Scepter und Hammer
der Herzog wüthend aber rathlos. Er jedoch schritt davon mit dem Bewußtsein, einen glanzvollen Sieg errungen zu haben.
Als er die Schmiede erreichte, saßen die beiden Gesellen wieder am Herde.
»Ihr habt den Mann doch sicher?« frug er sie.
»Na und ob!« antwortete Heinrich, der Artillerist. »Er kann ja kein Glied rühren, und wir wachen hier, bis er fortgeschafft wird. Eine Flucht ist rein unmöglich.«
»Das ist am Den!« stimmte Baldrian bei.
»Wo sind die Eltern?«
»Droben bei der Hex – – wollte sagen bei der Zigeunerin.«
Max begab sich nach oben, wo er Alle beisammen fand. Er berichtete von seiner Unterredung mit dem Herzoge.
»Er soll kein Wort gesprochen haben, welches der König nicht erfährt,« meinte Brandauer.
»Er hat die heiligsten Gefühle des Menschenherzen verhöhnt und alle Bande zerrissen, welche das Kind mit dem Vater vereinigen,« fügte der Hauptmann bei. »Er wüthet gegen sein eigenes Fleisch und Blut; ich bin aller Rücksicht gegen ihn quitt und habe die Erlaubniß, von nun an nur an die Qualen zu denken, welche ich auf seine Befehle erdulden mußte. Ich sehe in ihm nur meinen ärgsten Feind, den ich schonungslos bekämpfen muß.«
Auch Zarba erhob die Hand.
»Fluch ihm, tausendfachen Fluch! Der Tiger liebt sein Junges und der Geier beschützt seine Brut; dieser Teufel aber zerreißt die Herzen Derer, die ihn lieben. Bhowannie wird ihre Pfeile über ihn schicken, wenn er es am wenigsten vermeint. Schon ist das Messer geschärft, welches gegen ihn gezückt werden soll, und die Vajdzina der Brinjaaren wird ihn zu ihren Füßen sehen, wie er sich windet unter Klagen, Bitten und Jammern; aber sie wird weder Gnade noch Barmherzigkeit für ihn haben, sondern ihm seinen Lohn geben, den er verdient!«
An demselben Tage hatte der Regen die Wasser und Bäche des Gebirges hoch angeschwellt, daß es schwer und bedenklich war, auf Fußpfaden durch die Waldung zu kommen. Auch die wenigen fahrbaren Straßen, welche nach der Grenze führten, wurden schwerer wegbar, und wer nicht gezwungen war, dem Wetter zu trotzen, der blieb daheim am sichern Herde sitzen.
Ungefähr drei Wegsstunden von der Grenze entfernt liegt das Städtchen Waldenberg, rings umgeben von schroffen Höhen, welche die Poststraße nur schwer zu überwinden vermag. Seitwärts von dieser Letzteren steht an einem Saumpfade fast mitten im Walde ein einstöckiges Häuschen, über dessen Thür eine Holztafel angebracht ist, deren verwitterte und verwaschene Inschrift man nur mit Mühe zu entziffern vermag. Sie lautet: »Zur Oberschenke.« Fragt der Fremde, ob es denn Gäste gebe, welche Durst genug haben, dieses einsame und anspruchslose Haus zu frequentiren, so antwortet man ihm allerdings mit Ja! er selbst aber würde wochenlang beobachten und zählen können, ehe er zu dem Resultate käme, daß am Tage nicht ein einziger Gast dort verkehrt.
Nur der Eingeweihte weiß, daß sehr oft gewisse Gestalten heimlich in das Gebäude huschen und es ebenso vorsichtig wieder verlassen; er weiß auch, daß zuweilen des Nachts die alte verräucherte Stube kaum die Zahl Derer zu fassen vermag, welche lautlos kommen und verschwinden.
Steht man vor der Thür der Oberschenke, so gestattet ein schmaler Holzschlag, der sich den Berg hinabzieht, einen Blick hinunter in das Thal und auf die Fahrstraße, welche dem Letzteren in vielen Windungen zu folgen hat. Sollte dieser Holzschlag durch eine gewisse Absicht hervorgerufen worden sein? Fast scheint es, als hätte es dem Wirthe ermöglicht werden sollen, von seinem verborgenen Wohnsitze aus die Straße immer im Auge behalten und beobachten zu können.
Heut that er dies nicht; er wußte, daß es keinen Verkehr oder wenigstens keinen nennenswerthen geben werde, er saß an dem gewaltigen Kachelofen, in welchem ein großer Holzklotz mehr klimmte als brannte, rauchte seine Pfeife und hob zuweilen einen dicken Steinkrug zum Munde, um in einem langen Zuge das Getränk zu schmecken, welches bei ihm Bier genannt wurde.
Am Tische, der in der Nähe des Ofens stand, saßen zwei Männer, welche ähnliche Krüge vor sich stehen hatten und ein Gespräch unterhielten, über welches sich ein heimlicher Lauscher gewundert haben würde. Sie waren mehr in Lumpen als in ein ordentliches Gewand gekleidet, und doch hatte der Tabak, den sie rauchten, ein so feines und dabei kräftiges Parfüm, daß der Kenner geschworen hätte, er könne nur von sehr wohlhabenden Leuten bezahlt werden. Die Gesichter der Beiden
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