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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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trennen jede Menge Schulrucksäcke, chaotisches Stimmengewirr und eine Masse ungeduldiger Schüler, die es eilig haben, nach Hause zu kommen.
    Ich muss mit ihr reden! Sie könnte an jenem Tag etwas gesehen haben.
    »Entschuldigt, Mädels, wir sehen uns morgen.« Ich mache kehrt und versuche, mir den Rückweg ins Gebäude freizukämpfen.
    »Aber wo will sie denn jetzt hin?«, höre ich hinter mir.
    Ich habe keine Zeit für Erklärungen.
    Es ist nicht gerade leicht, gegen einen Strom von Schülern zu schwimmen, die nur eines wollen: sich nach Hause verdrücken! »Entschuldigung … Oh, tut mir leid«, sage ich bei jedem Schritt.
    Das Elfenmädchen kneift die Augen zusammen, hat sie mich etwa wiedererkannt?
    Ich sehe, wie sie sich auf dem Absatz umdreht und die Stufen zu den Klassenräumen hinaufläuft.
    Ein Ellenbogencheck, dann trifft mich die harte Ecke eines Rucksacks voller Bücher genau an der Schulter. »Pass doch auf, wo du hinläufst!«, motzt mich jemand an. Dabei weiß ich sehr genau, wo ich hinlaufe. Ich muss sie erreichen, ehe sie wie beim letzten Mal wieder verschwindet.
    Ich schlüpfe aus den Trägern meines Rucksacks, der mich bei meinen Bewegungen behindert, halte ihn vorne an mich gepresst und benutze ihn als Rammbock. Ich entschuldige mich fortwährend und schaue dabei die Schüler gar nicht mehr an, die ich anrempele.
    Dann komme ich zur Haupttreppe. Ich sehe sie. Sie hat die Hand am Treppengeländer und ist zwei Absätze über mir.
    Davon lasse ich mich nicht entmutigen, ich nehme wie immer zwei Stufen auf einmal.
    Plötzlich sehe ich sie nicht mehr.
    Sie muss irgendwo im zweiten Stock sein. Ich biege also in den inzwischen menschenleeren Flur ein und schaue in jedes offen stehende Klassenzimmer.
    Ein Rascheln erregt meine Aufmerksamkeit. Zehn F. Da ist sie, der rote Umhang ist unverkennbar. Sie kniet zwischen den Bankreihen. Versucht sie etwa, sich zu verstecken?
    »Entschuldige«, spreche ich sie an.
    Keine Antwort.
    Ich komme näher. »Entschuldige?«, wiederhole ich. Vorsichtig berühre ich sie am Arm.
    Sie zuckt zusammen und steht hastig auf, dann schaut sie mich an. Ihre Augen! Sie wirken seltsam leer. Das Mädchen scheint mich nicht zu erkennen.
    »Erinnerst du dich an mich?«
    »Nein. Sollte ich?«
    »Der Tag im Park. Als man den Bibliothekar gefunden hat …«
    »Ich wüsste nicht … An so etwas erinnere ich mich nicht. Du musst mich mit jemandem verwechselt haben.«
    »Ich irre mich nicht, du bist es! Du hast mir gesagt, dass du etwas gehört hättest … Schreie …«
    »Hör mal, ich weiß wirklich nicht, wovon du redest!«
    »Und warum bist du dann weggelaufen, als ich dich am Ausgang gesehen habe?«
    »Weggelaufen, ich? Ich hatte nur mein Federmäppchen vergessen. Zum Glück ist es mir noch rechtzeitig eingefallen, also bin ich zurückgegangen und habe es mir geholt.«
    Ein Schauer läuft mir den Rücken hinab.
    Ich erkenne diesen Blick wieder, es ist genau der gleiche wie bei Umberto an jenem Tag, als Mikael seine Erinnerungen gelöscht hatte. Nein! Mikael hat damit nichts zu tun, da bin ich mir sicher. Es muss eine andere Erklärung geben.
    »Also dann, ciao«, sagt sie.
    Sie lässt mich zwischen den leeren Bänken der Klasse stehen. Allein mit meinen Gedanken.

71
    H eute versucht sich Simona mal wieder als Amateurpsychologin.
    »Die beste Methode, schlimme Gedanken zu verjagen, ist, sich einfach mal selbst etwas Gutes zu tun. Ein neuer Haarschnitt und eine neue Tönung können zwar keine Probleme lösen, aber sie heben die Laune«, hat sie gesagt, als sie mich dabei ertappt hat, wie ich über meine Bücher gebeugt vor mich hin geträumt habe.
    »Ich muss lernen! Morgen schreiben wir eine Arbeit!«
    »Du siehst nicht aus, als würdest du lernen.«
    »Zumindest versuche ich es.«
    »Du kommst jetzt mit, danach wirst du dich bei mir bedanken.«
    Na toll. Erst zwingt sie einem ihre Entscheidungen auf, und hinterher verlangt sie auch noch, dass man sich dafür bedankt.
    »Ich habe keine Lust, andere Leute an meinem Kopf rumhantieren zu lassen.« In dem herrscht sowieso schon genügend Durcheinander.
    Trotzdem sitze ich jetzt hier vor dem großen Spiegel, in dem ich mich selbst sehe, außerdem unzählige Haarpflegeprodukte, Poster mit den neuesten Frisuren und meine Mutter, die sich von der Chefin des Salons höchstpersönlich die Kopfhaut massieren lässt.
    Ich habe bloß die Auszubildende abbekommen. Sie kämmt mir energisch die nassen Haare durch. »Also, wollen wir

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