Scepter und Hammer
Aufgabe habe, die Küsten-und Grenzfortifikationen Norlands zu untersuchen, daher unsere Reise.«
Sie blickte ihm ängstlich in das Angesicht.
»Das deutet auf einen Krieg, Papa. Sollst Du etwa wieder das Kommando einer Kriegsflotte übernehmen?«
»Möglich, doch das sind sehr geheimnißvolle Pläne, von denen ich kaum zu Dir sprechen darf, obgleich ich weiß, daß ich meinem guten Kinde vollständig vertrauen kann.«
»Sage mir es, Papa! Wenn ich nichts weiß, kann ich sehr leicht einen großen Fehler begehen, der Dich in Schaden bringt.«
»Du hast Recht. Es wird bald zwischen Norland und Süderland ein sehr ernster Krieg ausbrechen, und da Süderland keinen hervorragenden Seemann besitzt, so ist mir der Oberbefehl über die Kriegsflotte angetragen worden.«
»Hast Du angenommen?«
»Nur für gewisse Bedingungen. Der König von Norland ist ein guter Herrscher, aber er hat sein Scepter aus der Hand gegeben, denn der eigentliche Regent ist jener böse Herzog von Raumburg, von dem die Kastellanin vorhin erzählte. Dieser will nun nicht nur die Macht, sondern auch sämmtliche Attribute eines Königs haben und hat deshalb mit Süderland einen geheimen Plan verabredet. In Norland soll die Revolution ausbrechen; Süderland wird eingreifen, den jetzigen König absetzen und den Herzog krönen.«
»Das ist aber ja eine Ungerechtigkeit, Papa! Was wird Süderland davon haben?«
»Vortheilhafte Verträge, und überdies wird die Prinzessin Asta Königin von Norland werden, denn sie soll den Sohn des Herzogs heirathen.«
»Und dazu sollst Du helfen! Auch Du willst den bösen Herzog zum Könige machen?«
Ueber das wettergebräunte Gesicht des türkischen Kapudan-Pascha ging ein eigenthümliches Zucken.
»Ob ich es thue oder nicht, Almah, Du wirst stets wissen, daß Dein Vater nur das Gute will und alles Böse haßt. Ich mache Dir diese Mittheilungen und schließe dabei manche meiner Absichten aus, weil ich vielleicht gezwungen sein werde, Dich hier bei Hofe vorzustellen. Du darfst nur Dinge wissen, durch deren Kenntniß Du mir dienen kannst, während ich gewisse Punkte unaufgeklärt lassen muß, weil mir Deine Einweihung Schaden bringen kann. Trete ich das Kommando wirklich an, so werde ich leider gezwungen sein, gegen unsre gegenwärtigen Wirthe zu kämpfen.«
»Wie so?«
»Der alte Sternburg ist ohne Zweifel der befähigste General der norländischen Armee, und er wird sich an dem Kampfe betheiligen, wenn auch auf Einfluß des Herzogs, der ihn nicht liebt, ihm keine hervorragende Heerführerstelle anvertraut wird. Sein Sohn, Prinz Arthur, ist trotz seiner Jugend und obgleich er erst den Rang eines Kapitän begleitet, der einzige Seemann Norlands, den ich als ebenbürtig anerkennen würde. Auf alle Fälle aber werden wir uns nicht als persönliche Gegner zu betrachten haben. Jetzt beeile Dich, mein Kind, damit Du zur angesetzten Zeit fertig bist. Wir kehren wieder nach hier zurück.«
Er ging hinab in die Wohnung des Kastellans, um dessen Frau heraufzuschicken. Er fand sie sehr verlegen und ihren Mann zornig.
»Excellenz,« meinte der Letztere, »meine Frau hat Ihnen ein Ereigniß mitgetheilt, welches bisher unser alleiniges Geheimniß war –«
»Sorgen Sie nicht! In Beziehung auf Sie wird es Geheimniß bleiben wie bisher. Ich gebe Ihnen hiermit mein Ehrenwort, daß Sie seinetwegen nicht in die geringste Verwickelung oder Ungelegenheit gerathen werden, nur mache ich hierbei allerdings die Bedingung, daß Sie mir Alles einmal genau und ausführlich erzählen, während Ihre Frau meiner Tochter bei der Reisevorbereitung behilflich ist.«
Dies geschah. Horn erinnerte sich jenes verhängnißvollen Abends noch ganz genau und konnte sich auf jedes Wort besinnen, das er damals mit seinem Mädchen belauscht hatte.
Unterdessen kehrte Arthur von der Yacht zurück und machte sich reisefertig. Er hatte von dem Prinzen Hugo weder oben auf der Höhe noch unten in der Stadt eine Spur bemerkt. Zur festgesetzten Zeit hatte das kleine, flotte Schiff seine sämmtlichen Passagiere an Bord. Es lichtete die Anker, entfaltete seine Segel und strebte in einem graziösen Bogen aus dem Hafen hinaus der See entgegen. Bald war der weiße Punkt, welchen seine Leinwand am blauen Horizonte bildete, verschwunden.
Die Straße, welche von Süderhafen in das Gebirge führte, dieselbe, welche Balduin Schubert, Karavey und dann auch Thomas Schubert benutzt hatte, um zu dem Waldhüter Tirban zu gelangen, schien heut belebter als gewöhnlich zu
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