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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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zu kommen. Dort stand ein schwitzender stämmiger Mann vor einem großen Kupferkessel, der sich auf einem schwarzen Gusseisenofen befand. Zwei jüngere Männer teilten eine Brühe mit Fleischbröckchen aus.
    Hannah wollte sich hinten anstellen, aber Meg packte sie am Arm und zerrte sie mitten ins Getümmel.
    »Na macht schon, verzieht euch!«, rief sie und rempelte die anderen Frauen an, die sich ihr wütend und schimpfend in den Weg stellten.
    »So viele Menschen«, murmelte Hannah.
    Long Meg sah über ihre Schulter.
    »Das ist nur die Hälfte«, sagte sie und schob sich energisch an einer anderen Frau vorbei. »Wir sind zweihundertvier Frauen hier, aber nur eine Handvoll Matrosen, die uns nachts warmhalten können. Und wir haben alle einen Bärenhunger.«
    Vorne angekommen drückte ihr einer der Männer eine rechteckige Holzschale in die Hand und schöpfte eine undefinierbare Flüssigkeit hinein. Long Meg schaute ihn mit großen Augen an.
    »Aber nicht vergessen, Sir. Noch einen Schlag für meine arme, kranke Freundin Hannah. Sie muss immer noch das Bett hüten.«
    Der Mann sah Meg misstrauisch an, dann wanderte sein Blick zu Hannah hinüber. Meg schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, Sir. Ich weiß, was Sie denken. Aber das hier ist …«, sie zögerte unmerklich, »Mary. Meine Freundin Mary.« Sie zwinkerte Hannah zu.
    »Mary«, sagte der Mann und musterte Hannah von oben bis unten. Hannah wurde es heiß und kalt vor Scham.
    »Du bist aber eine Hübsche.«
    Der Mann füllte noch ein Schälchen und reichte es Meg. Dann sah er Hannah anzüglich an und drückte ihr ebenfalls eins in die Hand.
    »Du darfst dir jederzeit einen Nachschlag holen«, sagte er.
    »Na, Mary«, grinste Long Meg, »wir hauen lieber ab und essen in Ruhe unser Frühstück.«
    Long Meg ging mit ihr zur Treppe zurück. Sie hatte die beiden Schälchen übereinandergestellt und balancierte mit ihnen gekonnt die Stufen hinunter.
    »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Hannah und sah sich auf dem unteren Deck um. Dann folgte sie Meg in den Frauentrakt.
    »Ungefähr vier Tage«, antwortete Meg.
    Hannah blinzelte, um ihre Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen.
    »Gibt es hier keine Fenster?«, fragte sie.
    Meg zwängte sich durch den schmalen Gang zu ihrem Schlafplatz und sagte, ohne sich dabei umzusehen: »Das hier ist das Orlopdeck. Ist unter dem Meer.«
    Hannah hatte plötzlich die Vorstellung, von allen Seiten würde Wasser in das Deck dringen. Sie schauderte.
    Sie setzten sich und Meg stellte die eine Holzschale vorsichtig auf dem Boden ab, die andere platzierte sie auf ihrem Schoß. Dann tastete sie in der Ablage über ihrem Kopf und fischte zwei Löffel hervor. Hannah bemerkte vier gerade Striche, die in das Brett über Megs Schlafplatz geritzt waren.
    »Danke, Meg«, sagte Hannah. Meg zog ihre Augenbrauen hoch.
    »Wofür?« Sie gab Hannah einen Löffel.
    »Dass Sie mir Essen gebracht haben. Als ich krank war.«
    Long Meg sah zur Seite.
    Hannah schaute sie misstrauisch an. »Sie haben mir doch das Essen gebracht, oder? Das haben Sie jedenfalls dem Mann mit der Kelle gesagt. Dass Sie das Essen für mich holen.«
    Long Meg starrte auf ihre Schale.
    »Stimmt mehr oder weniger«, entgegnete sie und begann zu essen. Dann setzte sie den Löffel ab und wühlte in ihrem Strohsack.
    »Hier«, sagte sie barsch und reichte Hannah ein zerlumptes graues Stück Stoff.
    Es war das Taschentuch von Thomas Behr. Hannah schloss ihre Finger darum.
    »Dachte, du magst es vielleicht«, murmelte Meg und löffelte weiter.
    Hannah war fast zum Weinen zumute.
    »Danke«, sagte sie und steckte das Taschentuch ein.
    »Was ist eigentlich mit Black Jack geschehen?«, fragte Hannah.
    Meg zuckte die Achseln. »Der baumelt wahrscheinlich«, sagte sie mit vollem Mund.
    »Sind Sie nicht traurig?«
    »Traurig nein.
Hungrig
ja. Halt endlich deinen Schnabel.«
    Hannah musterte den Inhalt ihrer Schale. Die Brühe war dünn und wässrig und sie konnte nicht erkennen, was für eine Art Fleisch darin schwamm.
    »Gibt es noch etwas anderes?«, fragte sie zaghaft.
    Long Meg verdrehte die Augen und schlürfte schweigend ihre Suppe.
    Hannah schnupperte an dem Fleisch, dann tauchte sie den Löffel in die Brühe und führte ihn zum Mund. Sie probierte vorsichtig und spuckte gleich wieder aus.
    »Pfui, das kann ich nicht essen!«, stieß sie hustend hervor.
    »Das schmeckt ja widerlich!«
    Meg hatte die erste Schale leer und machte sich über die zweite her.
    Hannah beobachtete sie. Ihr

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