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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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weißen Kittel und hat einen Erste-Hilfe-Koffer in der Hand.
    »Hey, du da, die Blonde! Ja, genau, mit dir rede ich.« Irgendjemand versucht, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich drehe mich um. Ein dünnes Mädchen mit dem Gesicht voller Sommersprossen beobachtet das Geschehen aus der Entfernung. Sie trägt ein kurzes rotes Cape und steht neben einer großen Weide aus dem jahrhundertealten Baumbestand des Parks. Sie sieht aus wie Rotkäppchen aus dem Märchen. Es ist zwar weit und breit kein böser Wolf zu sehen, aber ich habe trotzdem Angst. Die Vorahnung von etwas Schrecklichem macht sich in mir breit, während ich zu ihr gehe.
    »Weißt du, was da los ist?«, frage ich sie.
    »Ja.« Sie hat ein ganz besonderes Gesicht. Blonde Haare mit einem Rotstich und ganz helle blaue Augen, wie eine junge Irin.
    »Ich mache mir Sorgen, ein Freund von mir arbeitet da drin«, sage ich und zeige auf die Bibliothek.
    »Dort ist ein Mann gestorben. Eine aus der Zwölften hat ihn gefunden. Der Krankenwagen ist ihretwegen gekommen, sie hat geschrien wie eine Irre.«
    »Was?! Das ist völlig unmöglich …«
    »Ich hatte heute Morgen keinen Bock auf Schule, daher bin ich im Park geblieben, weil ich nicht wusste, wo ich hin soll. Hier ist Platz genug, da kann man gut und gerne ein paar Stunden verbringen, ohne weiter aufzufallen. Eigentlich hätte ich eine Physikarbeit schreiben sollen … Na ja, du weißt ja, wie das ist.« Sie lächelt ein wenig.
    »Entschuldige, ich möchte ja nicht unhöflich erscheinen, aber … weißt du, wer es ist? Also der, der …« Ich kann das Wort nicht wiederholen.
    »Gestorben ist?« Sie spricht es für mich aus. Ich starre den roten Umhang an und das Elfengesicht, das wieder ernst geworden ist. Langsam nicke ich. »Ich habe gehört, es sei der Bibliothekar, aber ich bin mir nicht sicher.«
    Mir wird schwindelig. Der Park, die Bäume, dieses Elfenmädchen, alles beginnt sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit um mich zu drehen.
    »Das kann nicht sein …«
    »Wenn du die Schreie gehört hättest, die vor einer halben Stunde von dort drinnen gekommen sind, würdest du mir glauben. Als würde jemand gefoltert. Aber das geht mich nichts an. Ich habe nichts gehört und nichts gesehen.« Und mit diesen Worten entfernt sie sich langsam, ein roter Fleck, der immer kleiner wird und schließlich im Grün verschwindet.
    »Nein, nein … nein! Das … kann … nicht … sein …«, sage ich ständig vor mich hin.
    Ich nähere mich dem Eingang, meine Gesichtszüge sind so angespannt, dass es wehtut. Niemand beachtet mich. Die Glastür geht auf, und auf einer Trage wird ein Mädchen herausgebracht, ihr Blick ist starr, und in ihrem Gesicht ist der blanke Horror zu lesen.
    Mit brachialer Gewalt dränge ich mich vorwärts. »Halt!«, höre ich hinter mir. Aber da bin ich schon drin. Das Blitzlicht eines Fotografen. Die Spurensicherung? In einer Ecke weint jemand, man hört Schluchzen und leise beruhigende Worte.
    »So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen«, sagt ein Beamter, sein Gesicht ist so bleich wie ein Laken.
    Das ist ein Scherz. Genau, die drehen hier einen Film, und Rotkäppchen hat das für echt gehalten. Wie dumm von ihr.
    Ich bewege mich wie ein Roboter zwischen unbekannten Menschen in Uniform und einem merkwürdigen Chaos. Auf dem Boden liegen überall aufgeschlagene Bücher, und mittendrin ist ein Fleck, schwarz wie verbranntes Öl.
    »Junge Frau, Sie können hier nicht bleiben!« Ein Polizeibeamter packt mich am Arm und versucht, mich zum Ausgang zu schieben.
    »Edoardo!«, schreie ich. Erst jetzt, als ich seinen Namen ausspreche, spüre ich, wie mir die Angst die Kehle vollends zuschnürt.
    Ihm kann, ihm darf nichts Schlimmes zugestoßen sein. Nein, er wird schon irgendwo sein, mit einer Fliege in irgendeiner unsäglichen Farbe um den Hals. »Hast du das Durcheinander hier gesehen? Da will mich wohl jemand um jeden Preis auf die Palme bringen, aber dieser Jemand weiß wohl nicht, dass ich niemals wütend werde«, wird er sagen. Und ich werde ihm versprechen, ihm zu helfen. Zu zweit haben wir das im Nu geschafft, und alles wird wieder in Ordnung kommen.
    Mit einer abrupten Bewegung befreie ich mich aus dem Griff des Beamten und laufe los. Mit beiden Armen dränge ich mich durch die Menge und bahne mir so meinen Weg durch die Polizisten und die Beamten der Spurensicherung.
    Ein weißes Laken liegt auf dem Boden ausgebreitet. Zwei Füße schauen darunter hervor,

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