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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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plötzlich sein Gesicht vor mir. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und habe mir die Sendung angeschaut. Der Bursche redete wie ein Wasserfall und verbreitete ausführlich schwachsinnige Thesen zum Thema Hannah Starr. Und dabei haben wir es hier mit einem noch nicht abgeschlossenen Fall zu tun. Die Frau wird weiterhin vermisst, und niemand weiß, ob sie tot ist oder lebt. Doch dieser Kerl stellte Mutmaßungen über die Grausamkeiten an, die irgendein Serienmörder mit ihr veranstaltet haben könnte. Dieser aufgeblasene alte Narr. Ich wundere mich, dass das FBI noch keinen Weg gefunden hat, den Schwachkopf diskret aus dem Verkehr zu ziehen. Er ist einfach nur peinlich und schadet dem Ansehen der Abteilung für Verhaltensforschung.«
    »Er hatte nie mit der Abteilung für Verhaltensforschung zu tun und hat auch nicht für sie gearbeitet, als ich dort Leiter war«, stellte Benton fest. »Das ist nur eine der Fehlinformationen, die er die Welt setzt. Der Mann war nie beim FBI.«
    »Aber Sie waren es. Und jetzt sind Sie nicht mehr dabei.«
    »Richtig.«
    »Also fasse ich unser Gespräch noch einmal kurz zusammen. Dann muss ich wirklich los, sonst verpasse ich einen wichtigen Termin«, sagte Dr. Clark. »Sie wurden von der Staatsanwaltschaft in Detroit gebeten, ein psychologisches Gutachten über die Angeklagte Dodie Hodges anzufertigen, was Ihnen allerdings nicht das Recht gibt, wegen anderer vermutlicher Straftaten gegen sie zu ermitteln.«
    »Nein, dieses Recht hatte ich nicht.«
    »Auch die singende Weihnachtskarte ändert nichts daran.«
    »Richtig. Allerdings handelt es sich nicht einfach nur um eine singende Karte, sondern um eine verkappte Drohung.« In diesem Punkt ließ Benton nicht mit sich reden.
    »Das ist eine Frage der Betrachtungsweise. So als wollte man eindeutig belegen, ob ein Rorschach-Bild einen zerquetschten Käfer oder einen Schmetterling darstellt. Womit haben wir es zu tun? Einige könnten behaupten, es sei regressives Verhalten von Ihrer Seite, wenn Sie die Karte als verkappte Drohung deuten. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass Ihre langen Jahre als FBI-Mann und die Konfrontation mit Gewalt und traumatisierenden Erlebnissen bei Ihnen eine übertriebene Beschützerhaltung gegenüber den Menschen, die Sie lieben, sowie eine ständige und beharrliche Angst ausgelöst haben, die Bösen könnten Ihnen an den Kragen wollen. Falls Sie sich zu sehr in diese Sache hineinknien, riskieren Sie, dass man Ihnen eine Denkstörung unterstellt.«
    »Dann werde ich meine gestörten Gedanken eben für mich behalten«, entgegnete Benton. »Und mir in Zukunft Bemerkungen über Landplagen, denen nicht mehr zu helfen ist, verkneifen.«
    »Gute Idee. Es steht uns nämlich nicht an, zu entscheiden, wem nicht mehr zu helfen und wer eine Landplage ist.«
    »Selbst wenn wir wissen, dass es stimmt.«
    »Wir wissen eine ganze Menge«, antwortete Dr. Clark. »Viele Dinge, von denen ich wünschte, ich hätte sie nie gehört. Ich habe diesen Beruf schon ausgeübt, als es das Wort Profiler noch gar nicht gab und das FBI nicht hinter sogenannten Serienmördern, sondern hinter Kommunisten her war. Glauben Sie, ich liebe alle meine Patienten?« Er stützte sich an den Armlehnen ab und erhob sich. »Denken Sie, ich finde den Kerl sympathisch, mit dem ich heute einige Stunden verbracht habe? Der reizende Teddy, der es für sinnvoll und notwendig hält, einem neunjährigen Mädchen Benzin in die Vagina zu schütten. Wie er mir im Brustton der Überzeugung erklärte, diente die Aktion dem Zweck, eine Schwangerschaft zu verhindern, nachdem er sie vergewaltigt hatte. Ist er für sein Tun verantwortlich? Kann man einem unbehandelten Schizophrenen, der als Kind selbst wiederholt sexuell missbraucht und gequält wurde, Vorwürfe machen? Hat er die Todesspritze, ein Erschießungskommando oder den elektrischen Stuhl verdient?«
    »Schuld und Verantwortung sind zwei verschiedene Dinge«, sagte Benton. Im nächsten Moment läutete das Telefon.
    Er hob ab, in der Hoffnung, es würde Scarpetta sein. »Ich stehe draußen«, verkündete ihre Stimme.
    »Wo draußen?«, fragte er erschrocken. »Vor dem Bellevue?«
    »Ich bin zu Fuß gegangen.«
    »Verdammt! Gut. Warte in der Vorhalle, nicht auf der Straße. Komm in die Vorhalle, ich bin gleich da.«
    »Ist etwas passiert?«
    »Draußen ist es lausig kalt. Ich beeile mich.« Er stand hinter dem Schreibtisch auf.
    »Wünschen Sie mir Glück. Ich gehe jetzt in die Tennishalle.« Dr. Clark

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