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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Hauptschlafzimmer gewesen sein musste, waren herausgerissen worden, worauf man die Lücken zwischen den Stützbalken mit dicken Säcken aus durchsichtigem Kunststoff und einem Mosaik aus Autoscheiben ersetzt und mit Latten und Kitt fixiert hatte. Direkt davor standen Regale, die vom Boden bis zur Decke reichten und aussahen, als wären sie aus alten Autostoßstangen zusammengebaut worden.
    Die Regale waren voller Behälter, und die Behälter waren voller Pflanzen. Tomaten, Gurken, Flaschenkürbissen, Melonen. Und andere, die Cadie auf den ersten Blick gar nicht erkannte. Die Luft roch grün und fruchtbar. Instinktiv atmete sie tief ein und musste sich in Erinnerung rufen, es nicht zu genießen. »Ein Garten?«
    Als sie sich umblickte, sah sie, dass Homer grinste. »Dezentralisierte Ressourcen«, sagte er. »Es gibt eine Menge verlassener Häuser in Detroit. Manche davon sind Petroleumfarmen, manche Lebensmittelfarmen. Alle aus recyceltem Material errichtet. Wir haben unser eigenes Netzwerk. Nur recyceltes Material.«
    »Recycelt?« Die Pflanzkübel waren altmodische Milchkanister aus Plastik. Cadie streckte die Hand aus und berührte den nächsten und versetzte ihn in leichte Schwingungen. Sie spürte Feuchtigkeit an der Fingerspitze. Sie rieb die Handflächen aneinander und dachte, dass sie gern mit der Zunge davon kosten würde.
    »Mülldeponien sind im Wesentlichen riesige Kunststofflagerstätten«, sagte Homer.
    »Alles, was man zum Leben braucht«, sagte Shearer. »Nahrung, Wasser, ein Plätzchen zum Schlafen, Schutz vor den Elementen, Verbundenheit. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die Produktion von … Dingen ist eine tote Technologie, Miss Grange. Die Welt muss etwas Neues erfinden. Neue Lebensweisen. Wir haben bewiesen, dass Wachstum und Globalisierung in Wirklichkeit nicht so gut funktionieren, wie wir gehofft hatten. Die Massenproduktion macht die Waren billiger, aber sie erfordert auch, dass wir Dinge von einem Ort an den anderen transportieren und Nachfrage nach Dingen schaffen, die eigentlich gar nicht gebraucht werden. Also könnte ein schnelles Wachstum zu einem schnellen Kollaps führen. Mit den Möglichkeiten der modernen Kommunikation muss man gar nicht mehr groß sein, um ein breites Angebot abdecken zu können.«
    »Und Sie glauben, das hier sind die ersten Schritte zu dieser neuen Erfindung?«
    »Viel mehr als nur die ersten Schritte«, sagte sie. »Die Bundesregierung produziert schon seit Jahren Petroleum aus Mülldeponien, indem Bakterien ausgesät werden, die organisches Material konsumieren. Aber die Herstellung von synthetischem Öl hilft nicht bei der Bewältigung des Problemkomplexes Kohlendioxid und Klimawandel. Wenn diese Kohlenwasserstoffe verbrannt werden, gelangt Kohlendioxid, das zuvor in entsorgten Verbrauchsgütern gebunden war, wieder in die Atmosphäre. Umweltfreundliche Pflanzen anzubauen und sie zu synthetischem Petroleum zu verarbeiten, mag etwas hilfreicher sein, aber es ist doch zweifellos viel hilfreicher, wenn man seine Nahrung nicht mehr aus Costa Rica bezieht.«
    Cadie dachte an die Orangen auf dem Markt, die zu sehr verlockenden Preisen mit dem Laster von Florida hergeschafft wurden. Sie berührte eine breitblättrige Pflanze neben der Gewächshaustür. »Das ist eine Banane?«
    »Ja«, bestätigte Shearer.
    »Sie bringen jemandem, den sie gerade erst kennengelernt haben, wirklich großes Vertrauen entgegen.«
    »Wir kennen Sie bereits recht gut.« Shearer verschränkte beide Hände auf dem Knauf ihres Gehstocks. »Außerdem … was könnten Sie uns schon antun? Ihrem Exmann verraten, dass wir beabsichtigen, ein paar Ukrainer aus Kiew herauszuschmuggeln? Das glaube ich kaum. Die Behörden informieren? Sie stellen für uns keine Gefahr dar, Miss Grange. Ein Messer kann Wasser nicht verletzen.«
    Es war genauso wie in Kiew. Wenn die Ordnung zusammenbrach, erhob sich etwas aus den Trümmern, um das Vakuum auszufüllen. Etwas wie Taras.
    Oder vielleicht auch etwas ganz anderes?
    Cadie dachte an die Menschen, die dort gefangen waren, wo auch sie gefangen gewesen war, aber ohne die Mittel, die ihr zur Verfügung gestanden hatten. Wenigstens hatte sie Geld gehabt. Taras hatte nie ein Problem damit gehabt, wenn sie Geld ausgab. Wenn er ihr Dinge gab, hielt er sie in Abhängigkeit, erkaufte sich ihre Loyalität. Erneut berührte sie die glänzenden Bananenblätter. »Also wollen Sie mich als Werkzeug benutzen.«
    »Nein«, sagte Homer. »Wir wollen Sie als Verbündete

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