Scarred Heart (German Edition)
völlig zerzaust und noch verschwitzter als vorher wieder aufzutauchen. Dort hinten musste der Darkroom sein.
Hastig senkte er den Kopf, um seine leere Flasche anzustarren. Er wollte nur noch eines: Raus aus dem Club.
„Marius? He, was ist los? Kleiner, sag was!” Sein Bruder kniete plötzlich neben ihm, packte sein Kinn und zwang ihn, Marek in die Augen zu sehen. Sein großer Bruder sah in prüfend an, die Stirn in Falten gelegt. „Marius, sprich mit mir. Du bist blass und du hyperventilierst. Atme tief ein und langsam wieder aus. Sie mich an, und nur mich!“, befahl Marek, und Marius gehorchte. Nur langsam kam er wieder zur Ruhe, seine Atmung normalisierte sich wieder. Er selbst hatte nicht gemerkt, dass er wieder eine Panikattacke hatte.
Mühsam wendete er den Blick ab, wollte seinem Bruder nicht in die Augen sehen. Er hatte ihm den Abend ruiniert. Obwohl Marek in eine normale Disco oder einen anderen Club hätte gehen können, um sich mit einer Frau zu vergnügen, war er stattdessen mit seinem labilen Bruder in einen Gay-Club gegangen.
„Hey, hier seid ihr! Wir haben euch schon gesucht!“ , ertönte es neben ihnen. Marek erhob sich und wendete sich den Neuankömmlingen zu. Marius senkte wieder den Kopf und starrte den Boden an.
„Ja, sorry, hab vergessen euch zu Simsen, wo wir zu finden sind.“, sagte Marek und bedeutete den zwei Neuen, sich zu setzen. Diese ließen sich sogleich in die Sessel fallen und begannen ein Gespräch mit Marek.
Marius da gegen verkroch sich tiefer in den Schatten, hoffte, dass sie ihn nicht bemerken würden. Die Stimmen kamen ihm bekannt vor. Kurz grübelte er, dann fiel es ihm wieder ein. Marcus und Rafael! Die beiden waren doch schon heute Mittag bei ihnen in der Küche gesessen. Aber da er wie immer den Kopf gesenkt gehalten hatte, konnte er die beiden nicht ansehen und wusste deshalb nicht, wie sie aussahen.
„Hey Marius, schön das du doch mitgekommen bist“, wendete einer der beiden sich an ihn. Der zuckte nu r unbehaglich mit den Schultern und wusste nicht, was er sagen sollte. Vorsichtig linste er unter seinen Haaren hervor. Der, der ihn angesprochen hatte, saß direkt neben ihm, auf der linken Seite. Der Typ war groß, erheblich größer als er selbst, wenn er schätzen sollte. Allein die Beine waren ewig lang. Breite Schultern, muskulös. Er sah aus, als würde er regelmäßig Sport betreiben, und nicht nur joggen gehen. Der tat definitiv auch was für den Rest.
Marius Blick glitt noch ein bisschen höher. Markantes Kinn, gleichmäßige Gesichtskonturen. Lippen, die zum Küssen einluden. Schwarze Augen und schwarze Haare, die kurz geschnitten waren, und doch lang genug, dass man gut mit den Händen durchfahren konnte.
Hastig verbot er sich jeden weiteren Gedanken, gingen sie doch in eine Richtung, die nur im Schmerz enden konnten. Erneut senkte er den Blick und schwieg weiterhin.
„Bist wohl nicht sehr gesprächig, was?“, fragte der andere. Wieder keine Antwort. Dafür mischte sich nun Marek ein: „Lass gut sein Rafael, er spricht nicht viel. Er fühlt sich nicht besonders wohl unter so vielen Menschen!“
Marius hörte das Erstaunen in Rafaels Stimme, als dieser sagte: „Warum kommt er dann in einen Club wie diesen mit?“
Marek war es sichtlich unbehaglich geworden, denn er rutschte auf dem Sessel herum. „Er ist Schriftsteller, sitzt den ganzen Tag im Haus herum. Ich wollte, dass er ein bisschen unter Leute kommt!“ war die Antwort des Bruders.
Marius fragte sich, ob sein Bruder den Freunden überhaupt irgendetwas von den Problemen, die er mit sich rumschleppte, erzählt hatte. Scheinbar nicht, oder nicht viel. Innerlich seufzte er, linste wieder unter den Haaren hervor, erhaschte einen schnellen Blick auf Rafael.
Dieser sah nachdenklich auf Marius. Marcus sprang auf, rief „Lasst uns tanzen!“ , und stürmte in die sich wiegende Menge.
Marek grinste und schüttelte mit dem Kopf, meinte: „Der wird heut Nacht nicht allein bleiben!“ , und lehnte sich in den Sessel zurück.
Rafael lachte, prostete Marek zu und nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche. Sein Blick fiel auf Marius. Das kleine Kerlchen war irgendwie seltsam. Saß im Schatten, den Kopf immer zum Boden gesenkt, trug sogar hier in der Hitze der Halle Handschuhe. Als er ihn heute Mittag zum ersten Mal gesehen hatte, war er überrascht gewesen.
Marius hatte so gar keine Ähnlichkeit mit seinem Bruder. Marek war groß, kräftig, braune Haare, markantes Gesicht.
Der Bruder
Weitere Kostenlose Bücher