SB 121 – Mission Zeitbrücke
hatte ihn durchschaut. Das Tragen einer Maske erforderte Geschick. Müdigkeit aber war die Feindin des Geschicks. Er war wie der Faustkämpfer, der vor Erschöpfung die Arme sinken ließ und dem Gegner ungeschützt jedes Ziel bot.
Surfo Mallagan sah zu dem Kranen auf. »Was jetzt?«, fragte er müde.
»Nimm die Maske ab und iss, wie du es gewohnt bist«, sagte Sterm.
Später saßen sie in einem anderen Raum. Er war behaglich eingerichtet. An einer der Wände stand eine altertümliche kranische Blinkuhr. Das unablässige Spielen der Lichter faszinierte Surfo. Er starrte die Spiegelglasscheibe an und war wie hypnotisiert.
»Du bist von der Flotte desertiert«, sagte Sterm, der ihm gegenüber auf einer weichen Sitzmatte kauerte. »Du weigerst dich, den Herzögen zu dienen?«
Die Frage überraschte Mallagan. Er dachte einen Augenblick darüber nach, dann schüttelte er, wie es seine Gewohnheit war, den Kopf. »Ich weigere mich nicht«, antwortete er. »Meine Gefährten und ich betrachten die Herzöge und die Kranen nicht als Feinde. Wir wurden nicht gefragt, als man uns als Rekruten in die Flotte aufnahm; aber ich kann nicht behaupten, dass wir uns gesträubt hätten. Es ist nur ...«
Er zögerte. Dann erzählte er. Von Chircool, von Claude St. Vain, von den Jägern und den »Schiffsbewohnern«, vom Raumschiff der Ahnen und von dem Wrack, das sie auf dem Planeten der Königsblüten gefunden hatten.
»Siehst du, wir haben neben unserer Pflicht gegenüber den Herzögen unsere eigene Mission«, schloss er. »Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie sich das Schicksal der SOL und ihrer Besatzung erfüllte. Es gibt nur eine Instanz, die uns Antwort geben kann: das Orakel der Herzöge. Und wenn wir die Antwort kennen, müssen wir sie nach Chircool tragen und unseren Brüdern und Schwestern berichten, was wir erfahren haben. Dass es keinen Sinn mehr hat, auf die Rückkehr der SOL zu warten. Dass Chircool ihre Welt ist, mit der sie sich abfinden müssen.«
Er sprach eindringlich. Die Müdigkeit war von ihm abgefallen. Verborgene Kräfte wurden mobilisiert, während er über die Dinge sprach, die ihn zutiefst bewegten.
Sterm hatte ihm aufmerksam zugehört und ihn mit keinem Wort unterbrochen. Er sagte: »Vielleicht kann ich euch dem Ziel ein paar Schritte näher bringen. Ich bin nicht ohne Einfluss im Reich der Herzöge. Ich bringe dich nun dorthin, wo du dich ausruhen kannst. Bitte erschrick nicht über das, was du zu sehen und zu hören bekommst.«
Mallagan fühlte sich eigenartig berührt. Er sah aufmerksam zu, als der Krane einen schmalen Teil der Wand zur Seite gleiten ließ. Ein hoher Gang tat sich auf, eine Rampe führte mehrere Meter weit in die Tiefe. Sterm ging voran. Als die Geheimtür sich hinter ihnen schloss, füllte undurchdringliche Finsternis den engen Korridor. Surfo richtete sich nach dem Geräusch der Schritte des Kranen. Nach einer Weile ging es wieder aufwärts. Ein schwach glimmendes Licht zeigte die nächste Tür. Sterm legte die Hand auf den Rahmen, die Tür glitt beiseite.
Surfo Mallagan blickte halb geblendet in einen hell erleuchteten, weiten Raum. Er sah drei hochgewachsene Kranen, die blaue Uniformen trugen und eine eindeutig respektvolle Haltung annahmen, als sie seinen Begleiter Sterm erblickten.
Mallagan erstarrte. Die Tür schloss sich hinter ihm. »Die Schutzgarde ...«, ächzte er.
Sterm machte die Geste der Bejahung. »Du hast recht. Wir sind im Quartier der Schutzgarde.«
Mallagans Hand verkrampfte sich um die Maske, die er in der Tasche trug. »Du bist ... Sterm?«, fragte er.
»So wurde ich in meiner Jugend genannt«, kam die ernste Antwort. »Heute kennt man mich unter dem Namen Barkhaden.«
»Du warst mir von Anfang an auf den Fersen«, sagte Mallagan düster. Sie saßen in einem Zimmer abseits des Dienstraums. Die Tür stand offen. Die Gardisten waren damit beschäftigt, die allgemeine Jagd auf Ai-Mutanten abzublasen. Barkhaden hatte es so angeordnet.
»Ich hielt euer Auftreten in Gruda für einen Trick«, antwortete der Krane. »Ihr wolltet uns weismachen, euer Ziel sei der Raumhafen und ihr hättet keine besseren Masken als die Umhänge der Bußbrüder. Gleichzeitig verschwand der Bildhauer Neriduur, nachdem sein Haus auf rätselhafte Weise in Brand geraten war. Zu viele Zufälle. Wenn ihr unsere Aufmerksamkeit nach Norden lenken wolltet, dann wart ihr wahrscheinlich nach Süden unterwegs. Ich sah mich entlang der Hauptverkehrsstraße zwischen
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