Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
Preis.«
Mats kletterte als Erster auf die Trittleiter, gefolgt von Lucy. Der Abstieg war anstrengend, denn schon bald schmerzten ihm die Finger von dem Rost, der sich in seine Haut bohrte, und weil er viel zu fest zupackte, aus Angst abzurutschen und in die Tiefe zu stürzen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie endlich den Boden des Kraters.
Lucy gab ein erleichtertes Lachen von sich, als sie den letzten Meter sprang und neben Mats landete.
»Pst!« Tic schaute sich unbehaglich um. »Erdgnome lachen nicht. Dafür sind sie viel zu mies drauf. Und jetzt weiter!«
»Wie gehen wir vor?«, erkundigte sich Mats, während er den Blick über die Schatten und düsteren Gassen wandern ließ, die sie umgaben.
»Gerüchteweise rekrutieren die Nightscreamer neue Anhänger im Schwarzen Skarabäus.« Der Feary hielt sich dicht neben Mats. Die Gegend schien auch ihm nicht geheuer. »Ein zwielichtiger Gasthof, der offiziell schon vor Jahren geschlossen wurde. Aber das Loch folgt nun mal seinen eigenen Gesetzen.«
Die meisten Gebäude, an denen sie vorüberkamen, wirkten verlassen, trotzdem hatte Mats den Eindruck, das hinter jedem der dunklen Fenster boshafte Augen lauerten, die jedem ihrer Schritte folgten. Was ihn jedoch immer wieder nervös den Kopf heben ließ, waren die Schatten der Riesenfledermäuse, die über sie hinwegglitten. Was taten sie überhaupt hier? Suchten sie nach Beute?
»Ich mag diesen Ort nicht.« Lucy drängte sich dichter an Mats. »Es ist wie in einer Geisterstadt. Nein, eher wie in einem Albtraum.« Sie deutete auf ein Haus, das ein wenig abseits der anderen auf einem Hügel stand. Alles daran wirkte grotesk, angefangen bei den winzigen, vergitterten Fenstern, über die viel zu großen, fabrikartigen Schornsteine bis hin zu der giftgrünen Neonschrift über der Haustür: Willkommen im Irrenhaus des Dr. Qual, wo der Wahnsinn dich nie verlässt!
»Einfach nicht drüber nachdenken, am besten nicht einmal so genau hinschauen«, riet ihr der Feary mit gesenkter Stimme. »Hier unten gibt es Dinge, die willst du nicht wissen, die will niemand wissen.«
Der Schwarze Skarabäus war nicht einmal ansatzweise, was Mats erwartet hatte. In seiner Vorstellung hatte er sich eine schäbige Kneipe ausgemalt, aus deren geöffneten Fenstern grölende Stimmen und schiefer Gesang dröhnte. Stattdessen türmte sich eine schwarze Stufenpyramide vor ihnen auf, ähnlich denen, die die Mayas vor Jahrhunderten erbaut hatten. Dämonische Fratzen starrten von der mit Ranken und Schlinggewächsen überzogenen Fassade auf sie herab und schienen mit ihren steinernen Glubschaugen jede Bewegung der drei Freunde genau zu beobachten. Mats zog den Kopf ein wenig tiefer zwischen die Schultern, als eines der Steingesichter ihm hämisch zuzwinkerte, kurz bevor sie den Gasthof betraten.
Shit, dachte er, sobald sie drinnen waren. Und noch mal: Shit!
Dreißig Paar Augen waren auf sie gerichtet. Die meisten davon saßen schon nicht mehr an den Stellen, wo sie eigentlich hingehörten.
»Was glotzt ihr so?«, blaffte Tic.
Mats stöhnte innerlich auf, während sein Magen auf Erbsengröße zusammenschrumpelte. Wir sind Hackfleisch, dachte er und wartete nur darauf, dass die untoten Gäste des Schwarzen Skarabäus aufsprangen, um sie wegen Tics großer Klappe in der Luft zu zerreißen.
Angriff der Nightscreamer
Mats blinzelte ungläubig, als die Gäste des Schwarzen Skarabäus sich wieder ihren Getränken zuwandten, als wäre nichts gewesen. Dann ging ihm ein Licht auf. Klar, Weicheier hatten an einem Ort wie diesem nichts zu suchen, wo nur harte und echt gefährliche Schattengänger eine dicke Lippe riskierten. Tic hatte nur getan, was man von ihm erwartete.
»He, was darf’s denn sein?«, rief ihnen der Wirt zu.
Unter seiner Kapuze riss Mats die Augen auf. Der Wirt war eine grünhäutige Riesenschlange mit gefiederten Flügeln, unter denen grotesk kleine Ärmchen herausschauten, die jedoch flink die Bestellungen der Gäste abarbeiteten.
»Was ist jetzt?«, zischelte er ungeduldig.
»Später«, raunzte Tic und ließ sich dann zu Mats und Lucy herabsinken. »Wir probieren es zuerst bei dem Vampir dort drüben. Vlad hat eine Vorliebe für Blutsauger.«
Mats starrte zu dem Vampir, der alleine an einem Tisch saß. Seine Augen waren ins Leere gerichtet, die bleichen Lippen leicht gebleckt, sodass man die spitzen Eckzähne sah. Mats konnte bei ihrem Anblick beinahe fühlen, wie sie sich in
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