Scepter und Hammer
schlief alles, vom Kapitän bis zum letzten Jungen herab. Da auf einmal ertönten laute und vielzählige Hammerschläge durch das ganze Schiff, daß alle Mannen erwachten. Man sprang auf und schritt zu den Thüren der Kajüten und den schweren Fallklappen, welche zum wasserfesten Verschluß der Luken angebracht waren, und gelangte augenblicklich zu der Ueberzeugung, daß man eingenagelt werde. Es mußte etwas geschehen, es mußte vielleicht eine Meuterei ausgebrochen sein, oder hatten sich die Gefangenen befreit – alle, sowohl die Offiziere hinten als auch die Matrosen vorn strengten ihre Kräfte an, Thüren oder Klappen aufzusprengen, doch vergeblich, denn wenn auch die Nägel nachgegeben hätten, die eingestemmten Handspeichen wären selbst der riesigsten Kraft nicht gewichen. Die sehr natürliche Folge war ein Tumult unter Deck, der sich von Minute zu Minute zu vergrößern schien.
Unterdessen war Katombo an das Langboot getreten. Bei den ersten Hammerschlägen erwachten die schlafenden Maschinenleute und machten Miene, ihren Platz zu verlassen.
»Bleibt!« befahl er ihnen.
Sie erkannten die Uniform ihres Schiffes und gehorchten also dem Befehle.
»Ihr versteht, ohne alle fremde Hilfe eine Maschine zu behandeln?«
»Natürlich!« antwortete der Eine, ganz verwundert über diese höchst überflüssig scheinende Frage.
»Wollt Ihr eine fünfmal höhere Gage verdienen als die jetzige?«
»Natürlich!« klang es zum zweiten Male, und zwar mit noch kräftigerer Betonung als vorher.
»Nun gut; so hört was ich Euch sage: das Schiff befindet sich in den Händen Eurer Kriegsgefangenen, und alle Eure Mannen sind in den Raum eingenagelt – –«
»Wa – – –«
»Ruhig! Ihr sollt es besser haben als die Andern; Ihr sollt frei bleiben. Ihr bedient die Maschine, bis wir unser Ziel erreichen und erhaltet fünffachen Sold. Geht Ihr nicht mit darauf ein, so werdet Ihr natürlich auch eingesperrt. Gebt Antwort; ich habe keine Zeit!«
Sie sahen einander verlegen an; endlich meinte der Entschlossenste, indem er sich dennoch ein wenig hinter die Ohren kratzte: »Das ist ja eine ganz verteufelte Geschichte! Sie tragen unsere Uniform und wollen uns zur Meuterei bewegen – – hm, wir sind bei der Maschine angestellt und werden sie bedienen so lange es von uns verlangt wird. Jetzt aber ist es das Beste, ich lege mich wieder auf das Ohr und bekümmere mich um nichts. Macht, was Ihr wollt! Jetzt ist es zu finster, um sehen zu können wie es steht; ich kann warten bis morgen früh!«
»Ich auch!«
»Ich auch!«
Sie wickelten sich in ihre Decken und legten sich wieder nieder. Katombo entfernte sich, sehr zufrieden mit dem praktischen Sinne dieser Männer. Als er in die Kapitänskajüte treten wollte, hörte er in derselben laut sprechen. Er legte das Ohr an die Thür und horchte.
»Ich muß hinaus. Zurück, sonst brauche ich Gewalt!« befahl eine männliche Stimme.
»Sie bleiben, oder ich steche Sie mit diesem Messer nieder!« klang die Antwort der muthigen Ayescha.
Er trat ein und stand an der Seite seines braven Weibes dem Herzoge gegenüber. Dieser fuhr zurück, als ob er ein Gespenst erblickt habe.
»Katombo!«
»Ja, Excellenz! Ich komme, um Ihnen behilflich zu sein, Ihre ›Anschauungen in Beziehung des Marinewesens zu erweitern.‹ Sie sollen nämlich erfahren, wie man es anzufangen hat, um mit einem kleinen Nilboote ein so starkes Orlogschiff wie der ›Drache‹ ist, wegzunehmen. Sie sind mein Gefangener!«
Das Alles kam dem Herzoge so überraschend, daß er den Mund aufsperrte und kein Wort zu sagen vermochte. Eben hörte Katombo Schritte hinter sich, er sah sich um und erkannte drei seiner Leute, welche kamen, um sich neue Befehle zu holen.
»Nehmt diesen Menschen hinaus und bindet ihn!«
»Binden – Mich –? Mich, den Herzog von Raumburg!«
Er richtete sich stolz auf und funkelte Katombo mit Augen an, als wolle er ihn mit seinen Blicken erstechen.
»Der Herzog von Raumburg? Pah, jetzt bist Du nichts als ein armseliger elender Lump an Herz und Geist, den ich einfach niederschmettern würde, wenn meine Hand nicht zu rein für Dein schmutziges Fell wäre. Bindet ihn, und zwar fest!«
Raumburg wurde ergriffen und hinausgezogen. Er wand sich unter den kräftigen Fäusten der Araber vergebens; in weniger als zwei Minuten lag er bewegungslos am Boden.
»Schafft ihn hinunter in den Stall, in welchem ich eingesperrt gewesen bin, und wartet unten; ich komme nach.«
Jetzt war er mit Ayescha allein. Sie
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