Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk
da war er völlig in Ordnung – nur betrunken. Ich bin um 23.30 – oder es mag auch 23.45 gewesen sein – fortgefahren. Einen Koffer habe ich mitgebracht und einen wieder mit fortgenommen. Diesen hier, und wenn jemand etwas anderes behauptet, dann lügt er. Wenn ich einen Mord begangen hätte, glauben Sie, ich wäre, wie angekündigt, nach Pettiford gefahren und hätte beim Frühstück in den ›Vier Glocken‹ abgewartet, bis Sie mich schnappen?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Mr. Birch. »Kannten Sie diesen Wagstaffe?«
Die zornigen Augen fuhren nervös hin und her.
»Ich bin ihm schon mal begegnet«, erwiderte er.
»Man sagt, Sie hätten sich mit ihm gestritten.«
»Nun – er war betrunken und wurde unangenehm. Das war auch ein Grund, weshalb ich weiterfuhr.«
»Aha.« Der Inspektor blätterte in den Briefen, die aus den Taschen des Toten stammten.
»Ihr Name ist Archibald, nicht wahr? Haben Sie eine Schwester Edith? – He, Finger weg!«
Slater hatte blitzschnell versucht, Birch den Brief zu entreißen.
»Na, ich will es Ihnen ruhig sagen«, bekannte er. »Wagstaffe war ein schmutziger Schuft. Thorne ist der Name, unter dem wir ihn kannten, und meine Schwester ist seine Frau – oder glaubte es wenigstens zu sein, bis es sich herausstellte, daß er unter einem anderen Namen mit einer anderen Frau verheiratet war, dieser gemeine Halunke. Sie haben geheiratet, während ich im Norden Englands war, und ich erfuhr erst davon, als ich in diesem Bezirk arbeitete. Er ist mir sorgfältig aus dem Weg gegangen – bis gestern abend. Ich konnte ihm natürlich nichts anhaben, sondern nur versuchen, ihn zur Zahlung von Alimenten für das Kind zu bewegen, und schließlich erklärte er sich auch dazu bereit. Ich … Sehen Sie, Inspektor, mir ist durchaus klar, daß die Sache schlecht für mich aussieht, aber …«
»Heda!« rief Monty. »Vergessen Sie nicht die Uhr. Sie wird gleich schlagen.«
»Ja«, sagte der Inspektor. »Die Zeiger standen auf zehn nach elf, als die Uhr bei dem Ringkampf umgestoßen wurde. Um zwanzig nach hatten Sie das Haus verlassen. Wenn die Uhr jetzt eins schlägt, wissen wir, daß sie zurückgestellt worden ist – schlägt sie aber zwölf, dann sagt sie die Wahrheit, und Sie sitzen in der Patsche.«
Das Gehäuse stand offen. Beim ersten Schlag des Hammers starrten alle wie gebannt auf das Schlaggewicht, als es sich von seinem jetzigen Platz – sieben bis zehn Zentimeter unter dem anderen – langsam abwärts bewegte.
Die Uhr schlug zwölf.
»Da sind wir jedenfalls einen Schritt weiter«, sagte Mr. Birch grimmig.
»Es ist nicht wahr!« schrie Slater aufgeregt. Dann fügte er besonnener hinzu: »Der Mann kann nach meiner Abfahrt getötet worden sein, aber noch vor Mitternacht, und die Zeiger können um eine Dreiviertelstunde zurückgeschoben worden sein.«
Während der Inspektor überlegte, ließ sich Monty hören: »Entschuldigung, Inspektor, aber mir ist gerade etwas aufgefallen. Beim Schlag zwölf legt dieses Gewicht die größte Strecke zurück, und es ist kaum mehr als einen Zentimeter gefallen. Wie kommt es nun, daß es so tief unter dem Triebgewicht hängt? Sehen Sie, worauf ich hinauswill? Während der langen Schlagzeiten von sechs bis zwölf senkt sich das Schlaggewicht mehr als das Triebgewicht und hängt darunter, aber während der kurzen Schlagzeiten wird es vom Triebgewicht wieder eingeholt, so daß – meiner Erfahrung nach jedenfalls – bei einer Achttageuhr niemals mehr als etwas über einen Zentimeter Spielraum zwischen den beiden Gewichten ist, und zum Schluß hängen sie in gleicher Höhe. Wieso ist nun dieser Bursche seinem Gefährten so weit vorausgelaufen?«
»Nachlässig aufgezogen«, meinte der Inspektor.
»Entweder das«, sagte Monty, »oder aber man hat die Uhr elf Stunden vorgeschoben. Das ist die einzige Möglichkeit, eine schlagende Uhr zurückzustellen, wenn man nicht den Verstand hat, das Schlaggewicht ganz abzunehmen, und die meisten Leute denken nicht daran.«
»Herrje!« stieß Mr. Birch hervor. »Das soll mal einer wissen. Wer zieht diese Uhr auf? Wir fragen am besten Mr. Rudd.«
»Ihn würde ich nicht fragen. Verzeihen Sie die Einmischung«, sagte Mr. Egg nachdenklich.
»Oh!« sagte Mr. Birch. »Aha, ich verstehe.« Er zupfte an seinem Schnurrbart. »Warten Sie mal. Ich hab’s.«
Mit diesen Worten stürzte er hinaus und kehrte bald mit einem etwa vierzehnjährigen Jungen zurück.
»Na, mein Sohn, wer zieht denn hier die
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