Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
Wäldchen wand. Ein von Efeu überwuchertes unlesbares Schild brachte Cadie auf den Gedanken, dass es sich um das Überbleibsel eines Parkplatzes handeln könnte. Jemand hatte Kies auf den zerbrochenen Asphalt geschüttet, so dass der Weg weniger holprig war als die Hauptstraße.
»Bis Sie Ihren Rasenmäher sehen«, sagte er.
»Wie die Industrialisierung mit den schwarzen satanischen Mühlen ist auch die Globalisierung ein gescheitertes Modell, das wir dennoch durchlaufen müssen, bevor es von der nächsten Modalität abgelöst werden kann.« Auch während sie Cadie die Autotür offen hielt, dozierte Shearer weiter. Und Cadie hörte weiter zu, obwohl sie allmählich auf ein paar intelligentere Fragen kam.
»Wer stellt also die Dinge her, die Sie nicht recyceln können?«, fragte sie. »Die Dinge, die sich im Gemeinschaftsbesitz befinden? Funktioniert Ihre Gesellschaft wirklich ohne eine industrielle Gesellschaft, von der sie … parasitär lebt?«
Shearer grinste. »Vielleicht nicht. Aber die industrielle Gesellschaft hat es nicht besser verdient. Allez hopp.« Auf die offene Tür gestützt reichte sie Cadie eine Hand, und Cadie – obwohl sie eigentlich von Shearers Gebrechlichkeit wusste – nahm sie an. Sie versuchte, sich hauptsächlich an der Autokarosserie festzuhalten, als sie sich auf die Beine zog, aber es überraschte sie, wie viel Kraft die ältere Frau hatte. Im reflektierten Licht konnte Cadie erkennen, wo sich einst Parkplätze befunden hatten. Jetzt erfüllte dort das Rascheln von hohen Maisstauden die Nacht.
Hier waren die Menschen. Männer und Frauen liefen über Wege, die von solarbetriebenen LED-Lampen erleuchtet waren, die im Gras steckten, so dass Cadie keinen klaren Eindruck von ihren Gesichtern, ihrer Gestalt oder ihrer Kleidung erhielt. Aber sie hörte das Klappern hoher Absätze, das gummiartige Stampfen von schweren Stiefeln und das Schlurfen von Turnschuhen. Und das helle Klingeln von Marken, die aneinanderschlugen, wenn sich ihre Träger bewegten.
Alle schienen entspannt beschäftigt zu sein, und nur ein paar wirkten konzentriert oder gar hektisch. Trotzdem blickten sich einige Passanten zu Cadie und ihrer Begleitung um, und mehrere grüßten Shearer und Homer mit einem Wort oder Wink. Cadie versteckte sich unwillkürlich halb hinter Homer und heftete sich wie ein unsicherer Hund oder ein Kind an seine Fersen.
»Ich lasse Sie jetzt von Homer herumführen«, sagte Shearer. »Meine Hüfte braucht eine Verschnaufpause.«
Homer bedachte sie mit einem besorgten Blick, doch dann nickte er nur. »Wir treffen uns später in der Lounge.«
Shearer zwinkerte, bevor sie sich zum Gehen wandte. »Nimm sie auf jeden Fall mit aufs Dach.«
Drinnen blieben sie in einem glasüberdachten Atrium voller brusthoher Obstbäume in Pflanzkübeln stehen. Der schwere Duft nach Orangen erfüllte die Luft – so intensiv, dass Cadie die Nase rümpfte. Hier war es nicht besonders hell, nur ein paar Lichterketten aus feenhaften LEDs zogen sich an der Decke entlang und spendeten gerade genug Licht, um zu sehen, wohin man trat. Und genauso wie draußen waren auch hier viele Menschen unterwegs. Eine Frau in Jeans und Flannellhemd mit hochgerollten Ärmeln kümmerte sich um die Orangen- und Limettenbäumchen und legte geerntete Früchte in einen Korb, der sich um ihre Hüften schmiegte. Ein Mann, der von sechs oder sieben Kindern im Grundschulalter umgeben war, stieg die breite Treppe zum Zwischenstockwerk hinauf, und eine Sicherheitswächterin oder Empfangssekretärin oder beides blickte von einem Schreibtisch neben den Türen auf. Ihr gesamter Oberkörper und der Kopf außer dem Gesicht war von einem Tschador verhüllt, doch nach dem bohrenden Blick zu urteilen, mit dem Cadie beim Eintreten gemustert wurde, schien die Kleidung sie nicht bei der Ausübung ihrer Wächteraufgaben zu beeinträchtigen. Nach der Inspektion nickte die Frau, doch Cadie bemerkte, dass sie einen zweiten Blick auf Cadies Handgelenk mit dem Armband warf, bevor sie die Augen wieder niederschlug.
Als Cadie die Hand in die Hosentasche steckte, verfing sich die Marke im Stoff und hinderte sie daran, mühelos bis nach unten zu greifen. Sie lief immer noch wie ein Entenküken hinter Homer her, mit gesenktem Kopf, damit ihre Dreadlocks ihren Gesichtsausdruck verbargen. Aber sie musste immer wieder Blicke zur Kinderschar auf der Treppe werfen, wie Homer bemerkte.
Sie stellte sich vor, wie Firuza mit diesen Kindern lachte und wie ein Schwarm
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