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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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Hannah.
    »Warten Sie«, rief diese, »das ist meine Schwester.«
    Der Offizier entgegnete gleichgültig: »Das spielt keine Rolle, selbst wenn sie Ihr eigenes Kind wäre. Sie muss ins Waisenhaus.«
    Die Frau wollte Molly an die Hand nehmen, doch die wehrte sich und schrie: »Ich will nicht ins Waisenhaus! Ich will bei Hannah bleiben.«
    Augenblicklich packte die Frau Molly und hob sie hoch. Voller Verzweiflung trat Molly um sich, sie biss und schrie, aber die Frau war stark und trug sie fort.
    »Hannah!«, kreischte Molly. »Sie dürfen mich nicht wegbringen.«
    Hannah sah Mollys blasses, angstverzerrtes Gesicht.
    »Es wird alles gut, Molly!«, rief sie ihr hilflos nach.
    Als die Frau mit Molly in der Dunkelheit verschwand, wollte es Hannah beinahe das Herz zerreißen.
    Nun wandte sich der Offizier ihr zu.
    »Name?«
    »Hannah Cheshire.«
    »Alter?«
    »Ich bin vierzehn«, antwortete sie und merkte im selben Moment, dass das nicht stimmte. Irgendwann auf der Reise war sie fünfzehn geworden, sie hatte es nicht einmal bemerkt.
    »Vergehen?«
    Hannah runzelte die Stirn.
    »Ich habe nichts getan. Ich bin aus Versehen hier.«
    Der Offizier sah sie spöttisch an.
    »Das gilt doch für alle, oder?« Er packte sie am Kinn und drückte ihr den Mund auf, um ihre Zähne zu untersuchen. Es war demütigend, wie ein Pferd auf dem Markt begutachtet zu werden. Sie dachte an den Zahn, der ihr auf der
Derby Ram
ausgefallen war. Der Offizier warf einen Blick auf ihr kurzes Haar.
    »Aha, du bist auf der Fahrt bestraft worden. Was hast du denn angestellt?«
    »Ich habe nichts Unrechtes getan«, wiederholte sie und sah einen Moment lang das Gesicht von Dr. Ullathorne vor sich, als er über Bord fiel.
    »Ich bin auf der Suche nach Thomas Behr. Er ist Offizier.«
    Der Mann schaute sie misstrauisch an. »Thomas Behr hast du gesagt?«
    Hannahs Herz machte einen Sprung. »Ja, kennen Sie ihn? Ist er hier?«
    Der Mann schwieg, er wirkte nachdenklich, aber dann schüttelte er den Kopf. »Nein, hier ist niemand, der so heißt. Für eine Dienstmagd bist du zu schnippisch. Du kommst in die Fabrik.«
    Hannah konnte sich nicht erklären, warum sie in die Fabrik geschickt und nicht einer Familie zugewiesen wurde. Bei ihrer Ankunft betrachtete sie der Fabrikvorsteher verwundert. Der Offizier, der sie begleitete, beugte sich zu ihm vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Hannah zuckte zusammen. Hatte er nicht Thomas Behr erwähnt? Warum sah sie der Fabrikvorsteher plötzlich so eigenartig an und presste die Lippen zusammen? Wo war Thomas?
    Die Fabrik war ein zerfallener Dachboden über einem Gefängnis, kaum größer als der Frauentrakt im Orlopdeck, in dem jedoch doppelt so viele Gefangene untergebracht waren.
    Hannah schob sich mit den anderen Neuankömmlingen hinein und schaute sich entsetzt um. Das Gebäude machte den Eindruck, als würde es gleich auseinanderfallen. Zwischen dem Dach und den Seitenwänden war eine Lücke, durch die der Wind pfiff, und die Fußbodenbretter waren so aufgesprungen, dass Hannah ihre Finger in die Risse stecken konnte. In der ersten Nacht in dem zugigen Raum zitterte sie vor Kälte und wünschte, sie hätte ihre Decke nicht an Bord gelassen. Sie hatten weder Bettzeug noch frische Kleidung bekommen. Kurz vor Morgengrauen begann es auch noch zu regnen und das kalte Wasser tröpfelte durch das undichte Dach auf Hannah herab.
    In der Fabrik waren all die Frauen, die nicht als Dienstmädchen für die Bürgerhäuser in Sydney und Parramatta oder als Mägde für die umliegenden Höfe ausgewählt worden waren. Es waren die Schlimmsten der Sträflinge, die Bösen, Kranken und Alten.
    Hannah hasste das Leben in der Fabrik. Zu jeder Tagesund Nachtzeit wurden Männer hereingelassen, die sich mit Frauen, die für ein paar Kupfermünzen alles taten, in die Ecken verzogen.
Pennyhuren
nannten sie das.
    Jeden Donnerstag führte ungefähr ein Dutzend der gefangenen Frauen den
Tanz der Seejungfrau
auf. Zuerst zogen sich die Frauen nackt aus und auf ihre Rücken wurden Nummern in hellblauer Farbe gemalt. Dann spielte jemand mit der Fidel oder der Flöte auf und die Frauentanzten.Die Männer riefen die Nummern ihrer Favoritinnen und überboten sich gegenseitig. Sie stampften mit den Füßen, klatschten in die Hände und pfiffen. Die Frauen tanzten immer heftiger – sie versuchten sich gegenseitig an Schamlosigkeit und Obszönität zu übertreffen. Am Schluss zahlte der Meistbietende sein Geld und verschwand mit seinem »Gewinn«.
    In der

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