagt, es sei nicht die Ihre?«
    »Ich hatte Angst.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt will ich die Wahrheit sagen.«
    Parker sah sie wieder an. Sie begegnete seinem Blick ganz offen, hatte aber etwas Angespanntes in ihrer Art, das zeigte, wieviel Mühe sie dieser Entschluß gekostet haben mußte.
    »Nun gut«, sagte Parker, »darüber werden wir uns sicherlich alle freuen, denn ich glaube, bei der Untersuchungsverhandlung haben Sie in dem einen oder anderen Punkt nicht die Wahrheit gesagt, oder?«
    »Das stimmt.«
    »Glauben Sie mir«, sagte Parker, »daß ich es bedaure, diese Fragen stellen zu müssen. Aber die schreckliche Lage, in der Ihr Bruder sich befindet –«
    »Und in die ich ihn mit hineingebracht habe.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber ich. Ich habe dazu beigetragen, daß er ins Gefängnis mußte. Streiten Sie es nicht ab, denn es ist so.«
    »Nun gut«, sagte Parker, »aber beruhigen Sie sich. Es ist ja noch Zeit, alles wieder in Ordnung zu bringen. Soll ich fortfahren?«
    »Ja.«
    »Also, Lady Mary, das mit dem Schuß um drei Uhr morgens stimmte doch nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Haben Sie

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