Scepter und Hammer
und der Augenblick der Abfahrt war also nahe. Katombo hatte dazu alles vorbereiten lassen; der Sandal hing nur noch an einem Taue, und die Segel lagen hißgerecht, so daß es nur weniger Augenblicke bedurfte, um das Fahrzeug auf die Mitte des Stromes zu bringen.
Die Landungsbrücke wurde gelegt, und die Reisegesellschaft kam an Bord. Es mußte ein dringender Befehl vom Vizekönig eingetroffen sein, sonst hätte sich der Statthalter nicht so gesputet. Katombo empfing ihn auf dem Mitteldeck, anstatt aber seinen Gruß zu erwidern, stieß ihm der stolze Beamte nur das eine Wort entgegen:»Abfahren!«
Das hatte der Reïs gewünscht, denn sobald das Fahrzeug sich im Strome befand, war er nach Schifferrecht alleiniger Herr desselben.
»Ho-ih!« ertönte seine Stimme, und sofort wurde das Ankertau gekappt, die Segel stiegen an den Masten empor, der Sandal drehte seinen Kiel der Fluth entgegen und befand sich bald in tiefem Fahrwasser.
Unterdessen war das Deck der Schauplatz eines wirren Treibens gewesen, da Jeder unter Beeinträchtigung der Andern sich so bequem wie möglich einrichten wollte. Jetzt war bereits einige Ordnung vorhanden, die aber bald in Gefahr gerieth, vollständig wieder zerstört zu werden. Es öffnete sich nämlich die Kajütenthüre und der Mudellir trat hervor. Im Scheine der brennenden Fackeln sah man den Ausdruck des höchsten Zornes auf seinem Angesicht.
»Reïs!« brüllte er, sich funkelnden Auges umblickend.
Katombo schritt langsam auf ihn zu. Ein Wink von ihm genügte, um seine Leute hinter sich zu versammeln.
»Du rufst mich?«
»Ja, ich rufe Dich! Wer hat Dir befohlen, einen Riegel an mein Nebengemach anzubringen? Er war heut, als ich den Sandal besichtigte, nicht vorhanden.«
»Befohlen?« antwortete Katombo ruhig, jedoch das Wort sehr scharf betonend. »Befohlen hat es mir Niemand, sondern ich that es aus eigenem Antriebe.«
»So befehle ich Dir, ihn sofort abzureißen!«
»Befehle?« Und wieder legte er den schweren Ton auf dieses Wort. »Wem gehört dieser Sandal?«
»Nun Dir!«
»Das denke ich auch, und darum bin ich es allein, der hier zu befehlen hat. Wer etwas von mir wünscht, hat nur zu bitten!«
»Hund!« brüllte Hamd-el-Arek und machte Miene, sich auf ihn zu stürzen, doch besann er sich noch und blickte sich suchend um. »Simo!«
»Simo? Meinst Du Deinen Schwarzen?«
»Ja. Wo ist er?«
»Im Arrest. Er drohte mir mit der Peitsche und muß also seine Strafe leiden.«
»Mensch, bist Du wahnsinnig!«
»Weniger als Du. Ich kenne mein Recht; Du aber willst haben, was Dir nicht gehört.«
»Heraus mit dem Gefangenen, oder ich schieße Dich nieder! Er soll Dir das Fell zerbläuen, daß es die Winde in Fetzen mit sich nehmen. Herbei, Ihr Männer, faßt ihn!«
Katombo zog sich einige Schritte bis auf die Seinigen zurück; in seinen Händen funkelten die Läufe zweier Pistolen.
»Was ist das! Meuterei? Du rufst Deine Männer gegen mich auf? Weißt Du nicht, daß ich hier Recht habe über Leben und Tod? Was willst Du mit Deiner Handvoll Leute? Die Andern stecken unter Deck und können nicht herauf, denn ich ließ die Luke verriegeln, sobald Du die Stimme gegen mich erhobst.«
Der Mudellir sah sich genauer um und gewahrte nun allerdings, daß sich augenblicklich nur fünf seiner Leute auf Deck befanden.
»Den Riegel weg!« befahl er abermals, aber seine Stimme hatte nicht mehr den zuversichtlichen Klang wie vorher.
»Hast Du ein Recht zu diesem Verlangen? Ist die Bewohnerin der Koje Deine Frau?«
»Ja.«
»Du lügst!«
»Mensch!« knirschte der Statthalter. »Was wagst Du?«
»Ich wage Nichts, Du aber wagst Dein Leben, wenn Du Dich nicht sofort in Deine Kajüte begibst.«
»Wer sagt Dir, daß sie nicht meine Frau und nicht meine Sklavin ist?«
»Hamm-Barak, der Armenier!«
Dieser Name brachte eine wunderbare Wirkung auf den Mudellir hervor. Er trat zurück und fuhr sich unwillkürlich mit der Hand nach dem Kopfe: »Hamm-Barak! Kennst Du ihn?«
»Ich kenne ihn.«
»Wo trafst Du ihn?«
»In Siut.«
»Wo ist er jetzt?«
»Gefangen in Siut!«
»Gefangen! Bei wem?«
»Bei Manu-Remusat, dem berühmten Abu-el-Reïsahn.«
»Ein fürchterlicher Fluch entfuhr den Lippen des Statthalters.«
»Du lügst, Hund, und ich werde Dich zertreten, heut oder morgen.«
»Sage mir, dem Reïs dieses Schiffes, noch einmal in das Gesicht, daß ich lüge, so schlage ich Dir die Peitsche Deines eigenen Henkers in das Gesicht! Ich selbst bin es, der diesen Hamm-Barak gefangen hat;
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