SB 121 – Mission Zeitbrücke
körperlich wenigstens. Der Junge urteilt sehr oberflächlich. Je kleiner der Gegner, desto größer die Schmach einer Niederlage, meint er. Aber er hat diese Schmach verdient, denn auf andere Weise wird er niemals lernen, seine wirklichen Feinde zu erkennen.«
»Das verstehe ich nicht«, gestand Scoutie ratlos ein. »Ich bin nicht sein Feind.«
»Natürlich nicht. Sonst würde ich dich niemals bitten, ihm eine solche Lehre zu erteilen. Sieh mal, wir Kranen bauen unsere Herrschaft immer weiter aus. Die Spoodies ermöglichen es uns, Gegner zu unseren Freunden zu machen.«
»Die Spoodies ...«, sagte Mallagan überrascht.
»Sie geben euch mehr Intelligenz«, fiel der Krane ihm ins Wort. »Und nicht nur euch, sondern auch uns und den Angehörigen der anderen Völker. Sie verleihen uns Einsicht. Ohne ihren Einfluss müsste uns jedes Volk, dessen Planet von den kranischen Raumschiffen besucht wird, hassen und bekämpfen. Ohne sie würden andererseits wir Kranen vermutlich alle Fremden verachten.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob das richtig ist«, murmelte Mallagan.
»Ich habe mir den Bericht über die Eingliederung von Chircool besorgt«, sagte Cylam. »Es war eine unerfreuliche Zeit für euch. Hasst ihr uns Kranen?«
»Nein«, gab Mallagan zu. Er biss sich auf die Lippen. Fast hätte er gesagt, dass die Betschiden Nachkommen der Solaner waren, die lange Zeit den Raum durchstreift und dabei gelernt hatten, mit fremdartigen Intelligenzen friedlich auszukommen. Aber die SOL existierte nicht mehr. Sie lag als Wrack auf dem Planeten Kranenfalle, und was jetzt noch von ihrer einstigen Größe zeugte, das würde einen Kranen nur mäßig beeindrucken.
»Wir haben Unglück über euer Dorf gebracht«, sagte Cylam ernst. »Aber ihr hasst uns nicht dafür. Die Spoodies verleihen euren Gedanken genug Klarheit, dass ihr erkennt, dass wir dieses Unglück nicht wollten. Wir bemühen uns, es Völkern wie eurem leicht zu machen. Die Frage ist nur, ob und wie weit wir aus eigenem Antrieb so rücksichtsvoll vorgehen. Einige von uns meinen, dass wir von Natur aus weit härter und grausamer sind, als wir uns jetzt gebärden.«
»Welche Meinung vertrittst du selbst?«
»Ich glaube an das ›Licht des Universums‹, wie es sich für einen Kranen gehört«, sagte Cylam. »Aber ich glaube nicht daran, dass dieses Licht nur uns berührt hat. Wir haben eine Aufgabe, und wenn wir versagen, wird das ›Licht‹ ein anderes Volk auserwählen. Wenn wir es jetzt sind, die sich bemühen, immer mehr Planeten so friedlich wie nur möglich zu vereinen, dann können es in ferner Zukunft ebenso gut andere Wesen sein, die diese Rolle übernehmen.«
Cylam sah zu dem Jungen hinüber, der unverändert mit gesenktem Kopf im Sonnenlicht stand und wartete.
»Es ist dem vergleichbar, was mit ihm in wenigen Minuten geschehen kann«, fuhr er leise fort. »Wir dehnen die Grenzen des Herzogtums immer weiter aus. Für die davon betroffenen Welten ist es eine Art Operation: Dem Schmerz folgt die Erleichterung, aus Gegnern, die von Furcht und Hass beherrscht werden, entstehen Partner, manchmal sogar Freunde. Aber wir haben nicht nur an den Grenzen unseres Reiches um Verständnis zu ringen, sondern auch innerhalb des Herzogtums. Häufig genug zeigt sich, dass nicht allein Aychartan-Piraten oder die Bewohner eroberter Welten unsere Ziele gefährden. Unser schlimmster Feind lauert in uns selbst. Er entsteht aus der Überzeugung heraus, dass wir Kranen ein auserwähltes Volk sind. Der Junge da drüben ist einer von denen, die aus diesem Grund meinen, ein Krane wäre jedem anderen Wesen überlegen. Seht ihn euch an – er zittert vor Wut, weil ich mit euch rede, anstatt ihn auf die Weise zu unterrichten, die er sich vorgestellt hat. Mit Fremden wie euch spricht man nicht, sondern man erteilt ihnen Befehle, so denkt er. Unglücklicherweise handelt es sich um einen sehr begabten jungen Mann. Er wird eines Tages eine hohe Stellung einnehmen, vielleicht sogar zum Befehlshaber einer Flotte aufsteigen. Wenn ihn bis dahin niemand zur Vernunft gebracht hat und er mit derselben Einstellung die Eroberung neuer Planeten betreibt, dann kann er alles in Gefahr bringen, was wir aufgebaut haben.«
»Man wird ihn schon zurechtstutzen«, bemerkte Brether Faddon unsicher.
»Darauf möchte ich mich nicht verlassen. Solche Neigungen sind mitunter schwer zu bekämpfen. Du glaubst, dass ich mich in Dinge einmische, die mich nichts angehen? Damit hast du nicht einmal unrecht. Aber ich
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