Scepter und Hammer
welchen der kleine Raum von innen fest verschlossen werden konnte. Auf diese Weise war das Mädchen vor jeder Fährlichkeit geschützt.
Der Nachmittag verging und ebenso der Abend. Es wurde Nacht, und die Sterne leuchteten vom tiefblauen Firmamente so ruhig hernieder, als ob es auf Erden weder Leid noch Schmerzen, weder Angst noch Sorgen gebe. Da plötzlich tauchten Fackeln auf dem Platze auf, vor welchem die Barken, Dahabiés und Sandals ankerten. Vier Träger brachten einen Palankin, den ein schwarzer Verschnittener begleitete. Sie näherten sich der Stelle, wo die ›Djuhr-el-Djienne‹ ankerte, und verlangten eine Landungsbrücke übergelegt. Diesem Wunsche wurde entsprochen, und nun brachten sie den Palankin an Deck. Der Verschnittene trug eine Nilpeitsche in der Hand.
»Wo ist der Reïs?« frug er mit seiner unnatürlichen Falsettstimme, welche im grellsten Widerspruch mit seinem herkulischen Körperbaue stand.
»Hier bin ich,« antwortete Katombo, indem er näher trat.
»Öffne den Raum für diese Frau, aber schnell, sonst mache ich Dir Beine!«
Der Reïs sah sich den Mann ruhig an. Dann meinte er: »Ich werde öffnen, aber nicht schneller, als es mir beliebt. Hier an Bord gilt nur meine Peitsche und nicht die Deinige. Merke Dir das!«
Der Kastrat fletschte ihm die großen, weißen Zähne entgegen, hatte aber doch nicht den rechten Muth, seine Drohung auszuführen.
»Wollen sehen!« meinte er höhnisch.
»Werden auch sehen!« antwortete Katombo. »Komm!«
Die Sänfte wurde nach der Kajütenluke getragen, wo Sobeïde ausstieg. Der Verschnittene führte sie hinab. Nach kaum einigen Minuten, während welcher Zeit sich die Palankinträger bereits wieder entfernt hatten, kehrte er eiligen Laufes zurück und kam gerade auf Katombo zu.
»Gib mir Hammer und Zange!«
»Wozu?«
»Wie kannst Du einen Riegel machen an die Thür, welche die Frau von ihrem Gebieter trennt! Sie ist sein Eigenthum, und er muß zu ihr können, so oft er will. Ich will den Riegel entfernen!«
»Du willst? Allah akbar, Gott ist groß im Himmel und auf Erden, und ich bin Gott auf meinem Schiffe. Der Riegel bleibt wo er ist!«
»Er kommt fort, sage ich!«
»Er bleibt, sage ich!«
»So warte, Du Kelb, Du Hund!«
Er holte mit der Peitsche aus, doch Katombo kam ihm zuvor. Er riß ihm die Peitsche aus der Hand, zog sie ihm drei, vier Male über das Gesicht und faßte ihn dann bei der Gurgel. Es kostete ihn nur eine geringe Anstrengung, den entmannten Neger zu Boden zu werfen.
»Fesselt ihn,« gebot er seinen herbeispringenden Untergebenen; »gebt ihm einen Knebel und werft ihn in das Strafloch!«
Sie gehorchten, und nun ging Katombo zur Kajüte, in welcher eine halbleuchtende Lampe brannte. Die Thür zur Nebenkoje war verriegelt. Er klopfte an.
»Wer ist da?«
»Katombo!«
Jetzt sprang die Thür auf, und mit einem lauten konvulsivischen Schluchzen warf sich Sobeïde an seine Brust. Alles Gesetz, alle Strenge, alle Zurückhaltung war vergessen, und die Unglückliche folgte nur der Gewalt ihres Herzens.
»Katombo, bin ich nun sicher?«
»Du bist es, und keine Hand soll wagen, Dich auch nur leise anzutasten!«
»Wo ist der fürchterliche Mensch?«
»Gefangen und im Schiffskerker.«
»Ia Allah! O Gott, Du machst Dich unglücklich! Er besitzt die größte Macht beim Mudellir, und Du bist verloren!«
»Noch nicht. Hätte ich Dich noch nicht hier, so könnte ich demüthig sein, nun Du aber in Sicherheit bist, bin ich der Kapitän meines Sandals, und wehe dem, der es wagt, gegen meinen gerechten Willen zu handeln! Dieser Riegel ist fest; er wird Dich vor Hamd-el-Arek schützen; und diese Bretter brauchst Du nur auf die Seite zu schieben, so gelangst Du in den Raum, den ich für mich hergerichtet habe, weil der Mudellir in meiner Kajüte wohnen will. Befiehl, und es wird geschehen, was Du gebietest!«
»Du wirst Nichts gegen ihn ausrichten können, denn er kommt mit über zwanzig Mann!«
»Ich fürchte mich nicht, obgleich ich nur zehn Männer bei mir habe.«
»Fliehe, ehe er kommt!«
»Das geht nicht. Dich darf ich ihm nehmen, aber er hat sein ganzes Gepäck bereits an Bord, und wenn ich absegle ohne ihn, hat er das Recht, mir den Kopf vor die Füße zu legen, mir und all den Meinen.«
»So schütze mich vor ihm und jenen gräßlichen Schwarzen!«
»Sei getrost; es wird Dir nichts geschehen!«
Er ging wieder nach oben und gewahrte, daß der Landeplatz sich zum zweiten Male erhellte. Der Mudellir kam mit seiner Begleitung,
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