SB 122 – Gefangene der SOL
jeden Gedanken verfolgen konnte. Er fühlte sich entblößt und wurde aggressiv. Ärgerlich sprang er auf.
»Verschwinde!«, schrie er Lloyd an. »Du hast kein Recht, in meinen Gedanken herumzuschnüffeln.«
»Wir möchten dich mit jemandem zusammenbringen«, erklärte der Mutant gelassen. »Es ist Icho Tolot, der offenbar von einer fremden Macht besessen ist.«
Tosen setzte sich wieder. Er blickte starr zum Fenster hinaus. Icho Tolot!, dachte er, und ein Gefühl grenzenloser Unterlegenheit kam in ihm auf. Gegen den Haluter bin ich ein Nichts.
Zugleich wurde er sich dessen bewusst, was es bedeuten konnte, falls es den Ärzten und Mutanten nicht gelang, die Wahrheit über ihn herauszufinden. Wenn er wirklich eine zweite Persönlichkeit in sich trug, die so lange schlief, bis sie von Seth-Apophis aktiviert wurde, dann musste er damit rechnen, dass er eingesperrt wurde, bis er keine Bedrohung mehr für die Öffentlichkeit darstellte.
Wie lange konnte das sein?
Das kann bis zu meinem Tod gehen, dachte er niedergeschlagen. Sie werden mich irgendwo einlochen und mich dann vergessen, weil sie andere Probleme haben, als sich um mich zu kümmern. Einem Icho Tolot würde so etwas nie passieren.
»Komm!«, befahl Fellmer Lloyd. »Wir wollen keine Zeit verlieren.«
Bruke Tosen stand auf und ging zur Tür. Er wich Ambys suchendem Blick aus, da er fürchtete, für sie nun ebenfalls uninteressant geworden zu sein. Niedergeschlagen verließ er den Raum.
Fellmer Lloyd nickte Amby Törn tröstend zu und folgte Tosen. Er hatte die Gedanken des Seth-Apophis-Agenten verfolgt und wusste genau, was in ihm vorging. Deshalb hatte er Verständnis für den Mann von Jarvith-Jarv. Und er hoffte, mehr aus der für ihn nicht ganz überraschenden Reaktion des Agenten Kapital schlagen zu können. Vielleicht setzte Tosens Eifersucht etwas in ihm frei, was weiterhelfen konnte.
Lloyd flog mit Bruke Tosen ins Zentrum von Terrania City und brachte ihn in den inneren Haupttrakt. Sie wurden von dem Mausbiber erwartet.
»Hallo, Gucky«, sagte Tosen in gezwungener Heiterkeit. »Du wolltest mich sprechen? Wie du siehst, bin ich sofort gekommen.«
Der Ilt reagierte nicht so, wie Bruke gehofft hatte. Weder zeigte er den Nagezahn, noch blinzelte er Tosen fröhlich zu. Er verhielt sich eher so, als wären sie einander nie zuvor begegnet. Guckys ergriff Tosens Hand und die von Fellmer Lloyd und teleportierte mit beiden in den Panzerraum, in dem Tolot festgehalten wurde.
Der Haluter stand an der Tür. Er fuhr herum, als sei er bei etwas Verbotenem überrascht worden. Lloyd versuchte sofort, seine Gedanken zu erfassen, war dabei jedoch so wenig erfolgreich wie bei allen Versuchen zuvor.
»Wer ist das?«, grollte Tolot.
»Das ist ein Mann, der zeitweilig unter dem Einfluss einer fremden Macht steht«, erläuterte Lloyd. »Er selbst weiß es dann nicht. Es überkommt ihn plötzlich, ohne dass er es merkt. Dann scheint jemand seine eigene Persönlichkeit durch eine andere zu ersetzen, die ausschließlich im Sinn dieser fremden Macht handelt. Wir sind davon überzeugt, dass diese Macht Seth-Apophis ist.«
»Was geht mich das an?«, fragte der Haluter schroff.
Beide Mutanten bemühten sich vergeblich, die unsichtbare Barriere zu durchdringen, die Tolot um sich herum errichtet hatte. Der Haluter stand vor ihnen, als sei er aus Stein gemeißelt. Selbst seine Augen ließen kein Leben erkennen.
Bruke Tosen blickte den Haluter ängstlich forschend an, weil dieser sich ganz anders verhielt, als er geglaubt hatte. Während Bruke der Meinung war, sich völlig normal zu benehmen, war Tolot offensichtlich nicht mehr er selbst.
»Er kämpft gegen irgendjemanden«, sagte Tosen leise.
»Den Eindruck haben wir ebenfalls«, bestätigte Lloyd. »Wir möchten ihm ebenso helfen wie dir, aber wir wissen nicht, was wir tun sollen.«
»Mir braucht ihr nicht zu helfen«, erklärte Tosen wie schon zahllose Male zuvor. »Ich bin völlig in Ordnung. Kümmert euch um ihn.«
Tolot atmete plötzlich tief durch. Er ging einige Schritte auf die Tür zu. »Los, bringt mich zum Depot!«, verlangte er.
Lloyd und Gucky blickten einander verwundert an. Sie wussten mit dem Begriff nichts anzufangen.
»Zum Depot?«, fragte Tosen.
Die Erwähnung dieser Bezeichnung löste bei ihm eine überraschende Reaktion aus. Zahlen und Begriffe huschten durch seine Gedanken, die völlig andere Dinge meinten als jene, die beide Mutanten bisher bei ihm gefunden hatten. Auch in dieser
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