Scepter und Hammer
Raume.
»Hier herein!« klang die Stimme des einen Zigeuners.
Die Gefangenen wurden in einen engen, niedrigen Raum gestoßen; ein helles Gelächter ertönte hinter ihnen, dann waren sie mit sich allein. – –Es war nur einige Tage früher, daß Prinz Arthur von Sternburg im Garten von Schloß Sternburg sein Renkontre mit dem wilden Prinzen gehabt hatte.
Die Kastellanin Horn stand in der Küche und bügelte Gardinen und allerlei andere Hauswäsche, welche jetzt ja sehr nöthig gebraucht wird, als die Thür aufgerissen wurde und Almah ganz athemlos hereintrat.
»Hülfe, meine liebe Mama Horn, Hülfe!«
»Hülfe?! Herrjesses, mein Kind, was ist denn los?«
»Hülfe! Um Gottes willen, helfen Sie, retten Sie ihn!«
»Ihn? Wen denn?«
»Ihn!« antwortete das erschrockene Mädchen, indem sie auf einen Stuhl sank und die Augen schloß.
»Herr meines Lebens, jetzt stirbt sie mir!« schrie die Kastellanin und eilte hin und her, um irgend ein Mittel zu finden, die Ohnmächtige wieder in das Leben zurückzurufen. Vor Angst und Bestürzung jedoch fand sie nichts, und so nahm sie den Kopf des Mädchens an ihr Herz, streichelte die erbleichten Wangen und bat: »Nicht sterben, mein liebes, mein gutes, mein süßes Kind, nur nicht sterben! Herrjesses, wo nur mein Alter steckt; nun bin ich ganz allein in dieser schrecklichen Noth! Sie stirbt mir wahrhaftig noch, und hat mir nicht einmal vorher gesagt, wen ich retten soll. Aber da, Gott sei Lob und Dank, da holt sie ja wieder Athem, da macht sie die Augen auf. Kind, fassen Sie sich und sagen Sie mir schnell, wen ich retten soll!«
»Ihn!« hauchte es leise.
»Ihn? Ja, wen denn und wo denn?«
»Im Garten. Sie werden sich tödten!«
»Tödten? Herrjesses, ist das schrecklich!« Sie schlug die Hände über dem Kopfe zusammen. »Was soll daraus werden, und wie soll das enden, wenn sie sich tödten! Aber, mein Kind, wer ist es denn?«
»Prinz Hugo.«
»Der? Und wer noch?«
»Er – er – – der Matrose, der neue Diener.«
»Der gute, gnädige Herr Ar – – – der – der Bill Willmers, wollen Sie sagen, mein Kind?«
»Ja. Der Prinz zog den Degen.«
»Den Degen? Herrjesses, ist das gefährlich, ist das eine Angst und eine Noth! Wo ist nur mein Alter? Bleiben Sie hier, mein Kind, ich muß gleich sofort in den Garten, um ein solches Elend und Herzeleid zu verhüten!«
Jetzt eilte sie hinaus. Sie war schon ein Stück in den Garten hinein, als sie stehen blieb, sich besann und dann schnell wieder umkehrte.
»Sagen Sie mir doch, mein Kind, wo sie sich umbringen; ich muß sonst zu lange suchen!«
»In der Ecke, ganz hinten.«
»Auch das noch. Da sind sie todt, ehe ich hinkomme!«
Sie sprang wieder hinaus, so schnell sie es vermochte, und wäre draußen beinahe an Arthur gerannt, welcher soeben aus dem Garten zurückkehrte.
»Gnädiger H – – – Sie leben noch, Sie haben sich nicht umgebracht? Herrjesses, was bin ich glücklich! Das muß ich gleich dem lieben, guten Fräulein erzählen!«
Sie kehrte zur Küche zurück, um diesen Vorsatz auszuführen. Der ganze Vorgang hatte nicht unbemerkt bleiben können. Horn kam die Treppe herabgestiegen, und auch der Pascha zeigte sich von oben.
»Was gibt es, Bill?« frug er.
»Einen Menschen, der im Garten liegt, Excellenz.«
»Todt?«
»Nein. – Und einen Brief.«
Er stieg die Stufen empor.
»Von wem?«
»Von einem Fremden.«
Er gab das Schreiben der Zigeunerin ab. Nurwan Pascha warf einen Blick auf das Papier und erbrach dasselbe dann mit einer Hast, welche deutlich die Bedeutung zeigte, die es für ihn haben mußte.
»Wo ist der Bote?«
»Fort.«
»Du hast sonst keinen Auftrag von ihm bekommen?«
»Keinen.«
»So geh!«
Schon stand Arthur im Begriffe, dieser Weisung Folge zu leisten, als unten vom Garten her eilige Schritte ertönten. Es war der wilde Prinz, welcher wieder zum Bewußtsein gekommen war. Mit blutigem Gesichte stürmte er herbei, um seinen Gegner zu suchen. Er sah ihn droben beim Pascha stehen, stieß einen heiseren Ruf der Rache aus und sprang empor. Schon wollte er Arthur von hinten packen, als dieser sich schnell umdrehte, ihn bei den Hüften faßte, emporhob und mit solcher Wucht die Treppe hinunterwarf, daß er unten wie ein Holzklotz aufschlug und zum zweiten Male liegen blieb. Das geschah so schnell, daß der Pascha nicht die mindeste Zeit gehabt hatte, es zu verhindern.
»Mensch!« rief er jetzt erschrocken. »Dieser Mann ist ein königlicher Prinz. Was hast Du mit
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