Scepter und Hammer
legte sich auch das Händchen Ayeschas auf seine Schulter.
»Erfülle seine Bitte, Vater, und bleibe bei mir. Er wird Dir Sobeïde wiederbringen!«
»Auch Du, meine Tochter? So sei es denn! Fahre Du hinauf nach Assuan; Du wirst meine Hoffnung ganz erfüllen. Nimm die leere Dahabié, welche noch nicht befrachtet ist; ich stelle sie unter Deinen Befehl.«
»Verzeihe, Sihdi! Die Dahabié geht zu langsam. Gieb mir den Sandal, welcher nach meiner Zeichnung gebaut wurde und eigentlich in drei Tagen seine erste Fahrt stromab beginnen sollte!«
»Den kannst Du nicht nehmen; er ist ja beinahe vollständig befrachtet.«
»Wir laden Alles auf die zweite Dahabié. Wenn alle unsere Schiffer helfen, sind wir vor Anbruch des Morgens fertig, und dann wird der Sandal so schnell segeln, daß er den Verlust der Zeit doppelt einbringt.«
»Thue, was Du wünschest! Der Sandal wurde nach Deinem Plane gebaut; Du selbst gabst ihm den Namen Djuhr-el-Djienne (Schwalbe) und behauptest, daß er der beste Segler des Nils sein werde. Dir zu Ehren soll seine erste Fracht in dem Glücke bestehen, welches Du mir wiederbringst. Gehe jetzt, mein Sohn, und ertheile Deine Befehle; sie sollen so befolgt werden, als seien es meine eigenen!«
Katombo ging. Als er in den Hof trat, eilte ihm ein arabischer Diener entgegen, welcher sich durch eine, wenn auch nicht zu hohe aber äußerst nervige und geschmeidige Gestalt auszeichnete.
»Hamdullillah, Preis und Lob sei Gott, daß ich Dich wiedersehe! Ich war krank, als Du abreistest. El-Timsach (Krokodil) hatte mich gebissen, ließ mich aber wieder fahren, weil es zu wenig Fleisch an mir fand, dennoch aber waren mir seine Zähne so tief in den Leib gefahren, daß ich Dir nicht folgen konnte. Jetzt aber hat mir Allah den Gebrauch meiner Glieder wiedergegeben, und so hoffe ich, daß ich mit Dir gehen darf, wenn Du wieder reisest.«
»Das sollst Du, Ali, und zwar bald, denn bereits morgen früh fahren wir mit der neuen ›Djuhr-el-Djienne‹ ab.«
»Morgen früh? Mit Deinem Sandal, Sihdi?« Der Mann machte vor Freude einen Luftsprung, wie ihn die gelenkigste Meerkatze nicht besser fertig gebracht hätte, und fuhr dann fort:»Du bist der beste und gütigste Sihdi, den es geben kann in ganz Moslemistan, Parsistan, Indistan, Chinistan und Frankistan!«
Katombo lächelte selbst sehr vergnügt. Unter allen Leuten Manu-Remusats hatte er Ali am liebsten; dieser war nicht nur der treueste und zuverlässigste Diener, den es gab, sondern er zeichnete sich unter seinen meist ernsten Genossen durch eine ansehnliche Portion Lebhaftigkeit aus, die sehr oft geradezu in Frohsinn und eine Heiterkeit überging, welche sich in den possirlichsten Witzen erging.
»Mache Dich also bereit, Ali!«
»Sihdi, ich bin bereits fertig. Soll ich absegeln?«
»Nein,« lachte Katombo; »aber wenn Du es so eilig hast, so gehe hinüber zur Dahabié, in welcher ich gekommen bin, und sage allen Männern, daß sie herunter zum Sandal kommen sollen; es gibt eilige Arbeit für sie!«
»Ich eile, ich laufe, ich springe, ich fliege, Sihdi!« antwortete Ali, und bei dem letzten seiner Worte war er schon so weit entfernt, daß es von Katombo gar nicht mehr gehört oder verstanden werden konnte.
Er sprang nach dem Flusse hin und erstieg die Dahabié. Einer der Männer, welcher ihn nicht kannte, trat ihm entgegen.
»Was willst Du hier?«
»Sage mir zuvor, was Du hier willst, Du Ben-el-Kuskussu!« 3
»Ich gehöre zu diesem Schiffe!«
»So bist Du wohl der Mann, der die überflüssigen Ratten und Mäuse todtzubeißen hat, wie ich an Deinem Großmaul ersehe?«
»Hüte Deine Zunge, Kleiner! Ich bin Omar, der Segelwächter.«
»Omar, der Segelwächter? Was ist ein Segelwächter, und was ist Omar? Ein Segelwächter ist ein Mann, der nichts ist, ganz und gar nichts, und Omar ist ein Name, den so viele Männer tragen, wie Sand am Meere oder wie Flöhe in der Sahara. Ich aber heiße Ali-el-Hakemi-Ebn-Abbas-Ebn-er-Rumi- Ben-Hafis-Omar-en-Nasafi und bin der erste Diener und Minister meines guten Herrn und Effendi Katombo. Siehe, wie Du vor Erstaunen den Mund aufsperrst, als ob Du die Pyramiden von Gizéh verschlingen wolltest, gerade wie Deine Ratten und Mäuse! Wo ist der Steuermann?«
»In der Kajüte!«
Ali eilte hinab und traf den Genannten an.
»Allah kerim, Gott ist gnädig; Du bist wieder gesund, Ali?« begrüßte ihn dieser. »Was thust Du auf der Dahabié? Schickt Dich der Reïs?«
»Ja. Sihdi Katombo läßt Dir sagen, daß alle Männer
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