Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
Vom Netzwerk:
lärmender Spatzen herumschwirrte. Sie selbst hatte ihre Kindheit mit Spielgruppen, Schulausflügen und Mannschaftssport im Sommer verbracht, und sie fragte sich, wie es wäre, im Kreis von Pflegegeschwistern aufzuwachsen. Passten die Betreuer gut auf sie auf? Sorgten sie dafür, dass niemand schikaniert wurde, dass jedes der Kinder den gleichen Anteil erhielt?
    In San Diego musste jeder glauben, dass sie tot war. Sie fragte sich, was sie getan hatten, als die E-Mails und Telefonanrufe aufgehört hatten. Hatten sie sich Sorgen gemacht?
    Hatte ihre Schwester zu ihrer Mutter Mama, ich hab’s dir prophezeit! gesagt?
    Das hast du, Ruby. Ja, das hast du.
    »Haben Sie hier eine eigene Krippe?«, fragte sie, als sie nun selbst die Treppe erreicht hatten. Die Kinder und ihr Betreuer verschwanden durch eine Tür am oberen Ende der Stufen.
    »Schule«, sagte er. »Keine Krippe. Nachts bleiben sie bei ihren Vormündern. Oder bei ihren Eltern«, korrigierte er sich. »Wahrscheinlich sind sie jetzt auf dem Heimweg. Die Dezentralisierung macht auch die Kindererziehung viel einfacher.«
    Sie beobachtete, wie sich seine Schultern hoben und senkten, und hatte eine plötzliche Erkenntnis. »Sie haben Kinder.«
    »Hatte.« Er blieb am oberen Ende der Treppe stehen und blickte zu ihr herunter, während er wartete, dass sie zu ihm aufschloss. »Sie werden feststellen, dass viele von uns ein Lebenstrauma erlitten haben.«
    »Oh«, sagte sie. »Das tut mir leid.«
    Diesmal wurde das Achselzucken von ausgebreiteten Händen begleitet. Er sah sie an, sah sie wirklich an, und sie blickte genauso offen zurück. Was sie sah, war ein magerer Mensch mit blasser Haut und Aknenarben auf den Wangen, jemand, der den Blick nicht senkte, wenn sie ihn direkt anstarrte. Es geht auch um Menschen , erkannte sie. Was sie von dir wollen, kannst du nicht ohne Menschen tun.
    Dann folgte wie eine stolpernde Katze eine weitere Erkenntnis: Ich gehöre zu den Menschen.
    »Es ist, wie es ist«, sagte Homer. »Kommen Sie.«
    Mehrere Aufzüge warteten lautlos unmittelbar vor ihnen. Doch bei zweien waren die Knöpfe überklebt worden, und am dritten hing ein handgeschriebenes Schild mit dem Worten: Bist du dir sicher? Cadie empfand das implizierte Vertrauen in die Urteilskraft der Menschen als erfrischend und wollte es gerade zu Homer sagen, aber er war bereits zu einem Treppenhaus weitergegangen. Er hielt ihr die Tür auf, und sie stieg ein paar Stufen hinauf, bis sie ihn wieder eingeholt hatte.
    »Weiter hinauf und tiefer hinein«, sagte sie, aber Homer sah sie nur verständnislos an. »Schon gut«, fügte sie verlegen hinzu.
    Aber er schien sich deswegen sowieso keine Sorgen zu machen. Er führte sie zügig drei Treppenfluchten hinauf, und sie war froh, dass sie so viel Zeit auf einem Fahrradsattel verbracht hatte. Dann ging es in einen Korridor, der in beiden Richtungen zu einem weiten offenen Saal führte, der mit halbhohen Wänden unterteilt war. »Ein Großraumbüro?«
    »Ein ehemaliges Großraumbüro«, sagte er und führte sie auf die Gänge, die zwischen den einst beigefarbenen Leinwänden verliefen.
    Jemand mit wenig Sinn für Eintönigkeit hatte sie mit glitzernder Stofffarbe und mit bunten naiven Zeichnungen von Papageien und Affen, Meeresschildkröten und Faultieren geschmückt. Selbst im LED-Licht waren die Farben so intensiv, dass Cadie sich wünschte, sie bei Tag sehen zu können. Vorhänge – umfunktionierte Decken, Gardinen und Duschvorhänge – waren an den Eingängen aller Boxen angebracht worden, und von drinnen konnte Cadie bei einigen das Klicken von Tastaturen oder das Rascheln von Kleidung hören. Ein paar standen offen und waren fast leer bis auf Futonmatratzen mit ordentlich zusammengelegter Bettwäsche und Plastikkisten, die als Tische und Stauraum dienten.
    »Ein Schlafsaal«, sagte sie.
    Homer zeigte ihr den hochgereckten Daumen und schnalzte anerkennend. »Ihrer, wenn Sie hier schlafen möchten. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, obwohl es bereits möglich ist, sich etwas reservieren zu lassen, wenn man schon lange genug dabei ist. Aber wie Sie sehen, sind wir nur selten voll belegt.«
    Auch hier gab es Pflanzen, die auf Regalen vom Boden bis zur Decke standen und das Licht der Fenster dämpften. Cadie erkannte eingetopfte Erdbeeren, Thymian, Basilikum, Rosmarin und Salbei.
    »Klee?«, fragte sie und zeigte darauf. »Wofür?«
    Homer folgte ihrem ausgestreckten Finger. »Sauerklee«, sagte er. »Er wächst wie Unkraut, aber er schmeckt

Weitere Kostenlose Bücher