Scepter und Hammer
antwortete Remusat kleinmüthig und doch wuthentbrannt über die Scene, welche das Deck mit Blut überschwemmt und mit Leichen bedeckt hatte.
»Du? Warum?«
»Ich wollte – Maschallah, ich wollte den größten Fehler begehen, den ich in meinem Leben begangen habe.«
»Du hast recht gesagt; denn seht Ihr dort die Khawassen (Polizisten) und den Mann an ihrer Spitze? Wer ist es?«
»Der Kaschef.«
»Dann erlaubt mir, daß ich gehe. Wenn ich Euch retten will, darf ich hier nicht getroffen werden.«
Natürlich hatte man auch in der Stadt das Schießen und Getöse des Kampfes gehört, der Kaschef war aufmerksam geworden und kam nun mit seinen Khawassen herbei, um den Thatbefund aufzunehmen. Er stieg an Bord und grüßte mit einer Miene, in welcher ein schlimmes Wetter leuchtete.
»Was ist hier geschehen?«
»Ein Kampf, wie Du siehst.«
»Zwischen wem?«
»Zwischen Assuaner Männern und meinen Schiffern.«
Der Kaschef warf den Blick umher und erkannte die Leiche des Mudellirs.
»Remallah! Wer ist das? Ist das nicht Hamd-el-Arek, der Mudellir von Assuan?«
»Er ist es.«
»Wer hat ihn getödtet?«
»Ich.«
»Warum?«
»Weil er zuerst auf mich schoß.«
»Kannst Du dies beweisen?«
»Diese Männer alle sind Zeuge.«
»Sie gelten nichts, denn sie haben sich mit an dem Kampfe betheiligt. Wie kommt der Mudellir auf Deinen Sandal?«
»Er wollte mit demselben nach Kairo fahren.«
»So war er Gast auf Deinem Schiffe, und Du hast ihm den Tod gegeben! Ich muß Dich gefangen nehmen.«
»Warte zuvor, bis Du alles weißt. Katombo, erzähle es ihm!«
Katombo, welcher aus einer schweren Armwunde blutete, trat vor und gab ihm trotz des rinnenden Blutes einen kurzen aber doch genügenden Bericht über alles Vorgefallene. Diese Erzählung schien die Strenge des Beamten zu mildern. Er wandte sich an Remusat.
»Hast Du nicht gewußt, daß der Mudellir der Freund des Khedive ist? Ihn kann keine Anklage treffen, denn er ist todt, Du aber wirst sie in ganzer Strenge fühlen.«
Während er die nothwendigen Aufzeichnungen machte, wurden die Verwundeten, die sich nicht entfernen durften, nothdürftig verbunden. Der Fall war ein so außerordentlicher, bei dem sich ein Polizeibeamter auszeichnen konnte, daß er höchst sorgfältig zu Werke ging und es längst schon Nacht war, als er endlich seine Entscheidung gab.
»Manu-Remusat, ich will Dich nicht arretiren, denn Du bist schwer beleidigt und gekränkt worden, aber wache über Dich und die Deinen, daß Keiner fehlt, wenn Ihr vor Gericht gefordert werdet. Dieser Sandal darf den Ankerplatz nicht verlassen, bis aus Kairo eine Besichtigung eingetreten ist, die Todten werden beerdigt, wenn der Kadi sie gesehen hat; die lebenden Assuaner aber nehme ich als Gefangene mit mir – im Namen des Khedive und des Gesetzes!«
Mit der wichtigsten Amtsmiene, die er ermöglichen konnte, nickte er Remusat und Katombo zu und verließ den Sandal, während zwei Khawassen als Wache auf demselben zurückblieben. Der Schech-el-Reïsahn wandte sich zu Katombo: »Du hattest Recht, mein Sohn, als Du ihnen die Waffen nicht geben mochtest. Ich war so froh, mein Kind wiederzuhaben, und nun ist der Fittich des Todes über meine Freude gestrichen. Auch Du bist verwundet. Statt Dir zu danken für die Treue und Liebe, mit welcher Du für mich handeltest, habe ich Dein Blut verschuldet. Kannst Du mir vergeben?«
»Sihdi, sprich nicht so. Komme heim, wo man Dich mit Schmerzen und Sehnsucht erwarten wird!«
Sie gingen dem Hause zu. Unter dem Thore erwartete sie Omar-Bathu, der Mamelukenfürst.
»Wie ist es gegangen?« frug er.
Manu-Remusat erzählte ihm das Ergebniß der polizeilichen Untersuchung. Omar-Bathu wurde nachdenklich.
»Wußte der Kaschef, daß ich vor ihm auf dem Sandal gewesen bin?« erkundigte er sich.
»Er hat nichts gesagt.«
»So ist es möglich, daß alle Deine Habe gerettet werden kann.«
»Glaubst Du, daß sie verloren sei?«
»Ich hielt es für möglich oder sogar für sehr wahrscheinlich.«
»Warum?«
»Der Kaschef muß schleunigst direkt an den Khedive Anzeige machen, da Hamd-el-Arek der Liebling desselben war. Er wird wohl noch heut einen zuverlässigen Boten nach Kairo schicken, und was dann erfolgt, kannst Du Dir denken.«
»Ja, das kann ich mir denken: der Khedive ist gerecht und wird seinen Günstling nicht ungestraft sterben lassen.«
»Der Khedive ist gerecht, und Du bist reich; die Gerechtigkeit bedarf des Reichthums, wenn sie bestehen will. Sie wird ihren Arm nach
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