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Sayuri

Sayuri

Titel: Sayuri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bargmann
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tiefe Atemzüge zu tun.
    Der Halbmensch war von Natur aus schmal, doch nun wirkte er eingefallen und in sich zusammengesunken. »Wir haben vermutlich noch eine Woche«, wich er Milans Frage aus. »Dann stirbt sie, wenn sie zu keiner der Quellen gelangt, um sich an ihnen zu stärken.«
    »Welche Quellen?«, fragte Milan ruhig, als könnte er alleine mit diesem Wissen Sayuri vor ihrem Tod bewahren.
    »Ein Weg durch die Wüste ist unmöglich«, mischte sich Yuuka ein, die sich vor dem Zelt in eine Sandkuhle gelegt hatte.
    Marje sah, wie Suieen den Mund öffnete, um zu widersprechen, aber die Raubkatze schüttelte entschieden den Kopf. »Der Weg ist zu weit und zu anstrengend.«
    »Welche Quelle?« Kiyoshi wiederholte Milans Frage.
    »Die Quelle des Kaisers«, antwortete Suieen leise. »In der Stadt.«
    Marje spürte einen galligen Geschmack in ihrem Mund und schluckte hastig. »Dann müssen wir sie zurückbringen«, sagte sie entschlossen, obwohl sich ihr bei dem Gedanken daran, dorthin zurückzukehren, die Kehle zuschnürte.
    Immerhin waren sie nicht gebrandmarkt. Somit erschien es nicht gänzlich unmöglich, Sayuri in die Stadt zu bringen.
    Wem machst du hier eigentlich etwas vor, fragte sie sich verbittert. Hast du nicht noch gerade eben gegen die Soldaten des Kaisers gekämpft? Und sie waren ihretwegen hier gewesen. Sie hatten Sayuri gesucht, um sie zu töten.
    Milan hatte den Blick nachdenklich gesenkt, während Kiyoshi starr geradeaus schaute, als würde sich vor seinen Augen eine Szene abspielen, die nur er sehen konnte. »Wir können sie nicht in die Stadt bringen«, sagte er langsam.
    Marje starrte ihn an. »Wir müssen«, widersprach sie nachdrücklich.
    Langsam schüttelte er den Kopf. »Wenn wir sie in die Stadt bringen, wird alles dort aufhören zu existieren«, sagte er und in seine Augen trat wilde Verzweiflung. »Sayuris Anwesenheit wird den Kaiser das Leben kosten und mit seinem Tod wird die Quelle versiegen. Hunderte, Tausende werden verdursten.«
    Stumm starrte Marje ihn an. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen und sie war außerstande, Worte zu finden.
    Suieen schüttelte irritiert den Kopf. »Wie soll Sayuri denn jemanden alleine durch ihre Anwesenheit töten?«, erwiderte er. »Das ist vollkommen absurd.«
    Kiyoshi zuckte hilflos mit den Schultern. »Der Wasserspiegel ist gefährlich gesunken. Mein Onkel hat gesagt, wenn sie noch länger in der Stadt bleibt, würde das den Kaiser umbringen. Dann versiegt die Quelle.«
    »Miro lügt, wenn er den Mund aufmacht«, knurrte Milan ungehalten und Marje warf ihm einen scharfen Blick zu.
    Und wenn nicht, fragte sie sich stumm. Verzweifelt rief sie sich die Gespräche mit Kiyoshi ins Gedächtnis.
    Und was hatte der alte Wiljar – die Quelle des Wissens – zu Sayuri gesagt?
    Triff deine Entscheidung bald, bevor die Zeit sie dir abnimmt.
    Marje spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Die Vorstellung, dass er damit gemeint hatte, Sayuri müsse sich zwischen ihrem eigenen und dem Leben all der anderen Bewohner der Stadt entscheiden, war grauenhaft.
    Mit einem leisen Sirren kam Shio aus dem Zelt und tanzte um Marjes Kopf. Sein Licht flackerte nur schwach, aus Angst um das blasse Mädchen, das schlafend im Zelt lag. Marje hob eine Hand, an die sich das Irrlicht sanft schmiegte.
    »Wenn Sayuri in die Stadt zurückmuss, gibt es nur einen Weg, der nicht von Soldaten bewacht wird.« Milan sah in die Runde. »Falls wir uns dafür entscheiden, sie zurückzubringen.«
    »Ihr Leben oder das der Stadt?«, fragte Kiyoshi zweifelnd.
    Yuuka knurrte ungehalten. »Sie ist eine Magierin, aber das bedeutet nicht, dass sie die Quelle des Kaisers zum Versiegen bringen kann. Dafür müsste sie mächtiger sein als jeder Magier vor ihr, mächtiger als der Kaiser selbst.«
    Und das ist sie nicht?
    Marje wagte es nicht, die Frage laut auszusprechen, aber sie konnte sie auch in Kiyoshis Augen lesen.
    Yuuka gab einen tiefen, grollenden Laut von sich, der entfernt an ein Lachen erinnerte. Ihre neun sandfarbenen Schwänze lagen um ihren Körper wie ein Bett aus dichtem Fell. »Sie ist mächtig, aber nicht mächtiger als andere. Der Kaiser selbst müsste die gleichen Kräfte besitzen wie Sayuri. Er hält den Fluss des Wassers aufrecht und verwandelt die Magiequelle in eine Quelle reinen Wassers. Sayuri besitzt die gleiche Gabe. Deshalb wäre es ihr möglich, das Wasser in reine Magie zu verwandeln und den Fluss versiegen zu lassen. Aber weshalb sollte sie das tun? Miro kennt Sayuri nicht.

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