Scepter und Hammer
Siut ausstrecken, um Dich von dem Mammon zu befreien, der das Heil Deiner Seele gefährdet, und vielleicht gar diese Seele aus den Banden des Körpers erlösen, der ihr hinderlich ist, empor zu Allah zu steigen. Komm herauf in Deinen Divan, damit wir weiter über diese Sache sprechen!«
Sie schritten durch den Hof und die Stufen zu dem Sprechzimmer empor. Dort wurden sie von den beiden Mädchen empfangen, die sich allerdings zunächst mit dem Vater beschäftigten, welcher nicht unverwundet davongekommen war. Katombo stand da und beobachtete die kindliche Sorgfalt, mit welcher Ayescha die Wunde trotz der Anwesenheit zweier Männer behandelte; mit Entzücken aber bemerkte er trotz ihrer Verhüllung den Schreck, welcher durch ihre Glieder zuckte, als sie dann bemerkte, daß auch er verletzt worden sei, und zwar noch schwerer als der Vater.
»Katombo!« hauchte sie, unwillkürlich einen Schritt auf ihn zutretend. Manu-Remusat hörte den Schreckensruf.
»Fürchte Dich nicht vor mir, meine Tochter,« meinte er, sie bei der Hand erfassend und zunächst auf Omar-Bathu deutend. »Dieser Mann hat die Hand Deiner Schwester begehrt, Du darfst Dich vor ihm nicht scheuen. Und erinnerst Du Dich meines Versprechens, welches ich Euch gab, als Katombo nach Assuan ging, um uns Sobeïde zu holen? Ich schwur, daß Du sein Weib sein solltest, wenn es ihm gelänge, mir die geraubte Tochter wiederzugeben. Gehe hin zu ihm, führe ihn in sein Gemach oder in Dein Harem, denn Du bist sein Weib, und er soll keinen Preis für Dich zahlen, sondern mein Sohn sein, der sich einst nach meinem Tode mit Omar-Bathu in mein Erbe theilt!«
Da trat der Mamelukenfürst näher und legte ihm die Hand auf den Arm.
»Manu-Remusat, Du weißt, daß ich der Schätze so viele besitze, wie Keiner, der am Nile oder in der Wüste wohnt. Gib Katombo all Dein Erbe; er ist es werth und hat es verdient; mir aber gib Sobeïde, denn sie allein macht mich glücklicher, als all’ Dein Gold und alle Deine Edelsteine. Dort unten im Serai halten meine Kameele mit den Gaben, welche ich Dir für Sobeïde brachte. Erlaube, daß ich sie herbeiholen lasse!«
»Warum soll ich Schätze von Dir nehmen, da ich doch nicht einmal die meinigen erhalten kann?«
»Du wirst sie erhalten. Rufe den Kadi, damit er jetzt gleich unsere Ehe schließe!«
Manu-Remusat neigte zustimmend das Haupt und klatschte in die Hände, um dem sofort erscheinenden Diener den betreffenden Befehl zu ertheilen.
»Komm!« flüsterte jetzt Ayescha.
Halb zärtlich und halb zagend ergriff sie Katombos Hand und trat mit ihm durch die Thür, welche nach ihrem Harem führte. Dort angekommen mußte sich der Jüngling auf einen seidenen Divan niederlassen, worauf sie seine Wunde untersuchte und verband. Er fühlte kaum die Schmerzen, welche ihm dadurch verursacht wurden; er fühlte nur die Seligkeit, welche ihm die Nähe des herrlichen Wesens bereitete, und das Entzücken des Gedankens, mit ihr von jetzt an immerdar vereinigt sein zu können. Sie hatte den Schleier längst vom Angesicht genommen, und er konnte nun sein Auge an ihrer Schönheit weiden. Seine Züge besaßen schon lange Zeit nicht mehr jene künstliche Bräune, welche sie bei den Zigeunern gehabt hatten, zwar waren sie von der Sonne des Südens mit einem tieferen Kolorit überzogen worden, doch ließ sich ihre kaukasische Abstammung unmöglich mehr verkennen, und die edle Ruhe, welche sich in ihnen mit dem Ausdrucke der Entschlossenheit und des Muthes paarte, gaben ihnen ein Selbstbewußtsein, welches ein weibliches Herz sehr wohl zu fesseln vermochte.
Jetzt legte er den Arm um sie und frug sie in jenem Tone, der nur der wahren innigen Liebe eigen ist:
»Hast Du mein gedacht, als ich in Assuan war, Ayescha?«
»Ja, Geliebter, an jedem Tage, zu jeder Stunde und zu aller Zeit.«
»Hast Du geglaubt, daß ich Dir Sobeïde wiederbringe?«
»Ich habe nicht daran gezweifelt, denn ich weiß, daß Du alles vermagst, was Du Dir einmal vorgenommen hast.«
»So muß es sein; der Mann muß an die Liebe seines Weibes und sie muß an die Macht des Mannes glauben! Deine Liebe ist wahr und innig, und wir werden unendlich glücklich sein. Halte sie fest, Ayescha, denn es werden böse Tage kommen. Der Smum 5 erhebt sich über uns, und die Gefahr des Todes wälzt sich heran wie die Wogen des Kataraktes, der Alles zu verschlingen droht. Wirst Du stark und muthig bleiben an meiner Seite? Wirst Du Allah vertrauen, der im Himmel wacht, und mir, der tausend Leben
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