Scary City, Band 2: Der Wächter Des Goldenen Schlüssels, Scary City 2
Dachschalen wie ein in See stechendes Schiff aus. Er liebte die Oper. Gewöhnlich hatte bereits ihr Anblick eine beruhigende, geradezu heilsame Wirkung auf sein hitziges Gemüt. Aber nicht heute.
»Verdammt!« Er schmetterte seine Faust gegen das Fenster. Dumpf vibrierte das Sicherheitsglas.
Diese Wissenschaftler waren allesamt wie Kinder. Sie dachten niemals an die Konsequenzen. Wie hatte er nur so verrückt sein können, diesem Projekt seine Zustimmung zu erteilen? Taipan 2.0 hatte sich zu einem unkontrollierbaren Risiko entwickelt. Dabei hatten die Forschungen anfangs vielversprechende Resultate geliefert. Alles hatte darauf hingedeutet, dass sie auf dem besten Wege waren, ein Heilmittel gegen Krebs zu entwickeln. Bei Erfolg wäre Windar Biomed über Nacht zum weltweiten Marktführer aufgestiegen.
Doch nun war alles anders gekommen. Diese genetischen Experimente hatten zu einem Ergebnis geführt, das erschreckender war als jeder Albtraum. Es kam einer Kriegserklärung an alles gleich, wofür die Menschheit stand und an was sie glaubte. Nein, dachte er grimmig. Niemals durften Informationen über diese Experimente an die Ãffentlichkeit dringen. Es wäre das Aus für Windar Biomed und auch für ihn selbst, der als Aufsichtsratsvorsitzender die Verantwortung trug. Die negative Publicity würde den ohnehin schon angeschlagenen Aktienkurs endgültig in den Keller treiben.
Er schnaubte und plötzlich war das Fenster mit vielen kleinen rubinroten Tröpfchen besprenkelt. Fluchend zog er sein Taschentuch hervor. Wenn er sich zu sehr aufregte, bekam er Nasenbluten. Zu hoher Blutdruck. Er wankte zurück zu seinem Schreibtisch und nahm schnaufend Platz. Was sollte er bloà mit dem Doktor machen? Letztlich konnte er ihm ebenso wenig trauen wie den anderen Wissenschaftlern, die mit ihm an Projekt Taipan gearbeitet hatten. Es gab nur eine mögliche Entscheidung. Sobald der Doktor die Drecksarbeit erledigt hatte, musste er von der Bildfläche verschwinden.
Â
Teil I â Vermisst
Â
1
Â
Es war heiÃ. Viel zu heiÃ. Phil stoppte den Rasenmäher und wischte sich mit dem Handrücken den Schweià von der Stirn. Es war still in der Nachbarschaft. Keine bellenden Hunde, keine vorbeifahrenden Autos. Die ganze StraÃe mit ihren in staubigem Weià gehaltenen Häusern wirkte wie ausgestorben. Kein Wunder. Selbst hier, an der Grenze zu den Wet Tropics, zeigte der Klimawandel bereits seine Auswirkungen. Die tropischen Stürme fielen diesen Sommer ungewöhnlich milde aus und brachten kaum Regen und damit auch keine Abkühlung. Aber wenigstens hatte er Ferien. Für ein paar Wochen war er der mörderischen Hitze in dem überfüllten, viel zu engen Klassenzimmer entkommen.
Phil warf einen sehnsüchtigen Blick zum Haus. Dort war es so viel kühler und im Kühlschrank wartete eine eiskalte Cola auf ihn. Fuck! Vermutlich war er der Einzige in ganz Firewheel, der sich bei diesen Temperaturen vor die Tür gewagt hatte. Jeder mit ein bisschen Hirn hockte gerade vor einem Ventilator oder der Klimaanlage. Aber seine Mutter hatte darauf bestanden, dass er den Rasen mähte. Wie jeden zweiten Mittwoch im Monat. Sie hatte strikte Regeln, von denen sie keinen Deut abwich. Phil kannte den Grund nur zu gut: Sie hatte Angst, er könnte in alte Gewohnheiten zurückfallen, wenn sie nachgiebig wurde.
Fluchend warf er den Rasenmäher wieder an, als plötzlich Sara Kingsley mit wehendem blondem Haar in die Einfahrt bog. Sie war siebzehn â ein Jahr jünger als er â und hatte die faszinierendsten Augen, die Phil je bei einem Mädchen gesehen hatte. Meist waren sie tiefblau wie der Pazifik, aber genauso wie das Meer wechselten auch sie im Lichtspiel der Sonne ihre Farbe. Von hell zu dunkel. Von Türkis bis Violett. Gleich bei ihrer ersten Begegnung hatten ihre Augen ihn in ihren Bann geschlagen. Oder vielmehr hatte alles an Sara ihn in ihren Bann geschlagen. Sie ahnte jedoch nichts davon und vielleicht war es auch besser so. Im Gegensatz zu den Mädchen, mit denen er sonst ausging, sah sie nicht nur gut aus, sondern hatte auch Grips. Die meisten Jungs machten deshalb einen Bogen um Sara.
Sie winkte und rief ihm etwas zu, doch über das Knattern des alten Rasenmähers verstand er sie nicht. Phil schaltete ihn aus. Sobald Sara so nahe war, dass ihn die helle Mittagssonne nicht länger blendete, machte sich ein flaues Gefühl
Weitere Kostenlose Bücher