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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Maschinen, Wohnraum und so weiter gemeinschaftlich zu nutzen, sind viele bereit mitzumachen. Im Grunde sind wir eine sehr gemeinschaftliche Spezies, wenn man die letzten paar Hundert Jahre außer Acht lässt. Davor haben wir immer Brücken und Mühlen, Zäune und Scheunen im Team gebaut. Wenn wir uns der Werbebotschaften bewusst werden, die uns ständig umgeben und uns auffordern, Dinge zu besitzen – je neuer und teurer, desto besser -, passen wir uns erstaunlich schnell an, Dinge mit anderen zu teilen. Die kollektive Kindererziehung hat bereits ein Comeback erlebt, weil es einfach zu viel Kraft kostet, ein Baby allein zu versorgen. Hier.«
    Sie streckte die Hand nach hinten. Etwas wie der Schlüsselring eines mittelalterlichen Truchsesses baumelte an ihrem Finger, und daran hing eine gelochte Metallscheibe. »Nehmen Sie das.«
    »Was ist das?«
    »Damit haben Sie das Recht auf Nutzung unserer Ressourcen – als Probandin, in beschränktem Umfang. Für Leistungen werden Sie mit weiteren Marken belohnt. Damit sollen die Rücksichtslosen daran gehindert werden, das System auszubeuten. Außerdem ist es ein Mittel, Arbeit zu belohnen, was schon immer eins der größten Probleme utopischer Gesellschaften war. Das und der Versuch, Stadtmenschen in eine ländliche Lebensweise zu zwingen, ohne dass sie über die nötige Ausbildung und Technologie verfügen, was meistens dazu führt, dass sie sich streiten und verhungern. Wir dagegen sind eher eine praktisch orientierte Gemeinschaft, nicht so sehr eine utopische.«
    Shearer hielt inne, als würde sie überlegen, ob sie noch mehr sagen wollte. Doch dann schüttelte sie den Kopf und wandte sich wieder der Straße zu, die sich nun vernachlässigt und löchrig durch die vorstädtischen Kriegsgebiete schlängelte, die nach der Ölkrise aufgegeben werden mussten. Als sie sich tief in die Wildnis vorwagten, beobachtete Cadie unwillkürlich die Umgebung, als würde es ihnen helfen, wenn sie eine potenzielle Gefahr am Straßenrand frühzeitig erkannte. Hier draußen gab es Gangs, Rudel der Entmächtigten, Hausbesetzer und Warlords. Niemand verließ die Stadt, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
    Jedenfalls fuhr niemand auf ebenerdigen Straßen.
    Cadie rutschte etwas tiefer in ihren Sitz und rechnete damit, dass jeden Moment eine Straßensperre oder eine Gruppe Bewaffneter aus dem Nichts vor ihnen auftauchte. Sie hatte Geschichten von demontierten Autos gehört, von Bürogebäuden und Lebensmittelgeschäften und Wohnhäusern, die geplündert und besetzt wurden. Sehr kleine Stadtstaaten , dachte sie und schluckte ein nervöses Lachen hinunter.
    Shearers Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Legen Sie sie an.«
    »Hm?«
    »Die Marke.«
    Zögernd befestigte Cadie den Ring an ihrem Handgelenk und schüttelte es, worauf die einsame Marke mit leisem Klirren gegen das Armband schlug. Es klang nett. »Und Sie bringen mich jetzt zu Ihrer Gemeinschaft?«
    Homer nahm eine Hand vom Lenkrad, um auf die Umgebung zu deuten. »Unsere Gemeinschaft ist überall. Ein Zentrum lässt sich leicht vernichten. Aber eine verteilte Infrastruktur …«
    »… ist wie ein Messer im Wasser, klar.« Cadie wollte die Bemerkung ironisch klingen lassen, aber irgendwie gelang es ihr nicht. Diese Leute glaubten so offensichtlich an ihre Wahrheit … sie waren Fanatiker. Sie spürte einen kalten Schauder, als ihr ein unangenehmer Verdacht kam. »Sie sind doch nicht die Leute, die diesen Wolkenkratzer beschlagnahmt haben, oder?«
    Doch Shearer schnaufte mit so aufrichtiger Verachtung, dass Cadie sich sofort ziemlich dumm vorkam, weil sie überhaupt die Frage gestellt hatte. Und dann kam sie sich dumm vor, weil sie sich dumm vorkam, denn was sollte Shearer davon abhalten, Cadie zu belügen, bis sie von ihr bekommen hatten, was sie wollten?
    »Wir recyceln«, sagte Shearer. »Wir stehlen nicht.« Homer suchte Cadies Blick im Rückspiegel. »Wir kommen oder gehen, mehr oder weniger wie es uns gefällt. Manche von uns arbeiten außerhalb, wie Stephanie.« Er hob die Schultern. »Und manche von uns nicht.«
    Cadie zwängte ihre Beine hinter seinen Sitz, um den Blutfluss wieder zu stimulieren. Das Armband fühlte sich wie ein schweres Gewicht an. Es war, als könnte sie die Marke jedes Mal klimpern hören, wenn sie nur einen Atemzug tat. Dadurch wurde ihr die winzigste Bewegung bewusst, als würde sie von einem Raubtier beobachtet. »Wie lange noch?«
    Homer bog auf eine schmale Straße ab, die sich durch ein dichtes

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