SB 122 – Gefangene der SOL
wäre, hätten wir ihn längst gefunden.«
Der Chefingenieur setzte sich in einen Sessel am Kontrollpult. Er nickte gewichtig. »Das hört sich vernünftig an«, sagte er. »Wir müssen allerdings bald Erfolg haben. Ich bin Gesellschafter in diesem Verein, weil ich Geld machen will. Von Verlusten halte ich nichts. Ich kann sogar ziemlich ungemütlich werden, sobald meinem Konto eine Ebbe droht. Daher genügt es mir nicht, wenn du der Zeitweiche die Schuld gibst.«
»Wir sind schließlich nicht die einzigen Blinden«, antwortete Boarless empört. »Du weißt genau, dass wenigstens ein Dutzend Raumschiffe unterwegs sind und dass noch niemand eine Spur des Haluters gefunden hat. Das kann auch bedeuten, dass er die Milchstraße verlassen hat.«
»Durchaus«, bestätigte der Chief. »Vielleicht ist dein Gerät nur nicht gut genug.«
»Es ist gut!«
»Aber es könnte besser sein.« John Fall erhob sich. Er blies die Backen auf und blickte Boarless kopfschüttelnd an. »Ich an deiner Stelle würde pausenlos an dem Kasten sitzen und nach einer Verbesserung suchen, anstatt mir die Vorwürfe meiner Freunde anzuhören und schließlich allein verantwortlich für den Verlust zu sein, den wir alle erleiden.«
Boarless stand vor dem Ingenieur und suchte in seiner Empörung vergeblich nach Worten. Er wusste nicht, was er auf diese Anschuldigung hin sagen sollte, die er als unerhört ungerecht empfand.
»Ihr könntet euren Kopf ja ebenfalls etwas anstrengen«, bemerkte der Pilot gelassen. »Eine Positronik genügt vielleicht nicht.«
»Das verstehe ich nicht. Was soll das?«, fragte Fall.
»Wenn Tolots Zellaktivator weit, vielleicht sehr weit von der Zeitweiche entfernt wäre, dann könnten wir möglicherweise Impulse empfangen. Dass wir das nicht können, ist für mich der Beweis, dass sich der Haluter in der Nähe der Zeitweiche befinden muss. Nur aus diesem Grund wird die schwache Ausstrahlung seines Aktivators überlagert.«
»Deshalb suchen wir ja in diesem Sektor der Galaxis«, betonte Boarless mit gehobener Stimme. Er fühlte sich wieder angegriffen.
»Aber wir haben das infrage kommende Gebiet nicht weit genug eingeschränkt. Ich schlage vor, dass wir die Sonnensysteme untersuchen, die der Zeitweiche am nächsten sind. Sollten wir dort nichts finden, können wir uns nach einem anderen Job umsehen.«
»Ich bin einverstanden, und die anderen werden es auch sein«, sagte der Chefingenieur.
Der Vorschlag des Piloten erwies sich als Erfolg versprechend, denn schon zwanzig Stunden später fing Boarless Aktivatorimpulse auf, ohne sie jedoch einpeilen zu können.
»Tolot ist hier in diesem Bereich!«, brüllte der Positroniker in den Interkom. »Jetzt finden wir ihn.«
Icho Tolot stand vor dem Schott und überlegte. Die Stiefel seines Kampfanzugs glühten, dunkler Qualm stieg von den Beinen auf.
Ein del'hayscher Energiering war eine Sicherung, die er auf einer Randwelt kennengelernt hatte. Dieses Gebilde stammte aus der tiefsten Vergangenheit, sein innerer Aufbau war niemals geklärt worden. Eine mit einem solchen Ring verschlossene Tür galt als unüberwindbar – es sei denn, man kannte den Programmkode.
Tolot erinnerte sich, dass die del'hayschen Intelligenzen diese Ringe zumeist mit einem persönlichen Kode versehen hatten. Manchmal hatten sie Scherzrätsel gewählt, die beantwortet werden mussten, oder sie hatten komplizierte wissenschaftliche Daten in diesen Ringen gespeichert, die von demjenigen zitiert werden mussten, der sie öffnen wollte.
Icho Tolot blieb keine Zeit, den del'hayschen Ring zu untersuchen. Außerdem fehlten ihm die notwendigen Instrumente, mit deren Hilfe er den komplizierten Aufbau der inneren Energiegitter teilweise hätte erkennen können. Er konnte nur raten und hoffen, dass er auf Anhieb die richtige Lösung fand. Doch er wusste nicht, wofür er sich entscheiden sollte. Jede Antwort, die er dem Ring mithilfe des positronischen Schlosses gab, war so lang, dass danach keine Zeit mehr für eine weitere blieb.
Versuche es mit den astronomischen Daten dieses Sonnensystems, wisperte eine innere Stimme in ihm.
Der Haluter überlegte nicht lange, ob dies seine eigene Idee war oder ob ihm jemand einen Hinweis gegeben hatte. Er fragte sich nicht, ob die fremde Macht, die ihn beeinflusste, ihm in diesen Sekunden half. Er handelte.
In den vergangenen zwei Monaten hatte er häufig nichts anderes zu tun gehabt, als zu warten und zu hoffen. Stunde um Stunde hatte er in der Dämmerung verbracht
Weitere Kostenlose Bücher