Scarpetta Factor
haben gerade zugegeben, dass Sie sich heute wie ein Mitarbeiter einer Polizeibehörde verhalten haben, nicht wie ein Psychologe, bei dem das Wohlbefinden seines Patienten an erster Stelle stehen sollte. Dodie Hodge hat etwas in Ihnen ausgelöst.«
Benton schwieg.
»Etwas, das schon lange in Ihnen schwelt. Sie haben nur irrtümlicherweise geglaubt, es überwunden zu haben«, fügte Dr. Clark hinzu.
Benton erwiderte nichts.
»Und deshalb bin ich neugierig, was dieser Auslöser gewesen sein könnte. Denn Dodie selbst ist es eindeutig nicht. Dazu ist sie viel zu unwichtig. Sie ist eher der Katalysator«, sagte Dr. Clark. »Stimmen Sie mir da zu?«
»Ich weiß nicht, was sie ist. Aber Sie haben recht. Sie ist nicht der Anlass.«
»Ich neige eher zu der Auffassung, dass es an Warner Agee liegt«, meinte Dr. Clark. »In den vergangenen drei Wochen war er häufig Gast in derselben Sendung, in der Kay heute Abend auftritt. Er spielt sich als forensischer Psychiater beim FBI auf, als der große Fachmann für Serienmörder und Psychopathen. Verständlicherweise ruft er starke Gefühle in Ihnen wach. Sie haben sogar einmal Mordgelüste erwähnt. Kennt Kay diesen Warner?«
»Nicht persönlich.«
»Weiß sie, was er Ihnen angetan hat?«
»Wir unterhalten uns nicht über damals«, entgegnete Benton. »Wir haben versucht, die Vergangenheit hinter uns zu lassen und neu anzufangen. Es gibt viele Dinge, über die ich nicht reden kann, doch selbst wenn ich es wollte, würde sie sich weigern. Offen gestanden bin ich mir, je länger ich darüber nachdenke, gar nicht mehr sicher, woran sie sich noch erinnert. Und ich achte darauf, sie nicht zu drängen.«
»Möglicherweise fürchten Sie sich vor dem, was geschehen könnte, wenn es ihr wieder einfällt. Haben Sie Angst vor ihrem Zorn?«
»Sie hätte guten Grund dazu. Aber sie erwähnt es nicht. Vermutlich ist sie diejenige, die Angst vor ihrem eigenen Zorn hat«, antwortete Benton.
»Und was ist mit Ihrem Zorn?«
»Zorn und Hass sind destruktive Gefühle. Ich will nicht zornig sein und hassen.« Zorn und Hass fraßen ihm ein Loch in den Magen, als hätte er gerade Säure getrunken.
»Wie ich annehme, haben Sie ihr nie in allen Einzelheiten geschildert, welche Probleme Sie Warner zu verdanken haben. Ich gehe davon aus, dass es sehr aufwühlend für Sie war, ihn im Fernsehen und in den Nachrichten zu sehen. Es hat die Tür zu einem Raum geöffnet, den Sie seit Jahren nach Kräften meiden«, stellte Dr. Clark fest.
Benton sagte nichts.
»Vielleicht überlegen Sie ja, ob Warner sich absichtlich in dieselbe Sendung gedrängt hat wie Kay, weil es ihm Spaß macht, mit Ihnen zu konkurrieren. Wenn ich mich recht entsinne, hat Carley Crispin alles unternommen, um Sie und Kay gemeinsam in eine Sendung zu bekommen. Sie ist sogar so weit gegangen, das vor laufenden Kameras zu äußern. Sie haben sich geweigert, was die richtige Entscheidung war. Und was geschieht dann? Stattdessen wird Warner eingeladen. Ob Warner gegen Sie intrigiert hat? Geht es um Rivalität zwischen Ihnen?«
»Kay tritt niemals gemeinsam mit anderen Leuten in einer Sendung auf. Sie nimmt nicht an Talkshows teil, denn sie will mit dem, was sie als Studioprügelei à la Hollywood bezeichnet, nichts zu tun haben, wo sogenannte Experten einander niederschreien. Im Crispin Report ist sie auch nur selten zu sehen.«
»Der Mann, der nach Ihrer Rückkehr von den Toten versucht hat, Ihnen Ihr Leben zu stehlen, hat sich inzwischen zu einem prominenten Experten entwickelt. Er hat sich in Sie verwandelt, den Mann, den er am meisten beneidet hat. Und nun tritt er in derselben Sendung auf wie Ihre Frau.« Dr. Clark kannte keine Gnade.
»Kay ist nicht regelmäßig Gast in dieser Show und niemals zusammen mit anderen«, wiederholte Benton. »Nur hin und wieder nimmt sie Carleys Einladung an – gegen meinen Rat, wie ich hinzufügen möchte. Zweimal war sie einverstanden, um dem Produzenten einen Gefallen zu tun. Carley hat Unterstützung dringend nötig. Ihre Einschaltquote rauscht seit diesem Herbst mit der Geschwindigkeit einer Lawine bergab.«
»Es erleichtert mich, dass Sie sich in dieser Sache nicht rechtfertigen oder mir ausweichen.«
»Ich wünschte, sie würde die Finger davon lassen und einen Bogen um Carley machen. Kay ist einfach zu gutmütig, will immer helfen und glaubt, der ganzen Welt etwas beibringen zu müssen. Sie kennen sie ja.«
»Inzwischen kennt sie vermutlich wohl jeder. Ist das ein Problem für Sie?
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