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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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junge Reïs eintrat.
    »Du kehrst zurück, Deine Augen leuchten und Deine Wangen erglühen wie die Morgenröthe, wenn sie den jungen Tag verkündet. Was hast Du mir zu sagen?«
    »Sihdi, Du weißt, daß ich mit Deiner Tochter gesprochen habe?«
    »Ich weiß es, denn sie selbst sagte es mir, daß Du im Kiosk gewesen bist, um nach den Spuren meines Kindes zu suchen. Wir haben auch gesucht, aber der Schmerz verdüsterte unsere Augen; Du hast die Spitze eines Dolches und das abgerissene Stück einer goldenen Schnur gefunden?«
    »So ist es, Sihdi.«
    »Stammen sie von jenem Abende her?«
    »Ja.«
    »Aber wie willst Du den finden, dem Beides gehört? Nur Allah allein ist groß, er sieht und hört Alles, der Mensch aber ist nicht allwissend, er kann nicht in das Dunkel blicken.«
    »Sihdi, weißt Du nicht, daß der Geist des Menschen von Gott stammt und wieder zu Gott geht? Der Mensch ist ein Kind Allahs, und Vieles, was der Vater weiß, theilt er dem Sohne mit; von der Allwissenheit Allahs fiel ein Strahl hernieder auf das Geschlecht der Menschen und dieser Strahl wird Verstand genannt. Den Einen traf er viel und den Andern wenig, darum sieht der Eine, was der Andere nicht bemerkt.«
    »Und Du, was hast Du gesehen?«
    »Den Räuber Deiner Tochter.«
    Manu-Remusat sprang empor wie von einer Feder in die Höhe geschnellt. Bei dieser unvermutheten Nachricht ließ er ganz die anerzogene muselmännische Ruhe und Würde außer Acht.
    »Ihn, ihn hast Du gesehen? Das ist unmöglich, ich selbst habe ihn gesucht – vergebens, meine Diener haben ihm nachgeforscht drei Wochen lang – ebenso vergebens, und Du, der Du kaum einige Minuten lang von ihrem Verschwinden weißt, willst ihn bereits gesehen haben?«
    »Sihdi, ich habe ihn bereits seit einer Woche gesehen!«
    »Wo?«
    »Auf meiner Dahabié.«
    »Bist Du wahnsinnig?«
    »Nein, Sihdi, meine Sinne sind ebenso gesund wie meine Fäuste, mit denen ich ihn vor wenigen Augenblicken niedergeschlagen und gefangen genommen habe.«
    »Du hast ihn gefangen? Sag, wo?«
    »Beim Kawuahschi Abd-el-Oman.«
    »Erzähle!«
    »Erlaube mir zuvor, vier Deiner Diener zu senden, um ihn zu holen!«
    »Thue es!«
    Katombo ging in den Hof und gab dort die nöthige Instruktion, dann kehrte er zu Manu-Remusat zurück. Einer der Schwarzen mußte ihm eine Pfeife bringen, und dann begann er seinen Bericht, während dessen Ayescha hereintrat. Wegen der Wichtigkeit des Augenblickes erlaubte ihr der Vater zu bleiben, und Beide hörten mit äußerster Spannung den Worten des Erzählers zu. Als dieser geendet hatte, reichte ihm Manu-Remusat die Hand.
    »Katombo, ich sagte vorhin zu Dir, Du solltest zu mir reden wie ein Sohn zu seinem Vater; ich werde Dein Vater sein, so lange Du eines solchen bedarfst oder so lange Allah mir das Leben schenkt. Erinnere mich an dieses Gelübde, wenn ich dessen jemals vergessen sollte!«
    »Ich danke Dir, Sihdi!«
    Er wollte weiter sprechen, wurde aber von einem der Diener unterbrochen, welcher eintrat und die Ankunft des Palankins (Sänfte) meldete.
    »Nehmt dem Menschen den Knebel aus dem Munde, die Fesseln von den Beinen und bringt ihn herauf!« befahl Katombo und wandte sich dann an Remusat: »Du bist der Gebieter, Sihdi, Du wirst ihn verhören!«
    »Nein, das werde ich nicht, Du hast ihn gefangen genommen und er ist Dein Eigenthum; Deine Augen sind heller und Dein Verstand ist klarer als der meinige. Sprich Du mit ihm!«
    »Du befiehlst es, Herr, und ich gehorche!«
    Jetzt brachten die vier Diener den Armenier geführt.
    »Bringt ihn näher und tretet dann ab,« gebot Katombo. »Doch bleibt hinter der Thür!«
    Sie stellten den Gefangenen in die Nähe des Divans und verließen dann das Gemach. Er stand mit finsterer Miene vor seinen Richtern, aber es war ihm dennoch anzusehen, daß ihm das Herz nicht gar zu muthig schlug.
    »Du leugnetest vorhin,« begann Katombo; »willst Du jetzt bekennen?«
    Der Gefangene schwieg.
    »Ich wiederhole meine Frage: Willst Du die That gestehen?«
    Es erfolgte wieder keine Antwort.
    »Ah, Du bist vor Angst plötzlich stumm geworden; ich werde Dir die Sprache wiedergeben.«
    Er klatschte in die Hände und sofort erschienen die vier Diener.
    »Führt ihn hinab in den Hof, zieht ihm die Schuhe aus und gebt ihm die Bastonnade, einstweilen blos zehn Hiebe auf jede Fußsohle!«
    Sie ergriffen den Armenier, nahmen ihn trotz seines Widerstandes fest und führten ihn fort. Der Schall der Hiebe klang herauf in das Gemach, doch kein einziger Laut oder

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