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Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Titel: Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L Sayers
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pflegte er zu sagen. »Das geht jedem Künstler so. Aber ich habe eine zwanzigjährige Bühnenerfahrung hinter mir, und das zählt. Sie glauben nicht, daß ich recht habe – mein lieber Scales, es würde mir an Ihrer Stelle genauso gehen. Ich bin Ihnen dankbar für die glänzende Arbeit, die Sie leisten, und ich weiß, Sie werden es nicht bereuen. Machen Sie sich keine Gedanken. Alle jungen Autoren stoßen auf dieselben Schwierigkeiten. Eine reine Frage der Erfahrung.«
    Es war hoffnungslos. In seiner Verzweiflung hatte Scales einen Agenten konsultiert, der darauf hinwies, daß es jetzt zu spät sei, den Kontrakt zu ändern. »Im übrigen ein fairer Kontrakt«, meinte er. »Drury hat immer einen guten Namen gehabt. Diese Änderungen sind natürlich ärgerlich, aber es ist schließlich Ihr erstes Stück, und Sie können sich glücklich preisen, daß Sie bei ihm gelandet sind. Er kennt das Westend-Publikum. Sind Sie erst mal durch ihn angekommen, können Sie die Bedingungen stellen.«
    Ja, natürlich, dachte Scales, allen gegenüber, die solche Stücke wünschen. Und bei denen, die ernsthaftes Theater spielen, bin ich ein für allemal unten durch. Das schlimmste war, daß sowohl der Agent wie der Theaterdirektor der Ansicht waren, daß seine Besorgnis um seine eigene geistige Unbescholtenheit gar nicht zählte – daß er sich ganz aufrichtig mit seinen Tantiemen trösten würde.
    Am Ende der ersten Woche brachte Garrick Drury dies zum Ausdruck. Seine »Erfahrung« war durch die Einnahmen bestätigt worden. »Letzten Endes ist die Kasse der eigentliche Wertmesser«, bemerkte er. »Ich sage das nicht von einem kommerziellen Standpunkt aus. Ich wäre immer bereit, ein Stück zu bringen, an das ich als Künstler glaube, selbst wenn ich dabei Geld zusetzen müßte. Aber wenn die Kasse glücklich ist, bedeutet es, daß das Publikum glücklich ist. Die Kasse ist der Puls des Publikums.«
    John Scales konnte das nicht einsehen. Auch seine Freunde nicht, die einfach annahmen, er habe sich verkauft. Mit der Zeit wurde ihm klar, daß das Stück wie ein Sirupstrom unaufhaltsam weiterlaufen würde. Es war sinnlos zu hoffen, daß das Publikum sich dagegen auflehnen würde. Wahrscheinlich hatten sie es durchschaut. Ebenso wie die Kritiker. Die glorreiche Gestalt von Garrick Drury verhinderte jedoch den wohlverdienten Zusammenbruch. »Dieses klapperige Stück«, schrieb das Sunday Echo , »wird nur durch Garrick Drurys glänzendes Spiel zusammengehalten.« – »Trotz seiner Süßholzraspelei«, hieß es im LookerOn , »stellt Bitterer Lorbeer einen persönlichen Triumph für Garrick Drury dar.« – »Mr. John Scales«, äußerte sich der Daily Messenger , »hat seine Situationen mit großem Geschick so aufgebaut, daß sie Garrick Drurys Talente am vorteilhaftesten zur Geltung bringen, und das ist ein sicheres Erfolgsrezept. Wir prophezeien dem Stück Bitterer Lorbeer eine lange Laufzeit.«
    Es war kein Ende abzusehen. Wenn Drury krank würde oder stürbe oder sein gutes Aussehen, seine Stimme verlöre oder seine Popularität einbüßte, dann könnte dieses widerliche Stück vielleicht begraben und vergessen werden. Aber Garrick Drury blühte und gedieh und bezauberte das Publikum, und das Stück lief. Später folgten dann die Aufführungen auf den Provinzbühnen (von Mr. Drury kontrolliert) und die Filmrechte (in großem Umfang von Mr. Drury kontrolliert) und die Radiorechte und weiß der Himmel, was sonst noch. Und Mr. Scales blieb nichts anderes übrig, als den Sold der Sünde einzustecken und Mr. Drury zu verfluchen, der sein Werk auf so angenehme Weise ruiniert, seinen Ruf vernichtet, ihm seine Freunde entfremdet, ihn der Verachtung der Kritiker ausgesetzt und ihn zum Verrat an seiner eigenen Seele gezwungen hatte.
    Wenn ein Mann in London atmete, den John Scale gern tot gesehen hätte, so war es Garrick Drury, dem er (wie er tagtäglich zugeben mußte) so viel verdankte. Und doch war Drury ein wirklich charmanter Kerl. Zuweilen ging dieser Charme dem Autor so sehr auf die Nerven, daß er Mr. Drury schon um seines Charmes willen hätte erschlagen können.
    Doch als der Augenblick kam, in der Nacht vom 15. zum 16. April, konnte von einem Vorsatz nicht die Rede sein. Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Es passierte einfach.
    Es war fast ein Uhr morgens, als sie die Leute vom Film endlich loswurden. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung stimmte Scales, wie üblich, einer Reihe von Dingen zu, die er nicht billigte, aber auch

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